LG Stuttgart – Az.: 5 S 6/18 – Beschluss vom 14.03.2018
1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Waiblingen vom 14.12.2017, Az. 7 C 1039/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I.
Der Kläger macht restlichen Schadensersatz gegen die Beklagten aus einem Unfallgeschehen vom 20.04.2017 auf der B 14 vor dem Kappelbergtunnel geltend. Die vollumfängliche Haftung der Beklagten für die unfallbedingten Schäden ist zwischen den Parteien unstreitig.
Das vom Kläger in Auftrag gegebene Gutachten des Kfz-Sachverständigen J. vom 24.04.2017 weist einen Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs von 16.900,- €, einen Restwert von 8.560,- € und Reparaturkosten in Höhe von 7.751,67 € netto/9.224,49 € brutto aus, wobei den Reparaturkosten die Preise einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde gelegt wurden (Anlage K 1, Bl. 22 ff. d.A.). Der Kläger verkaufte sein Unfallfahrzeug am 29.04.2017 und ließ am 04.05.2017 ein Ersatzfahrzeug auf sich zu. Mit Schreiben vom 24.05.2017 erklärte die Beklagte Ziff. 2 das Klägerfahrzeug besichtigen zu wollen. In der Folge lehnte sie eine Regulierung auf Totalschadensbasis ab und zahlte lediglich einen Betrag in Höhe von 5.607,07 € an den Kläger aus, bei dem es sich um die Reparaturkosten unter Zugrundelegung der Stundesätze der nicht markengebundenen Werkstatt, Fa. H., handelt.
Der Kläger begehrt nun den Differenzbetrag zu dem Wiederbeschaffungsaufwand i.H.v. 8.340,00 € und der Zahlung der Beklagten i.H.v. 5.607,07 €, somit 2.732,93 €.
Die Parteien streiten außerdem um die Berechtigung des Klägers, die vollen Anschaffungskosten in Höhe von 115,50 € für einen bei dem streitgegenständlichen Umfallgeschehen beschädigten Kindersitz ersetzt zu verlangen, wobei die Beklagte Ziff. 2 hierauf wegen eines Abzugs „neu für alt“ nur 50,00 € erstattet hat. Auf die vorgerichtlich geltend gemachte Kostenpauschale von 25,- € hat die Beklagte Ziff. 2 lediglich 20,- € geleistet.
Das Amtsgericht Waiblingen hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Es hat dem Kläger das Recht zugesprochen, seinen Unfallschaden auf Totalschadensbasis abzurechnen, da der nach dem eingeholten Schadensgutachten zu erwartende Bruttoreparaturaufwand zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem Wiederbeschaffungsaufwand gelegen habe. Eine Verweisung des Klägers auf fiktive Reparaturkosten unter Einbeziehung von Stundenverrechnungssätzen einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt, welche den Wiederbeschaffungsaufwand unterschreiten würden, sei dem Kläger unzumutbar, da dieser eine konkrete Schadensabrechnung auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Ersatzbeschaffung vorgenommen habe. Auch sei der Kläger nicht gehalten gewesen, eine mögliche Stellungnahme der Beklagten Ziff. 2 abzuwarten, da dies den Geschädigten in der ihm zustehenden Wahlfreiheit der Mittel zur Schadensbehebung unzulässig einschränken würde. Hinsichtlich des beschädigten Kindersitzes hat das Amtsgericht Waiblingen den beklagtenseits vorgenommenen Abzug „neu für alt“ ebenfalls für unberechtigt erachtet, da es dem Kläger nicht zumutbar sei, für seine engsten Familienangehörigen in einem sensiblen Bereich wie dem Schutz vor mitunter schwerwiegenden Verletzungen auf einen gebraucht gekauften Kindersitz zurückzugreifen, dessen Vorgeschichte unbekannt sei. Schließlich hat das Amtsgericht auch die geltend gemachte Auslagenpauschale in Höhe von 25,- € insgesamt für berechtigt erachtet.
Mit ihrer Berufung greifen die Beklagten die Wertung des Amtsgerichts Waiblingen an, dem Kläger sei zuzubilligen, seinen Wiederbeschaffungsaufwand abzurechnen. Sie sind der Auffassung, bei der Vergleichsbetrachtung von Totalschaden und Reparaturschaden hätten vorliegend unter Berücksichtigung des Alters und des Zustandes des klägerischen Kfz der Reparaturschadensberechnung die Stundenverrechnungssätze der von der Beklagten Ziff. 2 benannten Fa. H. zugrunde gelegt werden müssen, was im Ergebnis dazu geführt hätte, nicht von einem Total- sondern von einem Reparaturschaden auszugehen. Fälschlicherweise sei das Amtsgericht auch davon ausgegangen, der Kläger sei nicht gehalten gewesen vor Veräußerung seines Fahrzeugs eine Stellungnahme der Beklagten Ziff. 2 abzuwarten. Schließlich wenden sich die Beklagten gegen die Verurteilung zur Erstattung des Neuwertes des streitgegenständlichen Kindersitzes und erachten sich weiterhin für berechtigt, einen Abzug „neu für alt“ vorzunehmen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Berufungsbegründung wird auf das Urteil des Amtsgerichts Waiblingen sowie die Berufungsbegründung vom 19.02.2018 (Bl. 214 ff. d.A.) Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Waiblingen hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angegriffene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die weiteren für die Zurückweisung der Berufung im Beschlussverfahren erforderlichen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen vor.
Das Amtsgericht hat der Klage mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, stattgegeben.
a) Der Kläger war berechtigt, mit den vom Sachverständigen J. ermittelten Werten auf der Grundlage des Wiederbeschaffungsaufwandes abzurechnen.
aa) Der in § 249 BGB normierte Grundsatz der Naturalrestitution eröffnet zwei Möglichkeiten der Schadensbeseitigung: die Reparatur oder die Anschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache. Auch die Ersatzbeschaffung ist eine Form der Naturalrestitution (BGH NJW 2005, 1108). Der Geschädigte hat dabei grundsätzlich die Möglichkeit zu wählen, die den geringeren Aufwand erfordert (BGH aaO.; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Auflage, § 249 Rz. 21). Um beurteilen zu können, welcher Abrechnungsweg den geringeren Aufwand erfordert, sind die Kosten der Reparatur mit den Kosten einer Ersatzbeschaffung zu vergleichen.
Der Reparaturaufwand berechnet sich aus den Bruttoreparaturkosten zuzüglich Minderwert, der Wiederbeschaffungsaufwand aus dem Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes des Unfallfahrzeugs. Der Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs in Höhe von 16.900,- € und dessen Restwert in Höhe von 8.560,- € sind im vorliegenden Fall unstreitig, was zu einem Wiederbeschaffungsaufwand von 8.340,- € führt. Dieser Wiederbeschaffungswert ist mit den Bruttoreparaturkosten zzgl. Minderwert zu vergleichen. Gemäß dem vom Kläger eingeholten Sachverständigengutachten überstiegen bereits die auf der Basis der Preise einer fachgebundenen Markenwerkstatt errechneten Bruttoreparaturkosten mit 9.224,49 € den Bruttowiederbeschaffungswert, sodass auf dieser Grundlage von einem wirtschaftlichen Totalschaden auszugehen war.
Die Beklagten haben insoweit jedoch eingewandt, der Kläger müsse sich für den anzustellenden Vergleich auf Reparaturkosten unter Einbeziehung von Stundenverrechnungssätzen einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt verweisen lassen, was im Ergebnis dazu führe, dass der Reparaturaufwand den Wiederbeschaffungsaufwand unterschreite und daher eine Abrechnung der vorgenommenen Ersatzbeschaffung gerade nicht die wirtschaftlich gebotene Restitution sei. Damit wollen die Beklagten die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur fiktiven Schadensabrechnung aufgestellten Grundsätze heranziehen, nach der der grundsätzlich zur Abrechnung der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Werkstatt berechtigte Geschädigte bei technischer Gleichwertigkeit der Reparatur gemäß § 254 Abs. 2 S. 2 BGB auf eine vergleichbar erreichbare freie Werkstatt verwiesen werden kann, wenn ihm dies zumutbar ist (nur z.B. BGH, Urteil vom 29.04.2003 – VI ZR 398/02; BGH, Urteil vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09; BGH, Urteil vom 23.02.2010 – VI ZR 91/09; BGH, Urteil vom 22.06.2010 – VI ZR 302/08; BGH, Urteil vom 22.06.2010 – VI ZR 337/09; BGH, Urteil vom 13.07.2010 – VI ZR 259/09; BGH, Urteil vom 07.02.2017 – VI ZR 182/16; alle zit. nach juris).
Vorliegend handelt es sich jedoch um eine konkrete Abrechnung. In Bezug auf die konkrete Abrechnung von durch Vorlage einer Rechnung ausgewiesenen Reparaturkosten wird davon ausgegangen, dass diese auch dann ersatzfähig sind, wenn sie zur Beseitigung des Unfallschadens zwar objektiv nicht erforderlich waren, sich aber aus der Sicht des Geschädigten als erforderlich dargestellt haben. Dies als Ausfluss der subjektbezogenen Bestimmung der Erforderlichkeit i.S.d. § 249 BGB. Dementsprechend trägt der Schädiger auch das Risiko, dass sich der vorgenommene Reparaturweg später als nicht in dem erfolgten Umfang als erforderlich erweist. Lässt etwa der Geschädigte im berechtigten Vertrauen auf die Begutachtung „seines“ Sachverständigen das Fahrzeug in vorgeschlagener Art und Umfang reparieren, darf er die dabei angefallenen Kosten ersetzt verlangen, selbst wenn dies falsch ist und die durchgeführte Reparatur objektiv nicht erforderlich gewesen wäre (jurisPK BGB § 249, Rn. 136).
Nach Auffassung der Kammer kann letztlich nichts Anderes gelten, wenn der Geschädigte – wie vorliegend – eine Ersatzbeschaffung durchführt, seinen Schaden konkret abrechnet und bei seiner Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die Kosten der ihm zustehenden tatsächlichen Wiederherstellungsalternativen vergleichen muss.
Die Berechnung der Reparaturkosten durch den Sachverständigen J. auf der Basis der Preise einer markengebundenen Fachwerkstatt ist – anders als die Berufung geltend macht – ebenfalls nicht zu beanstanden, nachdem grundsätzlich auch eine fiktive Abrechnung von Unfallschäden unter Zugrundelegung der Verrechnungssätze einer fachgebundenen Markenwerkstatt möglich ist und das Schadensgutachten gerade als Entscheidungsgrundlage für den hinsichtlich der Art der Abrechnung seines Schadens dispositionsbefugten Geschädigten zu dienen bestimmt ist. Außerdem würde dem Sachverständigen, wollte man von ihm verlangen, für seine Schadenskalkulation von vornherein die Preise irgendeiner günstigen nicht markengebundene Fachwerkstatt heranzuziehen, nicht nur die Prüfung der Gleichwertigkeit zur markengebundenen Fachwerkstatt und die mühelose Erreichbarkeit der Verweiswerkstatt auferlegt, sondern auch die Beantwortung der sich erst nachgelagert im Rahmen der Prüfung des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB stellende, nicht in seinen Kompetenzbereich fallenden Rechtsfrage, ob der Geschädigte sich auf einen günstigeren Reparaturweg in einer nicht markengebundenen Werkstatt verweisen lassen muss.
Der Kläger durfte daher nach Auffassung der Kammer bei der Durchführung seiner Ersatzbeschaffung auf die Berechnungen und das Ergebnis des Sachverständigengutachtens vom 24.04.2017 vertrauen. Dass auch in dem Fall, in dem der Geschädigte auf der Grundlage der vom Sachverständigen ermittelten Reparaturprognose eine Ersatzbeschaffung vorgenommen hat, seine Kalkulation sich letztlich aber als unzutreffend herausstellt, die Gewährung von Vertrauensschutz gerechtfertigt erscheint, legt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Restwertanrechnung nahe (u.a. BGH, Urteil vom 01.06.2010, VI ZR 316/09; BGH, Urteil vom 27.09.2016 – VI ZR 673/15; BGH, Urteil vom 21.02.2017, VI ZR 22/16; jew. zit. nach juris; jurisPK BGB § 249, Rn. 160). Dort wird das Vertrauen des Geschädigten auf den gutachterlich ermittelten Restwert geschützt, selbst wenn dieser das Fahrzeug behalten und es im Vertrauen auf die Restwertermittlung weitergenutzt hatte. Der Geschädigte muss sich nicht auf das höhere Restwertangebot des Schädigers einlassen, da ihm anderenfalls die Dispositionsfreiheit entzogen würde, indem er zum schnellen Verkauf seines Fahrzeugs gedrängt würde. Diese Erwägungen haben nach Auffassung der Kammer auch dort Geltung, wo der Geschädigte im Vertrauen auf die Reparaturkostenberechnung eines Sachverständigen eine Ersatzbeschaffung für sein verunfalltes Fahrzeug vornimmt, da er ohne den Vertrauensschutz seine Dispositionsfreiheit insoweit verlieren würde (jurisPK BGB § 249, Rn. 160).
Soweit die Beklagten zur Stütze ihrer Rechtsauffassung Bezug auf obergerichtliche Rechtsprechung nehmen, u.a. den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 04.04.2017 (Az. 5 S 320/ 16) und die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.05.2013 – VI ZR 320/12 (BGH NJW 2013, 2817/2817), liegen diesen Fällen jeweils fiktive Schadensabrechnungen zugrunde. Die Situation des Geschädigten bei einer fiktiven Abrechnung ist jedoch eine andere. Wie vom Bundesgerichtshof in der vorstehend zitierten Entscheidung ausgeführt, ist es für den Geschädigten, der fiktiv abrechnet, im Prinzip unerheblich, ob und wann der Versicherer auf die alternative Reparaturmöglichkeit verweist. Entscheidend ist in solchen Fällen, dass der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln ist. Der Geschädigte disponiert dahin, dass er sich mit einer Abrechnung auf dieser objektiven Grundlage zufriedengibt. Hinweise der Schädigerseite auf Referenzwerkstätten dienen hier nur dazu, der in dem vom Sachverständigengutachten vorgenommenen Abrechnung entgegenzutreten (vgl. BGH NJW 2013, 2817/2818, Tz.11). Im Unterschied zu den Fällen konkreter Schadensabrechnung liegt in dem Entschluss des Geschädigten, die fiktiven Reparaturkosten geltend zu machen, gerade keine Disposition, hinter die er etwa nicht mehr zurückkönnte. Dies rechtfertigt es auch, dem Geschädigten im Fall der fiktiven Abrechnung die Berufung auf Vertrauensschutz zu versagen und die gutachterlich ermittelten Werte einer uneingeschränkten Überprüfbarkeit zu unterwerfen sowie deren Abänderung auch noch im Rechtsstreit – etwa durch einen nachträglichen Verweis auf günstigere Reparaturmöglichkeiten – zuzulassen (BGH NJW 2013, 2817/2817; jurisPK BGB § 249, Rn. 159).
Anders liegen die Dinge hingegen, wenn – wie im vorliegenden Fall – eine konkrete Ersatzbeschaffung erfolgt ist und damit eine Vermögensdisposition getroffen wurde, mit der sich der Schaden konkret realisiert hat. Auch wenn auch kein allgemeiner Grundsatz dahingehend anzuerkennen ist, dass sich ein Geschädigter immer und einschränkungslos auf die Werte eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens verlassen darf, erachtet die Kammer das Vertrauen des Geschädigten, der aufgrund vom Sachverständigen ermittelter Wiederbeschaffungskosten annehmen darf, dass ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt und im Vertrauen darauf eine Wiederbeschaffung durchführt, als schützenswert. Anderenfalls könnte der Geschädigte die ihm zustehende Schadensbehebung nicht mehr selbständig durchführen, weil er stets damit rechnen müsste, dass die Grundlagen seiner Schadenskalkulation im Nachhinein verändert werden könnten (vgl. auch LG Saarbrücken, Urteil vom 15.09.2017 – 13 S 59/17, BeckRS 2017, 125383).
Letztlich hat der Kläger zum Zeitpunkt seiner Disposition den für die Beklagten unter Zugrundelegung der Ergebnisse des Sachverständigengutachtens günstigeren Weg eingeschlagen. Von dem Kläger konnte auch nicht erwartet werden, dass er mit der Wahl der Schadenabwicklung bis zum Vorliegen eines internen Gutachtens der Beklagten Ziff. 2 abwartet, weil dies – wie vom Bundesgerichtshof zur Restwertanrechnung regelmäßig entschieden (u.a. BGH, Urteil vom 01.06.2010, VI ZR 316/09; BGH, Urteil vom 21.02.2017, VI ZR 22/16, jew. zit. nach juris; jurisPK BGB § 249, Rn. 160) – seiner Dispositionsfreiheit zuwiderlaufen würde. Außerdem ist der Kläger mit der zeitnahen Disposition auch seiner Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB insoweit nachgekommen als er den Schaden durch den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit des geschädigten Fahrzeugs in Form von Mietwagenkosten möglichst geringgehalten hat.
Im Ergebnis durfte der Kläger unter Berücksichtigung der subjektbezogenen Schadensbetrachtung aufgrund des Schadensgutachtens des Sachverständigen J. vom 24.04.2017, welches die vom Kläger vorgenommene Ersatzbeschaffung als die wirtschaftlich gebotene Wiederherstellungsalternative darstellte, auf Wiederbeschaffungsaufwandsbasis abrechnen.
b) Die amtsgerichtliche Entscheidung ist auch insoweit nicht zu beanstanden als dem Kläger im Hinblick auf den bei dem streitgegenständlichen Umfallgeschehen beschädigten Kindersitz die vollen Anschaffungskosten in Höhe von 115,50 € zugesprochen worden sind. Nach Auffassung der Kammer ist die Wertung des Amtsgerichts, dem Kläger sei es unzumutbar, als Ersatz einen gebrauchten Kindersitz anzuschaffen, gut vertretbar angesichts des Umstandes, dass es sich bei einem Kindersitz um einen sicherheitsrelevanten Gegenstand handelt. Tatsächlich muss der Kläger das Risiko einer nicht erkennbaren Vorschädigung eines gebrauchten Kindersitzes nicht hinnehmen und darf daher auf Kosten des Schädigers einen neuwertigen Kindersitz anschaffen, ohne sich insoweit einen Abzug „neu für alt“ anrechnen lassen zu müssen.
c) In Bezug auf die ebenfalls in voller Höhe zugesprochene Kostenpauschale zeigt die Berufung schon keine konkreten Angriffe gegen die auch insoweit zutreffende erstinstanzliche Entscheidung auf.
2. Die Kammer ist aus den dargelegten Gründen einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Eine Berufung ist offensichtlich aussichtslos, wenn für jeden Sachkundigen ohne längere Nachprüfung erkennbar ist, dass die vorgebrachten Berufungsgründe das angefochtene Urteil nicht zu Fall bringen können. Entscheidend ist, dass die Kammer die durch die Berufung aufgeworfenen Tatfragen nicht nur einstimmig, sondern auch zweifelsfrei beantworten kann und sich von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine neuen Erkenntnisse verspricht. Das ist aus den dargelegten Gründen der Fall. Die Kammer rät deshalb, die Berufung zur Vermeidung weiterer Kosten zurückzunehmen.