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Verkehrsunfall: Ersatz von Verbringungskosten und UPE-Aufschlägen bei fiktiver Schadensabrechnung

AG Heidelberg, Az.: 24 C 158/13

Urteil vom 14.02.2014

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 852,74 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.5.2013 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 15 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 85 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.005,13 € festgesetzt.

Tatbestand

Gegenstand der Klage sind restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall der sich am … auf dem Parkplatzgelände des … ereignet hat.

Der Kläger ist Halter und Eigentümer des PKW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen … . Die Beklagte war zum Unfallzeitpunkt Halterin und Fahrerin des Pkw Opel Corsa mit dem Kennzeichen … . Die Beklagte Ziffer 2 ist die Haftpflichtversicherung.

Der Kläger und die Beklagte Ziffer 1 standen mit ihren Fahrzeugen vorwärts in gegenüber liegenden Parkbuchten. Die Beklagte Ziffer 1 fuhr rückwärts aus der Parkbucht heraus und stieß gegen das Fahrzeug des Klägers. Dadurch wurde die Stoßstange beschädigt. Für die Reparatur sind Kosten in Höhe von mindestens 1027,46 EUR erforderlich, die Gutachterkosten betragen 503,79 EUR, der Kläger macht eine Unkostenpauschale in Höhe von 25 EUR geltend. Die Beklagten haben EUR 778,13 (50%) gezahlt.

Der Kläger macht zusätzlich zu den Reparaturkosten Verbringungskosten in Höhe von 97,25 und UPE-Zuschläge geltend, insgesamt 1251,97 EUR netto. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte Ziffer 1 den Unfall allein verschuldet hat.

Der Kläger beantragt: Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1005,13 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.04.2013 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen die Klage abzuweisen.

Verkehrsunfall: Ersatz von Verbringungskosten und UPE-Aufschlägen bei fiktiver Schadensabrechnung
Symbolfoto: AndreyPopov/Bigstock

Sie behaupten, der Kläger habe zeitgleich mit dem Fahrzeug der Beklagten sein Fahrzeug aus der Parkbucht herausgefahren. Die beiden Fahrzeuge seien außerhalb der Parkbucht des Klägers kollidiert. Die Ehefrau des Klägers habe das Fahrzeug nach dem Zusammenstoß wieder in die Parkbucht hineingefahren.

Bezüglich des übrigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und Vernehmung der …. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 6.11.2013 und das Protokoll vom 16.1.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

A. Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

I. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Schadenersatzanspruch aus den §§7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 115 VVG.

1. Unstreitig ist die Beklagte Ziffer 1 auf das Fahrzeug des Klägers aufgefahren. Damit hat er gegen § 9, V STVO verstoßen. Aus § 9 V StVO folgt eine Pflicht des Rückwärtsfahrenden, „eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen“, also äußerste Sorgfalt anzuwenden

2. Den Beklagten ist es nicht gelungen zu beweisen, dass den Kläger an dem Unfall ein Mitverschulden trifft. Sie konnten nicht nachweisen, dass der Kläger rückwärts gefahren ist und sich der Unfall außerhalb seiner Parkbucht ereignet hat.

Die Beklagten haben die volle Beweislast, es spricht kein Anschein für ein Mitverschulden des Klägers.

Bei den Fällen, in denen beide Unfallbeteiligte rückwärts fahren und es dann zum Zusammenstoß kommt, ist streitig, ob ein Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Rückwärtsfahrenden spricht, auch wenn er beim Aufprall bereits stand (so OLG Hamm, I-9 U 32/12 vom 11.09.2012 in Juris mit der Begründung, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang mit dem Rückwärtsfahren bestehe, anders LG Saarbrücken, 13 S 122/12, vom 19.10.2012 in Juris). In diesen Fällen steht aber fest, dass der Ausparkende rückwärts gefahren ist. Vorliegend steht aber nicht fest, dass der Kläger rückwärts gefahren ist, so dass auch nach der Rechtsprechung des OLG … kein Anschein für ein Verschulden des Klägers sprechen kann.

Ausweislich des Gutachtens steht fest, dass das klägerische Fahrzeug beim Aufprall stand. Dies hat der Gutachter aus den geringen Beschädigungen an dem PKW Golf des Klägers geschlossen. Ansonsten ist sowohl die Variante denkbar, dass der Kläger beim Aufprall noch in der Parkbucht stand und sein Auto nicht bewegt hat als auch die Variante, dass das Fahrzeug rückwärts gefahren wurde und vor dem Aufprall zum Stehen kam. Der Gutachter hat nachvollziehbar erläutert, dass es angesichts der Beschädigungen denkbar ist, dass die Beklagte rückwärts über die Parkplatzstraße gefahren ist und das klägerische Fahrzeug in der Parkbucht berührt hat, aber auch dass sich beide Fahrzeuge bewegt haben und der Unfall sich auf der Parkplatzstraße ereignet hat.

Selbst wenn man der Ansicht wäre, dass der Kläger die Beweislast hätte, dass er das Auto nicht bewegt hat, hätte er den Beweis geführt.

Die Zeugin … hat glaubhaft ausgesagt, dass sie und der Kläger sich gerade in das Auto gesetzt hätten, als es zum Aufprall kam. Die Behauptung der Beklagten Ziffer 1, dass sie das Auto wieder in die Parklücke gefahren habe, sei nicht zutreffend, da sie nie Auto fahre. Diese Aussage hat die Beklagte Ziffer 1 auch nicht widerlegt. Sie hat bei der ersten Anhörung am 22.8.2013 ausgesagt, dass sich der Kläger aus der Parkbucht herausbewegt habe. Bei der Anhörung am 16.1.2014 konnte sie dies nicht mehr sicher bestätigen, sondern hielt es auch für denkbar, dass er so schlecht eingeparkt hat, dass das Fahrzeug aus ein Stück aus der Parkbucht herausstand. Sie war auch nicht mehr sicher, dass die Ehefrau das Fahrzeug wieder in den Parkplatz gefahren hatte, möglicherweise hatte sie auch nur den Schlüssel abgezogen.

3. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz seiner Reparaturkosten in Höhe von 1102,08 EUR, außerdem Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten in Höhe von 503,79 EUR und der Auslagenpauschale in Höhe von 25 EUR, insgesamt 1630,87 EUR. Die Beklagten haben 778,13 EUR bezahlt.

Die Beklagte hat dem Kläger gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den zur Wiederherstellung des schadensfreien Zustandes erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Der Geschädigte kann dabei frei wählen, ob der den Schaden reparieren lässt und die tatsächlich angefallenen Kosten geltend macht oder ob er auf eine Reparatur verzichtet und den Schaden fiktiv danach berechnet, welche Kosten bei einer tatsächlichen Reparatur angefallen wären. Der Kläger hat sich für die zweite Möglichkeit entschieden.

Aus dem vorgelegten Gutachten des Kfz-Sachverständigen … ergeben sich Reparaturkosten in Höhe von 1251,97 EUR netto. Hiervon sind die Verbringungskosten in Höhe von 97,25 EUR in Abzug zu bringen, da Verbringungskosten bei einer fiktiven Reparatur nicht anfallen.

Außerdem sind die UPE-Zuschläge in Höhe von 52,64 EUR in Abzug zu bringen, da der Kläger hierauf keinen Anspruch hat. Die UPE-Aufschläge sind nicht erstattungsfähig, da vorliegend nicht ersichtlich ist, dass diese Aufschläge erhoben werden.

Voraussetzung für die Erstattung der UPE-Zuschläger ist, dass der Geschädigte im einzelnen und substantiiert und damit nachvollziehbar vorträgt, dass die von ihm üblicherweise in Anspruch genommene Vertrags- und Vertrauenswerkstatt tatsächlich regelmäßig auf die Ersatzteile Zuschläge erhebt. Vorliegend fehlt es an diesem Sachvortrag. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungspflicht nicht dadurch, dass er unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten von pauschalierten Aufschlägen bei der fiktiven Abrechnung ausgeht.

Bei der Reparatur wurden Kosten für Ersatzteile in Höhe von 579,06 EUR zu Grunde gelegt. In diesem Betrag waren 10 % UPE-Aufschläge enthalten, dies sind 52,64 EUR.

II. Die Zinsansprüche ergeben sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB.

Der Kläger hat die Beklagten mit Schriftsatz vom 15.4.2013 aufgefordert, Schadensersatz zu leisten. Dabei wurde Frist bis zum 24.4.2013 gesetzt.

Die Verzugszinsen können erst ab 1.5.2013 zugebilligt werden, da die gesetzten Zahlungsfrist zu kurz waren. Das Mahnschreiben datiert vom 15.4.2013, einem Montag. Geht man von einem Zugang am darauffolgenden Dienstag dem 16.4.2013 und einer angemessenen Zahlungsfrist von 2 Wochen aus (30.4.2013), beginnt der Verzug am 1.5.2013.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92, I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11,711 ZPO.

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