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Verkehrsunfall – Schätzung ersatzfähiger Sachverständigenkosten

AG Krefeld, Az.: 10 C 326/15, Urteil vom 10.02.2016

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5,46 Euro nebst Zinsen Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.08.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 90 % und die Beklagte zu 10 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte über den bereits gezahlten Betrag in Höhe von 774,47 Euro hinaus aus doppelt abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 5,46 Euro gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 249 ff. i.V.m. 398 BGB, 115 VVG.

Das Gericht schließt sich der rechtlichen Beurteilung der kürzlich verkündeten Entscheidung des Landgerichts Krefeld vom 10.12.2015 (Az. 3 S 21/15) vollumfänglich an.

1.

Die Kosten eines Sachverständigengutachtens nach einem Verkehrsunfall zählen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich das Gericht anschließt, zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 1 S. 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.01.2007 – VI ZR 67/06, juris).

Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde.

Wenn der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt jedoch vom Geschädigten nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris). Im Übrigen bleibt es dem Schädiger unbenommen, darzulegen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung (§ 254 Abs. 2 S. 1 2. Fall BGB) verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris).

Verkehrsunfall - Schätzung ersatzfähiger Sachverständigenkosten
Symbolfoto: loraks/Bigstock

In Bezug auf Gutachterkosten genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast laut der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig durch Vorlage der – von ihm beglichenen – Rechnung des Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Denn der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bildet (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des ex ante zu bemessenden Betrags i.S.v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2014 – VIZR 357/13, juris). Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie jedoch nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden. Bei der Bemessung der Schadenshöhe hat der Tatrichter dann allerdings zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2014 – VI ZR 357/13, juris). Schließlich ergibt sich ein Verstoß gegen § 254 Abs. 2 S. 1 2. Fall BGB nicht bereits daraus, dass die vom Sachverständigen abgerechneten Nebenkosten die aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze überschreiten (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris).

2.

Für die Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung kommt es auf den rechtlichen Bestand der Honorarverbindlichkeit im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen an (LG Krefeld, Urt. v. 10.12.2015, 3 S 21/15).

Bei der zwischen der Geschädigten und dem Sachverständigen B. am 15.06.2015 getroffenen Vereinbarung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die der Inhaltskontrolle unterliegt. Die in dem Gutachterauftrag getroffene Abrede verstößt gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 BGB, da auf der Grundlage der Vereinbarung für den Geschädigten nicht klar und verständlich hervorgeht, welche Kosten auf diesen zukommen (andeutend auch LG Krefeld, Urt. v. 10.12.2015, 3 S 21/15). Darüber hinaus handelt es sich bei der Vereinbarung um eine mehrdeutige Klausel i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB, da in dem Gutachterauftrag völlig offen bleibt, anhand welcher Kriterien die exakte Höhe des Grundhonorars bestimmt werden soll, insbesondere ob dem Sachverständigen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt wird (LG Krefeld, Urt. v. 10 12.2015, 3 S 21/15).

Dies hat zur Folge, dass sich die Höhe der Vergütung mangels Wirksamkeit der Vereinbarung nach den gesetzlichen Vorschriften richtet, § 306 Abs. 2 BGB. Dies bedeutet, dass § 632 Abs. 2 BGB zur Anwendung gelangt, wonach sich der Umfang der geschuldeten Vergütung nach der üblichen Vergütung richtet. Vorliegend ist – wie auch das LG Krefeld in seiner bereits zitierten Entscheidung ausführt – ein Rückgriff auf die gerichtsbekannte und im Internet allgemein zugängliche BVSK-Honorarbefragung angezeigt und geboten. Da sich der Verkehrsunfall am 11.06.2015 ereignete und der Sachverständige am 15.06.2015 beauftragt wurde, ist vorliegend auf die neuere BVSK-Honorarbefragung 2015 (Honorarbereich V) abzustellen. Anders als die Beklagte meint ist das LG Krefeld nicht generell von der Vorzugswürdigkeit der BVSK-Honorarbefragung 2013 ausgegangen. Vielmehr hatte sich der Unfall in dem von dem LG Krefeld zu beurteilenden Fall im Jahre 2014 ereignet, so dass eine Anwendung der zwischen Februar und September 2015 durchgeführten BVSK-Honorarbefragung 2015 ausschied. Die BVSK-Honorarbefragung stellt im Ausgangspunkt eine taugliche Schätzgrundlage dar. Soweit die Beklagte in ihrer Klageerwiderung die Ortsüblichkeit und Angemessenheit pauschal bestritten hat, haben sich keinerlei Anhaltspunkte für die Ungeeignetheit der Schätzgrundlage ergeben.

Das Gericht schätzt das übliche Grundhonorar anhand des Mittelwerts der BVSK-Honorarbefragung 2015 (Honorarbereich V). Unter Zugrundelegung des Wiederbeschaffungswerts in Höhe von 4.600,- Euro netto bewegt sich die übliche Vergütung nach HB V Korridor zwischen 557,- Euro und 604,- Euro netto, der Mittelwert liegt bei 580,50 Euro.

Die in Ansatz gebrachten Nebenkosten sind (Foto-, Fahrt- und Schreibkosten, Porto- und Telefonpauschale) sind unter Zugrundelegung der aktuellen BVSK-Honorarbefragung 2015 jedoch überhöht und daher zu kürzen. Für einen 1. Fotosatz sind 2,- Euro pro Bild, für den 2. Fotosatz 0,50 Euro pro Bild, für Porto/Telefon 15,- Euro pauschal, für Fahrtkosten 0,70 Euro pro km, für Schreibkosten 1,80 Euro pro Seite und 0,50 Euro für Kopien üblich.

Der Sachverständige ist berechtigt, die Mehrwertsteuer gesondert zu berechnen, da es laut BVSK-Honorarbefragung 2015 sowohl bei den Angaben des Grundhonorars als auch der Nebenkosten um Nettopreise handelt (vgl. auch LG Krefeld, Urt. v. 10.12.2015, 3 S 21/15).

Die Kosten der Restwertbörse in Höhe von 10,- Euro sind in Abzug zu bringen. Diese Vereinbarung ist nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden und damit nicht geeignet, einen entsprechenden Anspruch gegenüber dem Geschädigten zu begründen. Deshalb kann – weil dem Geschädigten lediglich ein Freistellungsanspruch in Höhe der ihn treffenden Verbindlichkeit zustand – in dieser Höhe kein Zahlungsanspruch der Klägerin bestehen. Soweit der Überraschungseffekt ausnahmsweise entfallen sein sollte, greift § 254 BGB. Hinsichtlich der näheren Begründung wird voltumfänglich auf die Entscheidung des LG Krefeld verwiesen (LG Krefeld, Urt. v. 10.12.2015, 3 S 21/15).

Demnach ergibt sich folgende Berechnung:

Grundhonorar 580,50 Euro.

Fahrtkosten 31 km (0,70 Euro/km) 21,70 Euro

Telefon/Porto (pauschal) 15,- Euro

Lichtbilder 1. Satz (7 x Bilder zu je 2,- Euro) 14,- Euro

Lichtbilder 2. Satz (7 Bilder zu je 0,50 Euro) 3,50 Euro

Schreibkosten (9 Seiten zu je 1,80 Euro) 16,20 Euro

Kopien (9 Seiten zu je 0,50 Euro) 4,50 Euro

Restwertbörse entfällt

Netto-Summe 655,40 Euro Zzgl. Mehrwertsteuer 19 %

Summe 779,93 Euro

Abzüglich bereits gezahlter 774,47 Euro

Rest 5,46 Euro

Rechtshängigkeitszinsen ab dem Folgetag der Klagezustellung (11.08.2015) schuldet die Beklagte gemäß § 291, 288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Gründe für die erneute Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich. Das Landgericht Krefeld hat die vorliegend relevanten Fragen umfassend geklärt.

Streitwert: 54,90 Euro.

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