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Verkehrsunfall – Betriebsgefahr eines stehenden Kraftfahrzeugs

AG Villingen-Schwenningen, Az.: 11 C 698/14, Urteil vom 26.08.2015

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Mit der Klage werden Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend gemacht, der sich am 2.6.2014 auf einer Zufahrt zum T.-Reiterhof in T. ereignete.

Verkehrsunfall – Betriebsgefahr eines stehenden Kraftfahrzeugs
Symbolfoto: Von DmyTo / Shutterstock.com

Die Klägerin, Halterin und Eigentümerin des Fahrzeuges Fiat 500 mit dem amtlichen Kennzeichen VS-…, wollte gegen 19:00 Uhr vom Reiterhof in T. nach Hause fahren. Als sie in Richtung Ausfahrt fuhr, erblickte sie das Fahrzeug Mercedes Benz SLK mit dem amtlichen Kennzeichen VS-…., in dem der Beklagte saß. Beim Passieren des Beklagten-Fahrzeuges kam es zu einer Kollision. Der genaue Unfallhergang ist zwischen den Parteien streitig.

Das klägerische Fahrzeug ist bislang nicht repariert. Die Klägerin beabsichtigt eine Reparatur, deren Kosten sie mit 666,89 € (netto) beziffert.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe mit seinem Fahrzeug am linken Fahrbahnrand gestanden, teilweise auf der Fahrbahn, teilweise auf der Fläche neben der Fahrbahn. Der Motor seines Fahrzeuges sei angewiesen. Er sei ein kleines Stück rückwärtsgefahren und sei dann stehen geblieben. Als sie sich genähert und diese Situation erkannt habe, sei sie ebenfalls stehen geblieben. Sie habe gewartet. Beide Fahrzeuge seien zu diesem Zeitpunkt nicht in Bewegung gewesen. Da der Beklagte keine Reaktion gezeigt habe, weiter stehen geblieben sei und die Fahrbahn für sie frei gewesen sei, sei sie vorsichtig am stehenden Fahrzeug des Beklagten vorbeigefahren. Plötzlich sei dieser jedoch vom Fahrbahnrand angefahren und gegen die linke Seite ihres Fahrzeuges gefahren. Nach dem Zusammenstoß habe der Beklagte gemeint, es täte ihm leid, er habe sie nicht gesehen.

Die Klägerin beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an sie 696,89 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.8.2014 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, sie von der Inanspruchnahme von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwälte B. & S. i.H.v. 147,56 € nebst Zinsen i.H.v.5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.8.2014 freizustellen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte für sämtliche unfallbedingten Kosten aufgrund des Verkehrsunfallereignisses vom 2.6.2014 gegen ca. 19:00 Uhr auf der Zufahrt T.-Reiterhof in T. gegenüber ihr zu 100 % haftet.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, zum Zeitpunkt der Kollision habe er mit seinem Fahrzeug neben der Fahrbahn des Zufahrtweges gestanden, und zwar in Fahrtrichtung des Fahrzeugs gesehen auf der linken Seite. Was Fahrzeug habe nahezu vollständig neben der Fahrbahn des Zufahrtweges gestanden. In dieser Position habe er mehrere Minuten unverändert gestanden. Während er telefoniert habe, sei es plötzlich zu der Berührung gekommen.

Das Gericht hat die Parteien informatorisch angehört; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.1.2015 (AS. 69 ff) verwiesen. Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 26.3.2015 (AS. 105 ff) verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 696,89 Euro aus den §§ 7, 17 Abs. 1,2,18 Abs. 3 StVG, 823 ff, 249 BGB zu.

Der Anspruch besteht bereits dem Grunde nach nicht.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht mit der erforderlichen Sicherheit des § 286 ZPO fest, dass der Beklagte mit seinem Fahrzeug in das klägerische Fahrzeug gefahren ist. Vielmehr kann nicht einmal festgestellt werden, ob er überhaupt gefahren ist und nicht während der Kollision gestanden hat.

Das Sachverständigengutachten ist insoweit unergiebig. Der Sachverständige hat in sich schlüssig und gut nachvollziehbar festgestellt, dass sich allein aus den Beschädigungen an beiden Fahrzeugen anhand objektiver Fakten keine Aussagen darüber machen lässt, ob sich das Fahrzeug des Beklagten im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kollision in Bewegung befand oder stand. Allein aus den Beschädigungen an beiden Fahrzeugen ist das Unfallgeschehen aus technischer Sicht objektiv nicht aufzuklären. Zeugen der Kollision gibt es keine. Das tatsächliche Geschehen ist somit ungeklärt geblieben.

Da somit nicht feststeht, dass sich der Schaden des Klägers beim Betrieb des Beklagtenfahrzeugs ereignet hat, haftet der Beklagte nicht aus §§ 7Abs. 1, 17 Abs. 1,2,18 Abs. 3 StVG. Zwar kann auch von einem geparkten Fahrzeug eine Betriebsgefahr ausgehen. Beteiligt im Sinne des § 17 Abs. 2 StVG ist aber nur der Halter eines Fahrzeuges, dessen Betriebsgefahr sich zu Lasten eines anderen schadensursächlich ausgewirkt hat – es ist erforderlich, dass sich eine Gefahr verwirklicht hat, die von dem Fahrzeug selbst ausgeht (LG Berlin, Urteil vom 24.09.2008, Az. 24 S 74/08, LG Tübingen, Urteil vom 31.05.2010, Az. 7 S 11/09). Dies ergibt sich aus der Formulierung des § 17 Abs. 1 und 2 StVG: „Beteiligte Fahrzeughalter“ im Sinne dieser Regelung sind diejenigen, deren Kraftfahrzeuge einen Schaden verursacht haben (vgl. auch BGH, NJW 1980, 1579). Die bloße Anwesenheit des Fahrzeuges am Unfallort genügt dagegen nicht. Vielmehr muss der Betrieb, also die Fahrweise oder eine Besonderheit des Ruhevorganges zum Unfall beigetragen haben (LG Berlin m. w. N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass sich eine typische Gefahr des Beklagtenfahrzeugs verwirklicht hat. Die Klage war daher abzuweisen.

Aus der Unbegründetheit des Antrags Ziffer 1 folgt die Unbegründetheit der Anträge Ziffer 2 und 3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708Nr. 11, 711 ZPO.

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