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Verkehrsunfall – Höhe der zu erstattenden Mietwagenkosten

OLG Frankfurt, Az.: 17 U 150/13, Urteil vom 26.03.2014

Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.08.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Gießen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger an den Kläger 3401,20 € nebst 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 11.07.2012 abzüglich am 31.07.2012 gezahlter 1.094,03 € sowie abzüglich am 27.07.2012 gezahlter 438,00 € sowie abzüglich am 05.09.2013 gezahlter 545,46 € zu zahlen.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung fallen dem Kläger zu 72 % und den Beklagten zu 28 % zur Last.

Im Übrigen haben der Kläger von den Kosten der ersten Instanz 40 % und die Beklagten 60 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen jeweils die Vollstreckung durch die Gegenseite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger erlitt am …5.2011 auf der Autobahn BAB … im Bereich der Autobahnpolizei … mit seinem PKW …, Erstzulassung …11.2008, amtliches Kennzeichen … einen Unfall, indem er auf der von ihm befahrenen Fahrspur gegen eine LKW- Reifendecke stieß, welche von dem bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten LKW des Beklagten zu 1. mit dem amtlichen Kennzeichen … stammte.

Mit der beim Landgericht erhobenen Klage hat der Kläger die Beklagten auf die Zahlung eines Betrages in Höhe von 6.299,08 € in Anspruch genommen. Wegen der einzelnen Schadenspositionen wird insoweit auf die Aufstellung in der Klageschrift vom 18.07.2012 (Blatt 3 d. A.) Bezug genommen.

Vor Zustellung der Klage am 27.07.2012 bzw. 30.07.2012 zahlte die Beklagte zu 2. an den Kläger einen Betrag in Höhe von 5.247,88 € und leistete anschließend unter dem 31.07.2012 eine weitere Teilzahlung in Höhe von 1.094,03 €. Einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 438 € zahlte die Beklagte zu 2. unmittelbar an das Mietwagenunternehmen, welches dem Kläger für die Zeit vom 26.05.2012 bis zur Rückgabe am 15.06.2011 einschließlich Mehrwertsteuer eine Gesamtsumme von 4.008,35 € in Rechnung gestellt hatte. Die Parteien haben sich vor dem Landgericht darüber gestritten und streiten immer noch darüber, ob es sich bei dem verunfallten Fahrzeug um ein Privatfahrzeug handelte, oder ob der Kläger diesbezüglich zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Im Übrigen hat der Kläger geltend gemacht, das verunfallte Fahrzeug sei in die Mietwagengruppe I einzugruppieren, weshalb jegliche Art von Abzügen unter dem Gesichtspunkt der Eigenersparnis entfalle. Im Übrigen habe der Kläger für etwaige bei der Firma A als Fachwerkstatt eingetretene und von ihm nicht zu beeinflussende Verzögerungen bezüglich der Reparatur des Fahrzeugs nicht einzustehen.

Die Beklagten haben ihrerseits geltend gemacht, mit der Zahlung des Betrages von 438 € unter dem 27.07.2012 seien die Mietwagenkosten auf der Grundlage des gutachterlich festgestellten Reparaturaufwandes von drei bis vier Tagen vollständig beglichen, indem bei dem verunfallten Fahrzeug Mietwagenkosten der Gruppe VII zu berücksichtigen seien. Im Übrigen sei der Kläger zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Zur ergänzenden Darstellung des gesamten Sach- und Streitstandes wird gemäß § 514 Abs. 1. Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe eines Betrages von 516,18 € stattgegeben und sie im Übrigen mit der Folge abgewiesen, dass dem Kläger sämtliche Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind.

Zur Begründung hat das Landgericht darauf abgestellt, insgesamt sei lediglich ein Anspruch auf Mietwagenkosten für 20 Ausfalltage gerechtfertigt, wobei auf der Grundlage des Marktpreisspiegels „Mietwagen Deutschland 2012“ des Fraunhofer Instituts ein Betrag in Höhe von 53,01 € pro Tag als angemessener Mittelwert zu berücksichtigen sei. Auf diese Mietwagenkosten für 20 Tage in Höhe von insgesamt 1.060,20 € müsse sich der Kläger ersparte Aufwendungen im Umfang von 10 % anrechnen lassen, so dass auf der Grundlage der angenommenen Berechtigung zum Vorsteuerabzug ein Gesamtbetrag von 954,18 € zu berücksichtigen sei, von dem der unstreitig seitens der Beklagten geleistete Betrag von 438 € in Abzug zu bringen sei. Der Kläger könne keine Mehrwertsteuer geltend machen, da er zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Insoweit müsse der Geschädigte im Bestreitensfalle beweisen, dass die von ihm als Schadensersatz geforderte Umsatzsteuer tatsächlich angefallen sei. Aus der Auskunft des Finanzamts sei zu erkennen, dass der Kläger Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erziele und deshalb zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, auch wenn er seit 2006 seinen steuerlichen Pflichten zur Abgabe der Steuererklärung und Gewinnermittlung nicht mehr in vollständigem Maße nachgekommen sei.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der er unter Berücksichtigung einer zuletzt am 05.09.2013 geleisteten Zahlung in Höhe von 545,46 € die Zahlung eines restlichen Betrages von 4.221,59 € geltend macht. Das Urteil enthalte falsche Anträge, welche auf einer fehlerhaften Protokollierung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21.12.2013 beruhten, indem übersehen worden sei, dass bei dem der Klage nachfolgenden Schriftsatz vom 1.10.2012 die inzwischen seitens des Beklagten geleisteten Zahlungen Berücksichtigung gefunden hätten. Zur Begründung beruft sich der Kläger darauf, angesichts der bei einer Fachwerkstatt erfolgten Reparatur könne die Reparaturzeit nicht auf Mietwagenkosten für 20 Tage zurückgeführt werden. Im Übrigen seien die tatsächlich aufgewendeten Mietwagenkosten gerechtfertigt, ohne dass von dem Kläger als Geschädigten erwartet werden könne, vor der Anmietung eines Mietwagens Preisvergleiche anzustellen. Im Übrigen sei der Kläger bezüglich des verunfallten PKW niemals vorsteuerabzugsberechtigt gewesen, indem er für den streitgegenständlichen PKW zu keiner Zeit gegenüber Vorsteuer geltend gemacht habe.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts Gießen vom 22.08.2013 (5 O 385/12) abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 6.229,08 € nebst 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 11.07.2012 abzüglich am 31.07.2012 gezahlter 1.094,03 € sowie abzüglich am 27.07.2012 gezahlter 438,00 € sowie abzüglich am 05.09.2013 gezahlter 545,46 € zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, indem sie insbesondere die vom Landgericht hinsichtlich der Mietwagenkosten zugrunde gelegte Schadensschätzung für zutreffend halten. Ein Mietpreis von insgesamt 3 Wochen in Höhe von 3.790,00 € würde kein vernünftig und wirtschaftlich Handelnder als Selbstzahler vereinbaren. Hinsichtlich der Berechtigung des Klägers zum Vorsteuerabzug sei darauf abzustellen, dass der Kläger ausweislich der Auskunft des Finanzamtes Einnahmen aus selbständiger Arbeit erziele.

II.

Die Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie führt auch in der Sache selbst teilweise zum Erfolg, indem dem Kläger noch ein weiterer Anspruch auf Zahlung von 1171,70 € zusteht.

Soweit der Kläger mit seiner Berufung über den insgesamt zuerkannten Betrag von 954,18 € hinaus die Erstattung weiterer Mietwagenkosten von 3054,17 € geltend macht, hat das Landgericht zu Recht den weitergehenden Anspruch abgewiesen. Während die Dauer der mit insgesamt 20 Tagen für angemessen erachteten Mietwagenzeit zwischen den Parteien nicht mehr im Streit steht, indem das Landgericht unter Berücksichtigung der in den Reparaturzeitraum fallenden Feiertage die Zeit vom 26.5.2012 bis zur Mitteilung über die Fertigstellung der Arbeiten am 14.6.2012 und damit insgesamt 12 Arbeitstage als angemessen zugrunde gelegt hat, ist zumindest kein Fehler zum Nachteil des Klägers ersichtlich oder auch nur mit der Berufung inhaltlich begründet worden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der ausgeurteilte betrag auf der Grundlage der Bemessung der für angemessen erachteten Mietwagenkosten nach der Fraunhofer- Tabelle auch den darauf entfallenden Umsatzsteueranteil bereits berücksichtigt hat.

Der mit der Berufung zur Begründung eines weitergehenden Schadensersatzanspruchs erhobene eigentliche Angriff, das Landgericht habe die angemessenen Mietwagenkosten zu Unrecht auf der Grundlage der Fraunhofer -Liste bemessen, rechtfertigt allein der Hinweis auf die vom Kläger als gleichwertig angesehene Schwacke- Liste ebenfalls keine weitergehende Zahlungspflicht der Beklagten.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil v. 12.4.2011 -VI ZR 300/09, VersR 2013, 730, Rn. 10) kann der Geschädigte vom Schädiger und seinem Haftpflichtversicherer nach §§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB, 115 Abs. 1 VVG als erforderlichen Herstellungsaufwand nur Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist hierbei gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (Senat Urt. v. 29. Juni 2005 – 1 U 9/05, juris Rn. 4). Dies bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlichen relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Inwieweit dies im konkret zu beurteilenden Fall zutrifft, hat der bei der Schadensberechnung nach § 287 ZPO besonders freigestellte Tatrichter – gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen – zu schätzen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Zuschlag auf den „Normaltarif“ in Betracht kommen kann (BGH aaO. m. w. N.; OLG Zweibrücken, Urteil v. 22.1.2014, – 1 U 165/11, zitiert nach juris Rn 10).

Bei der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ist danach zwar die Art der Schätzgrundlage für die Ermittlung des Normaltarifs im Einzelnen grundsätzlich nicht vorgegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf diese allerdings nicht auf der Grundlage falscher oder offensichtlich unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden; ferner dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht gelassen werden. Auch darf das Gericht in den für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten (BGH NJW 2011, 1947 ff. ; NJW-RR 2011, 1109 jew. m.w.N.).

Über das Maß der am Markt günstigsten Preise hinausgehende, mithin an sich nicht erforderliche Mietwagenkosten kann der Geschädigte aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadensbetrachtung ausnahmsweise nur dann ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-)Tarif zugänglich war (BGH VersR 2009, 83 ).

Soweit die instanzgerichtliche Rechtsprechung bei der Bestimmung des ortsüblichen Normaltarifs als Schätzgrundlage vornehmlich die Frauenhofer-Liste oder die Schwacke-Liste heranzieht, bedeutet dies angesichts der erheblichen Schwankungen nicht, dass ein Unfallgeschädigter sich immer im Bereich des höchsten Satzes bewegen könnte. Auch wenn die Eignung beider Listen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich taugliche Schätzgrundlagen darstellen (vgl. BGH NJW 2011, 1947 ), bedarf lediglich dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken (BGH VersR 2011, 643 ). Allein der Umstand, dass die vorgenannten Listen zu teils deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um allein dadurch bereits Zweifel an der Eignung der einen oder der anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen.

Der Senat schließt sich insoweit für den vorliegenden Fall den für überzeugend erachteten Erwägungen des vorgelegten Urteils des 16. Zivilsenats des OLG Frankfurt vom 24.06.2010 an, indem die sog. „Fraunhofer-Liste“ ist im Rahmen des § 287 ZPO als geeignete Schätzungsgrundlage für Mietwagenkosten anzusehen ( OLG Frankfurt, Urteil vom 124.6.2010,- 16 U 14/10, zitiert nach juris, Rn. 19 f. im Anschluss an OLG Köln, 21. August 2009, I-6 U 6/09, NJW-RR 2009, 1678, (Rn.11, 19, 20). Dem Fraunhofer-Mietwagenspiegel liegen im Ansatz Einzelangaben aus einer anonym erhobenen Internetabfrage bei sechs großen deutschen Mietwagenanbietern und ca. 10.000 Angaben aus ebenfalls ohne Offenlegung des Untersuchungszwecks von scheinbaren Mietinteressenten getätigten telefonischen Anfragen bei einer Vielzahl einzelner Anmietstationen zu Grunde. Insbesondere wegen dieser Anonymität der Erhebung erscheinen die vom Fraunhofer-Institut ermittelten Werte tendenziell zumindest im Ansatz zuverlässiger als die sog. Schwacke-Liste, welche die ihr zugrunde liegenden Erhebungen durch Übersendung von Fragebögen an die Mietwagenunternehmen vorgenommen werden, wobei als besonderer Kritikpunkt festzustellen ist, dass der Verwendungszweck dabei offen gelegt wurde. Dies beinhaltet ein nicht unerhebliches Risiko für eine bewusst erfolgte Ergebnismanipulation aufgrund des damit verbundenen wirtschaftlichen Interesses der Autovermieter (vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 2012, 26, 29 ; OLG Köln, Urt. v. 30. Juli 2013 – 15 U 186/12, zitiert nach juris Rn. 26; OLG Frankfurt/Main Urteil vom 24.6.2010, a.a.O. Rn. 17; Woitkewitsch, MDR 2013, 437, 439 mit Fn. 33).

Vorliegend hat der Kläger nicht zu begründen vermocht, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal- )Tarif zugänglich war (BGH VersR 2009, 83 ). Dazu fehlt es vorliegend bereits im Ansatz an geeignetem Sachvortrag. Vielmehr hat der Kläger im Rahmen seiner mündlichen Anhörung selbst dargelegt, ihm sei der Mietwagen direkt bei Abgabe seines beschädigten Fahrzeugs in der Reparaturwerkstatt von dieser besorgt worden, sodass er nur noch umgestiegen sei. Soweit ein durch einen Unfall Geschädigter nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen hat, bedeutet dies, dass er auf dem örtlich relevanten Markt im Zweifel nur den günstigsten erhältlichen Tarif verlangen kann. Auch wenn von ihm keine langfristige Marktbeobachtung erwartet werden kann, um den absolut günstigsten Tarif ausfindig zu machen, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, es könne von ihm als Geschädigtem nicht zugemutet werden, vor Anmietung eines Mietwagens Preisvergleiche anzustellen. Der Umstand, dass der Schadensverursacher oder die dahinter stehende Haftpflichtversicherung letztlich für den entstandenen Schaden einzustehen haben, entbindet den Geschädigten nicht von einer wirtschaftlich vertretbaren Entscheidung bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zur Überbrückung des unfallbedingten Ausfalls seines Wagens. Vielmehr kann er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen ( OLG Frankfurt , Urteil vom 24.6.2010- 16 U 14/10, zitiert nach juris, Rn. 12 unter Hinweis auf BGH, 14. Oktober 2008 – VI ZR 308/07 = VersR 2008, 1706; zuletzt; BGH, NJW 2009, 58, 58 ; BGH, Beschluss vom 13. Januar 2009, VI ZR 134/08). Indem er nicht allein im Bewusstsein der Ersatzpflicht der Unfallgegner das erstbeste Angebot annehmen darf, kann er über die für angemessen erachteten Sätze hinausgehenden Mietwagenkosten nur dann zugebilligt bekommen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls auch beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer Normaltarif zugänglich war (BGH, Urteil vom 12.4.2011- VI ZR 300/09 zitiert nach juris, Rn. 10 m.w.N.). dafür liegen keinerlei belastbare Anhaltspunkte vor.

Auf die Berufung des Klägers ist das angefochtene Urteil jedoch unter dem Gesichtspunkt der als Schadensersatz geltend gemachten Umsatzsteuer dahingehend abzuändern, dass die Beklagte zur Zahlung weiterer 1.171,70 € unter dem Gesichtspunkt des nicht gerechtfertigten Vorsteuerabzugs verpflichtet ist. Hierbei handelt es sich um die Summe aus den vom Landgericht in Abzug gebrachten Positionen der vom Kläger für die Reparatur des Fahrzeugs und die Erstellung des Gutachtens verauslagten Mehrwertsteuer in Höhe von 1081,87 € und 89,83 €.

Gegenüber der dem Kläger zustehenden Schadensersatzanspruch können die Beklagten darauf entfallende anteilige Umsatzsteuer geltend macht, können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei vorsteuerabzugsberechtigt und könne deshalb die auf die einzelnen Schadenspositionen entfallende Umsatzsteuer nicht ersetzt verlangen. Grundsätzlich gehört auch die Umsatzsteuer zu den ersatzfähigen Schäden. Ist aber der Geschädigte gemäß § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt und gehört die beschädigte Sache zu seinem Betriebsvermögen, kann er die Umsatzsteuer nicht als ersatzfähigen Schadenposten beanspruchen, da er sie im Ergebnis wirtschaftlich auch nicht zu tragen hat (vgl. Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 3. Aufl. 1999, Anh. I Rn. 7).

Eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug lässt sich insoweit auch nicht allein damit begründen, dass der Klägerin im Umfang seiner teilweise auch selbständigen Tätigkeit umsatzsteuerpflichtig ist und deshalb den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann. Denn der Umsatzsteuer unterliegen grundsätzlich alle Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (§ 2 UStG). Die gewerbliche, d.h. nachhaltige und auf Gewinn zielende Leistung eines gegen Entgelt löst zwar die Umsatzsteuerpflicht aus, führt aber nicht schon dazu, dass der Unternehmer deshalb auch über Betriebsvermögen verfügen muss und der von ihm für die notwendigen Fahrten eingesetzte Pkw deshalb dem Betriebsvermögen zugerechnet sein kann.

Soweit die Beklagten behauptet haben, der Kläger sei vorsteuerabzugsberechtigt, haben sie hierfür weder ausreichend vorgetragen noch einen Nachweis erbracht. Ihre Argumentation in diesem Zusammenhang beschränkt sich ausschließlich darauf, die Rechnungsstellung sei an die B … Consulting“ gerichtet gewesen. Allerdings ist insoweit zu berücksichtigen, dass ein Gegenstand, der möglicherweise nicht ausschließlich dem persönlichen Konsum des Besitzers dient, sondern auch zu dessen Gewinnerzielung, damit noch nicht zwingend zum Betriebsvermögen gehört. Das ist nur dann der Fall, wenn der Gegenstand ausschließlich oder überwiegend zur Gewinnerzielung dient. Wird er nur bis höchstens 50% betrieblich genutzt, darf er auch dem Privatvermögen zugeordnet werden (Tipke/Lang, Steuerrecht, 14. Aufl. 1994, § 9 Rn 362). Selbst wenn die Klägerin das Fahrzeug in geringem Umfang betrieblich genutzt haben sollte, wofür allein aus der Rechnungsstellung keinerlei aussagekräftige Anzeichen zu entnehmen sind, führt dies also noch nicht dazu, dass das Fahrzeug ihrem Betriebsvermögen zuzurechnen ist. Maßgeblich ist, ob das Fahrzeug in der Bilanz als Betriebsvermögen ausgewiesen wird und wenn die Aufwendungen dafür als betrieblicher Aufwand behandelt werden. Diese Voraussetzungen lassen sich aus der eingeholten Auskunft des zuständigen Finanzamtes gerade nicht entnehmen.

Während grundsätzlich bei Umsatzgeschäften wie in der Rechnung ausgewiesen von einer Steuerpflicht auszugehen ist, handelt es sich bei der Vorsteuerabzugsberechtigung ohnehin um einen Ausnahmetatbestand. Dass vorstehend kein Vorsteuerabzug in Betracht kommt, folgt zunächst aus dem eigenen Vorbringen des Klägers, welcher im Rahmen seiner persönlichen Anhörung erklärt hat, das Fahrzeug ausschließlich als Privatfahrzeug zu nutzen, welches bei einem Einsatz im Rahmen der selbständigen Tätigkeit mit einer Kilometerpauschale von 30 Cent in Ansatz gebracht werde. Diese Darstellung stimmt überein mit der Bestätigung des für die Erstellung rückständiger Steuererklärungen beauftragten Rechtsanwalts C, wonach das unfallbeschädigte Fahrzeug nicht unmittelbar für eigene betriebliche Zwecke genutzt worden sei, indem es nicht für den Betrieb bestimmt gewesen und auch nicht dafür angemeldet war. Dass der beschädigte Wagen auch nicht durch einen entsprechenden Widmungsakt zum gewillkürten Betriebsvermögen bestimmt wurde, folgt im Übrigen aus der eingeholten Auskunft des zuständigen Finanzamtes D, vom 26.11.2012, aus der sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen ließen, on der Kläger einen Pkw im Betriebsvermögen gehalten habe. Ungeachtet der Frage, ob wegen des nur ausnahmsweise möglichen Vorsteuerabzugs deshalb die Beklagten nach den allgemeinen Beweislastregeln für ihre Behauptung die Beweislast trifft, gibt es jedenfalls auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger das unfallbeschädigte Fahrzeug gegenüber dem Finanzamt als Betriebsvermögen deklariert hat. Indem dieser vielmehr unwidersprochen darauf hingewiesen, den Wagen nicht als Betriebsvermögen im Rahmen seiner teilselbständigen Betätigung gegenüber dem Finanzamt angemeldet bzw. deklariert zu haben, folgt daraus die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung auch des Umsatzsteueranteils auf die in Betracht kommenden Schadenspositionen.

Der Zinsausspruch beruht auf dem Zahlungsverzug der Beklagten und folgt aus §§ 286 I 288 I BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1ZPO und trägt dem Maß des Obsiegens und Unterliegens der Parteien einschließlich der im Verlaufe des Rechtsstreits erfolgten Zahlungen Rechnung.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708Nr. 10,711 S. 1 ZPO.

Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen.

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