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Verkehrsunfall – Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten und Schmerzensgeld

LG Osnabrück, Az.: 6 S 40/19, Urteil vom 02.07.2019

1. Das am 09.01.2019 verkündete Urteil des Amtsgerichts Osnabrück (Az.: 83 C 1045/18) wird auf die Berufung der Klägerin teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9,95 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2018 zu zahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, weitere Mietwagenkosten in Höhe von 625,07 € an die Firma A., zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2018.

c) Die Beklagte wird verurteilt, An- und Abmeldekosten in Höhe von 37,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2018 an die Firma A., zu zahlen.

d) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits sowohl in I. wie auch in II. Instanz trägt die Klägerin zu 65 % und die Beklagte zu 35 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

6. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird festgesetzt auf bis zu 2.000,00 €.

Gründe

A. Die Parteien streiten um weiteren Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall vom 30.11.2017 in W..

Verkehrsunfall - Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten und Schmerzensgeld
Symbolfoto: Von tommaso79 /Shutterstock.com

Am 30.11.2017 kam es in W. zu einem Verkehrsunfall, bei dem der Versicherungsnehmer der Beklagten auf das Fahrzeug der Klägerin auffuhr. Die vollständige Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.

Auf den vorgerichtlich geltend gemachten Schaden der Klägerin zahlte die Beklagte insgesamt einen Betrag in Höhe von 4.670,85 € auf den materiellen Schaden der Klägerin. Zusätzlich zahlte die Beklagte an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 300,00 €. Ebenfalls zahlte die Beklagte vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,81 €, wobei die Beklagte eine Geschäftsgebühr von 1,3 angenommen hat.

Mit der Klage verfolgte die Klägerin weitere Ansprüche. So machte die Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld, restliche Mietwagenkosten, restliche An- und Abmeldekosten, Ansprüche wegen vermehrter Bedürfnisse, Ansprüche wegen eines Porzellanschadens, weitere Zinsansprüche in Höhe von 4 % und weitere vorprozessuale Anwaltskosten nach einer Geschäftsgebühr von 1,5 geltend.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands und der Anträge in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe des Porzellanschadens von 9,95 € und in Höhe von 6,77 € hinsichtlich der restlichen Mietwagenkosten stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag im ersten Rechtszug. Die Zinsansprüche in Höhe von 4 % wurden mit der Berufung nicht weiter geltend gemacht.

Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz zuletzt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, über das amtsgerichtliche Urteil hinaus weitere Mietwagenkosten in Höhe von 1.374,19 € an die Firma A., zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2018.

2. Die Beklagte wird verurteilt, An- und Abmeldekosten in Höhe von 37,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2018 an die Firma A., zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 150,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2018 an die Klägerin zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2018 zu zahlen, abzüglich am 14.02.2018 gezahlter 300,00 €.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin restliche vorprozessuale Anwaltskosten in Höhe von 102,83 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2018 zu zahlen.

Hilfsweise beantragt die Klägerin bezüglich des gestellten Klageantrag zu 1., die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 92,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit dem 28.02.2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und wiederholen und vertiefen ebenfalls ihren Vortrag aus erster Instanz.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

I.

Streitig ist zwischen den Parteien einzig die Schadenshöhe. Die Bestimmung der Schadenshöhe hat insoweit durch das Tatsachengericht nach den Maßstäben des § 287 ZPO zu erfolgen. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist in der Rechtsinstanz – was mit Ausnahme der §§ 529, 531 ZPO auch für die Berufungsinstanz gilt – nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (BGH, Urteil vom 18. Mai 2010 – VI ZR 293/08 –, Rn. 3, zitiert nach juris).

Dies führt hinsichtlich der streitigen Positionen zu folgendem Bild:

1. Porzellanschaden

Die vom Amtsgericht ausgeurteilten 9,95 € hinsichtlich des Porzellanschadens wurden von den Parteien nicht angegriffen.

2. Mietwagenkosten

a) Bemessung des „Normaltarifs“

Nach § 249 Abs. 2 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger (bzw. dessen Haftpflichtversicherer) als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig haften durfte. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann (vgl. nur BGH, NJW 2008, 1519).

Bei der Bemessung der Erforderlichkeit gibt § 287 ZPO die Art der Schätzungsgrundlage nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden (BGH VersR 2008, 699). Demgemäß hat der BGH mehrfach ausgesprochen, dass der Tatrichter in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO den „Normaltarif“ grundsätzlich auch auf der Grundlage des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ im maßgebenden Postleitzahlengebiet (ggf. mit sachverständiger Beratung) ermitteln kann (BGH VersR 2010, 494), was jedoch nicht bedeutet, dass eine Schätzung auf der Grundlage anderer Listen oder Tabellen, wie etwa der sog. Fraunhofer-Liste, oder eine Schätzung nach dem arithmetischen Mittel beider Markterhebungen grundsätzlich rechtsfehlerhaft wäre. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken (BGH, Urteil vom 18. Mai 2010 – VI ZR 293/08 –, Rn. 4, zitiert nach juris).

Das Amtsgericht hat in seinem Urteil in rechtlich nicht zu beanstandeter Art und Weise das arithmetische Mittel von der Schwacke- wie auch der Frauenhoferliste als Grundlage seiner Schätzung herangezogen. Weder in erster Instanz noch in der Berufungsbegründung hat die Klägerin konkrete Tatsachen aufgezeigt, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken. Die Kammer war daher von vornherein daran gehindert, die Schätzung des Amtsgerichts anzugreifen und etwaig zu ändern. Ob sich die Kammer demgemäß ebenfalls dieser Schätzungsgrundlage oder einer anderen anschließen möchte, musste vor diesem Hintergrund nicht geklärt werden.

b) Mietwagendauer

Ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden war die Annahme des Amtsgerichts, dass die Klägerin lediglich für einen Zeitraum von 14 statt 17 Tagen den Mietwagen in Anspruch nehmen durfte. Auch insoweit richtet sich die erforderliche Dauer der Inanspruchnahme des Mietwagens nach § 287 ZPO. Das Amtsgericht hat dabei rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Klägerin aufgrund der Tatsache, dass sie ein gänzlich neues Fahrzeug erworben hat, nicht 17 Tage als notwendige Dauer geltend machen kann. Es ist insoweit unstreitig geblieben, dass der Totalschaden von Anfang an offenkundig gewesen ist. Vor diesem Hintergrund war die Klägerin vom ersten Tag an gehalten, sich um ein neues Fahrzeug zu kümmern. Vor dem Hintergrund des § 287 ZPO sind die vom Amtsgericht angenommenen 14 Tage nicht zu beanstanden. Dies ist ein Zeitraum, in dem mit dem Erwerb eines neuen Wagens zu rechnen ist. Vom Unfalltage an hat die Klägerin jedoch insgesamt drei Wochen einen Mietwagen genutzt. Vortrag dahingehend, warum sich die Suche nach einem neuen Fahrzeug als schwierig erwiesen hat und deswegen ein längerer Zeitraum notwendig war, ist insoweit nicht erfolgt.

c) Vollkaskoversicherung

Im Ergebnis sind die Kosten der Vollkaskoversicherung von 20,27 € pro Tag – anders als das Amtsgericht entschieden hat – ersatzfähig.

Die Kosten für die Inanspruchnahme einer Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung können nach der Rechtsprechung des BGH auch dann ersatzfähig sein, wenn das eigene Fahrzeug des Geschädigten zum Unfallzeitpunkt nicht vollkaskoversichert war. Der durch einen fremdverschuldeten Unfall geschädigte Kfz-Eigentümer kann bei Inanspruchnahme eines Mietwagens die Aufwendungen für eine der Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung entsprechende Haftungsfreistellung grundsätzlich insoweit ersetzt verlangen, als er während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt war (BGH VersR 1974, 657). Das wird insbesondere anzunehmen sein, wenn das beschädigte Fahrzeug schon älter war und als Ersatzfahrzeug ein wesentlich höherwertigeres Fahrzeug angemietet wird.

Zwar hat die Klägerin kein höherwertiges Fahrzeug als Mietwagen in Anspruch genommen, sodass ihr die Kosten der Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung nicht ersetzt worden wären. Im Übrigen (das heißt bei einer Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung) ist die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs mit Vollkaskoschutz nach Meinung des BGH in der Regel eine adäquate Schadensfolge (BGH, Urteil vom 15. Februar 2005 – VI ZR 74/04 –, Rn. 11, zitiert nach juris). Im Einzelfall können zwar Abzüge unter dem Gesichtspunkt eines Vorteilsausgleichs in Betracht kommen, welche der Tatrichter nach Maßgabe des § 287 ZPO bemessen kann. Hierzu ist jedoch weder etwas festgestellt, noch von der darlegungsbelasteten Beklagten vorgetragen worden.

d) Winterreifen

Ebenfalls ersatzfähig sind die Extrakosten für die Ausstattung des Mietwagens mit Winterreifen in Höhe von 10,08 € pro Tag.

Gemäß § 2 Abs. 3a StVO dürfen Fahrzeuge bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Im Hinblick darauf ist es nicht zu beanstanden, dass zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls am 30.11.2017 Fahrzeuge vermietet wurden, die mit Winterreifen ausgestattet waren, da mit winterlichen Wetterverhältnissen jederzeit gerechnet werden musste. Zwar schuldet der Autovermieter die Überlassung eines verkehrstauglichen, mithin gegebenenfalls gemäß § 2 Abs. 3a StVO mit Winterreifen ausgerüsteten Fahrzeugs. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er für eine solche Ausstattung nicht auch eine besondere Vergütung verlangen kann (BGH, Urteil vom 05. März 2013 – VI ZR 245/11 –, Rn. 25, zitiert nach juris). Insoweit hat die Klägerin unbestritten vorgetragen, dass solche Extras wie Winterreifen, Navi oder dergleichen nicht in den Miettarifen enthalten sind (vgl. Seite 8 des Schriftsatzes vom 23.07.2018). Die darlegungsbelastete Beklagte hat im Übrigen nicht substantiell dazu vorgetragen, bei welcher anderen Mietwagenfirma, die die Klägerin ohne größere Anstrengung hätte in Anspruch nehmen können und die die Winterreifen nicht gesondert in Rechnung stellt, ein Kfz hätte angemietet werden können.

e) Mehrwertsteuer

Zu Unrecht hat das Amtsgericht keine Mehrwertsteuer auf den Mietwagenpreis zugesprochen. Insoweit ist zu beachten, dass die Klägerin eine konkrete Abrechnung vornimmt. Die Mehrwertsteuer ist auch konkret angefallen und ist auf den vom Amtsgericht für erforderlich gehaltenen Betrag zuzüglich Kosten der Vollkaskoversicherung und Kosten der Ausstattung mit Winterreifen hinzuzurechnen.

f) Zusammenfassung Mietwagenkosten

Nach alledem kann die Klägerin Mietwagenkosten wie folgt gegen die Beklagte geltend machen:

Erforderlicher Betrag für die Inanspruchnahme von 14 Tagen 601,77 €

Kosten der Vollkaskoversicherung für 14 Tage 282,38 €

Winterreifen für 14 Tage 141,12 €

Zwischenergebnis 1.025,27 €

Mehrwertsteuer von 19 % 194,80 €

Gesamtsumme 1.220,07 €.

Hiervon hat die Beklagte unstreitig 595,00 € gezahlt, sodass ein Betrag von 625,07 € offensteht.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

3. Ab- und Anmeldekosten

Soweit es die restlichen Ab- und Anmeldekosten angeht, so ist die Berufung ebenfalls begründet.

Die Klägerin darf sich bei der Ab- und Neuanmeldung der Hilfe eines Dritten – insbesondere des Verkäufers des neu angeschafften Ersatzwagens – bedienen. Ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB vermag die Kammer insoweit nicht zu erkennen. Die Kosten sind der Klägerin von der Firma A. auch tatsächlich in Rechnung gestellt worden. Die insoweit darlegungsbelastete Beklagte hat erstinstanzlich nicht substantiiert eine Firma in näherer Umgebung der Klägerin dargelegt, die niedrigere Ab- und Anmeldekosten in Rechnung stellt. Vor diesem Hintergrund erachtet die Kammer die Ab- und Anmeldekosten in Höhe von 112,90 € für angemessen und erforderlich. Nachdem die Beklagte bereits unstreitig einen Betrag von 75,00 € geleistet hat, verbleibt ein noch zu ersetzender Schaden von 37,90 €.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

4. Vermehrte Bedürfnisse

Zu Recht hat das Amtsgericht die Klage bezüglich der vermehrten Bedürfnisse abgewiesen. Soweit ersichtlich wollte die Klägerin damit einen Haushaltsführungsschaden geltend machen. Diesen hat sie jedoch nicht substantiiert dargelegt. Die Klägerin hätte insbesondere auszuführen gehabt, welche Arbeiten sie in dem Haushalt vor dem Eintritt der durch den Behandlungsfehler entstandenen Beeinträchtigungen tatsächlich ausgeübt hat und welche dieser Arbeiten sie aufgrund ihrer Beeinträchtigungen nun nicht mehr oder nur eingeschränkt ausüben kann (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. März 2014 – I-8 U 79/13 –, Rn. 39, zitiert nach juris). Dieser Vortrag kann auch nicht durch Verweis auf etwaige Tabellenwerke ersetzt werden, was vorliegend jedoch ebenfalls nicht geschehen ist.

Soweit die Klägerin nunmehr in zweiter Instanz zum ersten Mal Vortrag bezüglich ihres Haushalts aufbringt, so hätte dieser bereits in erster Instanz erfolgen können und müssen. Die Beklagte hatte bereits in ihrer Klageerwiderung darauf hingewiesen, dass es für die vermehrten Bedürfnisse an jeglichem Vortrag mangelt. Vor diesem Hintergrund kann der neue Vortrag nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zugelassen werden.

Im Übrigen hätte die Klägerin gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO begründen müssen, warum der neue Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO berücksichtigungsfähig ist. Auch dies ist nicht erfolgt.

5. Weiteres Schmerzensgeld

Auch ein Anspruch auf Zahlung weiteren Schmerzensgeldes besteht nicht. Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes muss die Funktion des Schmerzensgeldes beachtet werden. Das Schmerzensgeld verfolgt dabei zwei Funktionen: zum einen soll die Verletzte einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden erhalten (sog. Ausgleichsfunktion); zum anderen soll das Schmerzensgeld der Verletzten Genugtuung für das verschaffen, was ihr der Schädiger angetan hat (sog. Genugtuungsfunktion).

Vorliegend tritt die Genugtuungsfunktion vollständig zurück. Der Unfall war offenbar lediglich aus Unaufmerksamkeit zustande gekommen. Ein grob fahrlässiges bzw. sogar vorsätzliches Handeln des unfallverursachenden Fahrers ist nicht erkennbar.

Zu Recht hat das Amtsgericht hinsichtlich der Ausgleichsfunktion festgehalten, dass die Verletzungen der Klägerin gering ausgefallen sind. Die Klägerin erlitt unstreitig eine HWS-Distorsion und war lediglich für 4 Tage zu 100 % und für 4 weitere Tage zu 50 % arbeitsunfähig. Streitig geblieben ist, ob die Klägerin eine Brustkorbprellung unfallbedingt erlitten hat. Eine derartige Verletzung der Klägerin kann insoweit als wahr unterstellt werden, ohne dass sich an der Höhe des Anspruchs etwas ändert. Denn selbst bei einer unfallbedingt erlittenen Brustkorbprellung wäre ein Schmerzensgeld von unstreitig gezahlten 300,00 € zwar erforderlich, in der Höhe jedoch angemessen.

6. Weitere Rechtsanwaltskosten

Weiterhin ist rechtlich die Meinung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden, dass vorliegend eine Geschäftsgebühr von 1,3 und somit eine Zahlung von 492,81 € auf die vorgerichtlichen Kosten angemessen und ausreichend ist. Insoweit hat das Amtsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die Eintrittspflicht der Beklagten von Anfang an unstreitig war. Besondere Schwierigkeiten bei der Feststellung des Schadens sind ebenfalls nicht erkennbar. Der Prozessbevollmächtigte scheint vorgerichtlich zwar überaus engagiert gewesen zu sein. Dies vermag für sich eine Erhöhung der Gebühr jedoch nicht zu rechtfertigen.

Im Übrigen war vorliegend die Aktivlegitimation der Klägerin bezüglich der Rechtsanwaltskosten problematisch. Die Beklagtenseite hat insoweit unbestritten vorgetragen, dass die Klägerin rechtsschutzversichert ist. Dann jedoch ist der Anspruch auf die Rechtsschutzversicherung gemäß § 86 VVG übergegangen. Die Klägerin konnte von daher den Anspruch nicht selbst geltend machen. Dass sie zur Geltendmachung berechtigt gewesen ist, wurde weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt.

7. Hilfsantrag auf Zahlung von Nutzungsersatz

Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung die Klage in zulässiger Weise um den Hilfsantrag erweitert. Die Erweiterung der Klage in zweiter Instanz richtet sich nach § 264 ZPO, auf den § 533 ZPO nicht verweist (BGH NJW 2004, 2152).

Der Hilfsantrag ist jedoch unbegründet. Der Eigentümer eines privat genutzten Pkw, der die Möglichkeit zur Nutzung seines Pkw einbüßt, hat nach der Rechtsprechung des BGH auch dann einen Schadensersatzanspruch, wenn er kein Ersatzkraftfahrzeug anmietet (BGH NJW 1966, 1269). Voraussetzung für die Ersatzpflicht ist ein Verlust der Gebrauchsmöglichkeit (BGH NJW 1971, 796). Zwar konnte die Klägerin vorliegend ihr eigenes Fahrzeug nicht mehr nutzen, jedoch hat sie für den im Hilfsantrag geltend gemachten Zeitraum vom 30.11. bis zum 04.12.2017 einen Mietwagen gestellt bekommen. Mithin war die Mobilität der Klägerin in Bezug auf einen Pkw nicht eingeschränkt. Zwar hat die Mietwagenfirma insoweit die Kosten nicht in Rechnung gestellt. Da die Klägerin jedoch tatsächlich einen Ersatz für ihr Fahrzeug hatte, steht ihr auch kein Anspruch auf Ersatz einer entgangenen Nutzung zu.

8. Zusammenfassung

Der Klägerin stehen nach den vorstehenden Ausführungen die folgenden Ansprüche zu:

restliche Mietwagenkosten 625,07 €

restliche Ab- und Anmeldekosten 37,90 €.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711, 713 ZPO.

III.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

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