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Verstoß gegen die erhöhte Sorgfaltspflicht beim Linksabbiegen

LG Lübeck – Az.: 17 O 255/12 – Urteil vom 05.02.2014

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner 15.128,47 € nebst Zinsen p. a. in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.04.2012 an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagten werden weiterhin verurteilt, an die Klägerin als Gesamtschuldner vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 899,40 € nebst Zinsen p. a. in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.04.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall gegen die Beklagte geltend.

Verkehrsunfalls - Verstoß gegen die erhöhte Sorgfaltspflicht beim Linksabbiegen  LG Lübeck  Az.: 17 O 255/12  Urteil vom 05.02.2014  Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner 15.128,47 € nebst Zinsen p. a. in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.04.2012 an die Klägerin zu zahlen.  Die Beklagten werden weiterhin verurteilt, an die Klägerin als Gesamtschuldner vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 899,40 € nebst Zinsen p. a. in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.04.2012 zu zahlen.  Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.  Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.  Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.  Tatbestand  Die Klägerin macht Ansprüche im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall gegen die Beklagte geltend.  Die Klägerin befuhr am 23.03.2012 mit ihrem PKW O. - amtliches Kennzeichen ... - die B. in Richtung G.. Zu dieser Zeit fuhr vor ihr ein Traktor - amtliches Kennzeichen ... - nebst Güllewagen - amtliches Kennzeichen ..., der von dem Beklagten zu 1. geführt wurde. Dieser Traktor ist bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert. Die Klägerin beabsichtigte, den Traktor nebst Güllewagen zu überholen. Sie setzte den Blinker und fuhr an dem Güllewagen vorbei. Kurz bevor die Klägerin vollständig an dem Traktor nebst Güllewagen vorbeigefahren war, zog der Beklagte zu 1. den Traktor nach links, da er in die Zufahrt zum Hof S. einbiegen wollte. Hierdurch kam es zu einem Zusammenstoß beider Fahrzeuge. Das Fahrzeug der Klägerin wurde erheblich beschädigt. Aufgrund der Breite des Traktors und des angehängten Güllewagens und der Fahrbahnbreite an der Unfallstelle, war es für den Traktor nicht möglich, sich nach links vor dem Abbiegen einzuordnen. Nach dem Unfall ließ die Klägerin ihr Fahrzeug durch das Sachverständigenbüro D begutachten. Das Sachverständigenbüro erstellte unter dem 31.03.2012 ein Gutachten. Hinsichtlich dieses Gutachtens (vgl. Anlage K1) wird auf Blatt 8 bis 29 d. A. Bezug genommen. Für die Begutachtung berechnete das Sachverständigenbüro der Klägerin Kosten in Höhe von 775,50 €. Hinsichtlich der Rechnung des Sachverständigenbüro der D vom 31.03.2012 wird auf die Anlage K2 (Bl. 30 d. A.) verwiesen. Die Klägerin ließ anschließend die Schäden an dem klägerischen Fahrzeug reparieren bei der Firma A in O. Die Reparaturkosten betrugen 11.787,10 €. Hinsichtlich der Rechnung der Firma A vom 16.04.2012 wird auf die Anlage K3 (Blatt 31 bis 39 d. A.) verwiesen. Die Klägerin mietete für die Dauer der Reparatur vom 23.03.2012 bis 12.04.2012 ein Mietfahrzeug. Die Firma A erstellte unter dem 16.04.2012 eine Rechnung für die Mietwagennutzung in Höhe von 2.328,85 €. Hinsichtlich der Rechnung vom 16.04.2012 wird auf die Anlage K4 (Blatt 40 d. A.) verwiesen.  Die Angemessenheit der Höhe dieser Mietwagenkosten war zunächst zwischen den Parteien unstreitig. In nachgelassenen Schriftsätzen stellten die Parteien später unstreitig, dass die Höhe der Mietwagenkosten mit 2.000,00 € angemessen ist.  Die Klägerin benötigte einen Abschleppwagen. Die Firma A berechnete hierfür 240,88 €. Hinsichtlich der Rechnung der Firma A vom 16.04.2012 wird insoweit auf die Anlage K6 (Blatt 43 d. A.) verwiesen. Weiterhin ließ die Klägerin nach Endmontage eine Reinigung des Fahrzeuges durchführen, wofür die Firma A. 24,99 € der Klägerin in Rechnung stellte. Hinsichtlich der Rechnung vom 16.04.2012 wird auf die Anlage K7 (Blatt 44 d. A.) Bezug genommen.  Auch hinsichtlich der Abschleppwagenkosten und der Fahrzeugreinigungskosten hat zunächst ein Streit zwischen den Parteien bestanden. In den nachgelassenen Schriftsätzen stellten die Parteien unstreitig, dass die Höhe der Abschleppwagenkosten mit 240,88 € und die Fahrzeugreinigungskosten mit 24,99 € angemessen sind.  Unstreitig beträgt die Minderung des Wertes des Fahrzeuges durch den Unfall 270,00 €. Die Klägerin forderte mit Schreiben vom 17.04.2012 die Beklagte zu 2. zur Zahlung von Schadensersatz auf. Insoweit wird auf die Anlage K5 (Blatt 41, 42 d. A.) Bezug genommen. Eine letztmalige Zahlungsaufforderung erfolgte seitens der Klägerin unstreitig mit Schreiben vom 23.04.2012. Insoweit wird auf die Anlage K8 (Blatt 45, 46 d. A.) verwiesen. Die Beklagten leisteten keine Zahlung.  Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 1. hätte keinen Fahrtrichtungsanzeige vor Beginn des Abbiegevorganges gesetzt und sei einfach plötzlich nach links gezogen und gegen das Fahrzeug der Klägerin gefahren. Die Klägerin behauptet, dass an ihren Fahrzeug ein Schaden in Höhe der Reparaturkosten von 11.787,10 € entstanden sei. Die Klägerin meint, dass den Beklagten zu 1. eine Alleinschuld an dem Zusammenstoß träfe, weiterhin meint sie, dass ihr eine Kostenpauschale in Höhe von 30,00 € von den Beklagten zu ersetzen sei. Weiterhin meint die Klägerin, dass ihr vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten seien. Zwar sei sie, was unstreitig ist, rechtsschutzversichert, ihr Selbstbehalt betrüge jedoch 150,00 €. Die Klägerin hat diesbezüglich die Anlagen K13 und K14 zur Akte gereicht, hinsichtlich deren Inhaltes auf Blatt 82 bis 84 d. A. Bezug genommen wird. Weiterhin behauptet die Klägerin, dass die Rechtsschutzversicherung Schadensersatzansprüche in Höhe der von der Rechtsschutzversicherung an den vorgerichtlichen Rechtsanwalt gezahlten Kosten an die Klägerin zurück abgetreten habe und deshalb die Klägerin Zahlung an sich verlangen könne. Die Klägerin hat das Schreiben der ... Rechtsschutz ... vom 28.01.2013 nebst Anlage zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Blatt 119, 120 d. A. Bezug genommen. Unstreitig waren Rechtsanwaltskosten in Höhe von 899,40 € entstanden.  Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie (die Klägerin) 15.457,32 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 24.04.2012 zu zahlen, die Beklagten weiterhin als Gesamtschuldner zu verurteilen,  an sie (die Klägerin) vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 899,40 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 24.04.2012 zu zahlen.  Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.  Die Beklagten behaupten, für den Beklagten zu 1. sei der Unfall unabwendbar gewesen. Er hätte den Fahrtrichtungsanzeige links gesetzt, nachdem er durch Rückschau gesehen hätte, dass kein von hinten nahendes Fahrzeug durch ein Abbiegen beeinträchtigt würde, weiterhin hätte er die Geschwindigkeit auf 10 kmh verringert und sich vergewissert durch einen Blick in den Außenspiegel und Schulterblick, dass die Fahrbahn frei sei, danach hätte er mit dem Abbiegevorgang in die Zufahrt zum Hof begonnen. Obwohl für die Klägerin der Abbiegevorgang erkennbar gewesen sei, hätte sie zum Überholen angesetzt, deshalb sei es zur Kollision gekommen. Die Beklagten behaupten weiter, dass zu vermuten sei, dass die Klägerin durch die nicht angeschnallte Beifahrerin, die 87 jährige Tante, abgelenkt gewesen sei. Die Beklagten bestreiten hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten die Aktivlegitimation der Klägerin.  Das Gericht hat die Ermittlungsakte des Kreises O. ... - AZ: ... - bei gezogen und hiervon eine Kopie gefertigt. Diese Kopie hat in der mündlichen Verhandlung am 12.06.2013 und am 18.12.2013 vorgelegen.  Die Klägerin und der Beklagte zu 1. sind in der mündlichen Verhandlung am 12.06.2013 angehört worden. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 12.06.2013 (Blatt 121 bis 129 d. A.) Bezug genommen.  Gemäß Beweisbeschluss vom 24.07.2013 (Blatt 172, 173 d. A.) ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeuginnen S. und L.. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18.12.2013 (Blatt 205 bis 210 d. A.) verwiesen. Die Klägerin hat nach Erlass des Beweisbeschlusses vom 24.07.2013 auf die Vernehmung der Zeuginnen G. und O. verzichtet. Insoweit wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 19.09.2013 (Blatt 199 d. A.) Bezug genommen.  In der mündlichen Verhandlung am 18.12.2013 ist durch Beschluss den Parteien nachgelassen worden, bis zum 15.01.2014 hinsichtlich eines eventuellen Unstreitigstellens einzelner Schadenspositionen und für Vergleichsverhandlungen schriftsätzlich Stellung zu nehmen. Die Beklagtenvertreter haben nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung die Schriftsätze vom 06.01.2014 und 14.01.2014 eingereicht, die Klägervertreter den Schriftsatz vom 06.01.2014 und den Schriftsatz vom 17.01.2014. Auf diese Schriftsätze wird Bezug genommen.  Entscheidungsgründe  I.  Die Klage ist überwiegend begründet.  1.  Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 15.128,47 € gegen den Beklagten zu 1. gemäß §§ 7 Absatz 1, 18 Absatz 1, Absatz 3, 17 Absatz 1 entsprechend StVG.  a)  Das Kraftfahrzeug der Klägerin, ein O, wurde bei dem Betrieb des Traktors nebst Güllewagen auf der B in Richtung G am 23.03.2012 beschädigt (vgl. § 7 Absatz 1 StVG).  Der Zusammenstoß beider Fahrzeuge wurde nicht durch höhere Gewalt i. S. d. § 7 Absatz 2 StVG verursacht.  Der Zusammenstoß war für den Beklagten zu 1. kein unabwendbares Ereignis i. S. d. § 18 Absatz 3, § 17 Absatz 3 Satz 1 entsprechend StVG.  Denn der Beklagte zu 1. hat gegen die Vorschrift des § 9 Absatz 1, insbesondere Absatz 1 Satz 4 und Absatz 5 StVO verstoßen, als er mit dem Traktor nebst Güllewagen nach links abgebogen ist, um in die Grundstückseinfahrt zum Hof einzufahren, ohne dabei seiner doppelten Rückschaupflicht nachzukommen. Dabei ist der Beklagte zu 1. mit dem Traktor gegen das Fahrzeug der Klägerin gefahren, die nach Beginn eines Überholvorganges bereits den Güllewagen überholt hatte und sich mit dem Fahrzeug nahezu neben dem Traktor befand, so dass ihr PKW - wie sich aus dem Gutachten der D vom 31.03.2012, Seite 5, ergibt - an der Beifahrerseite und dem vorderen rechten Laufrad einen Anstoß erhielt und beschädigt wurde.  Im Rahmen des § 9 Absatz 1, Absatz 5 StVO spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen den nach links in das Grundstück abbiegenden Traktor. (Vgl. KG Berlin vom 12.07.2010 - 12 U 177/09 - (juris)). Die Beklagten haben diesen ersten Anschein nicht widerlegt. Der Beklagte zu 1. hätte jedenfalls bei der zweiten Rückschaupflicht das Fahrzeug der Klägerin wahrnehmen müssen und den Abbiegevorgang nicht beginnen dürfen, um einen Verstoß gegen § 9 Absatz 1 und Absatz 5 StVO zu vermeiden. Der Beklagte zu 1. ist - nach seiner eigenen Anhörung im Termin am 12.06.2013 - mit dem Traktor abgebogen, obwohl er einen neben ihm fahrenden PKW in dem Außenspiegel links nicht sehen konnte und die Sicht im Rückspiegel durch den Güllewagen versperrt war. Die fehlende Sicht im linken Außenspiegel auf Fahrzeuge neben ihm wurde noch dadurch verstärkt, dass er - nach seinen eigenen Angaben im Termin - einen leichten Bogen nach rechts gemacht hatte, um richtig abbiegen zu können; dadurch konnte er Fahrzeuge beim Blick in den linken Außenspiegel gar nicht mehr wahrnehmen. Der Beklagte zu 1. ist also quasi blind und dieses billigend in Kauf nehmend nach links abgebogen und konnte dabei unter Verstoß gegen die erhöhte Sorgfaltspflicht des § 9 Absatz 1 und Absatz 5 StVO eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht ausschließen. Diese Gefahr realisierte sich schließlich zu Lasten des Fahrzeuges der Klägerin.  Es kann dahinstehen, ob für die Klägerin ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Absatz 3 Satz 1 StVO vorlag oder ob sich für die Klägerin auf Grund eines möglichen Verstoßes gegen § 5 Absatz 3 Nr. 1 StVO - Überholen bei unklarer Verkehrslage - ein Mitverursachungsbeitrag der Klägerin ergibt. Denn jedenfalls wäre dieser Mitverursachungsbeitrag so gering, dass er im Verhältnis zu dem groben Verschulden des Beklagten zu 1. und der deutlich erhöhten Betriebsgefahr des Traktors nebst Güllewagen im Verhältnis zu dem O. der Klägerin zurücktreten würde.  Denn die Beklagten haben nicht substantiiert vorgetragen und nicht bewiesen, dass die Klägerin durch die rechts neben ihr sitzende 87-jährige Tante abgelenkt war. Bei dem pauschalen Vortrag der Beklagten handelt es sich um eine bloße Spekulation, eine Vermutung, wie die Beklagten selbst vortragen, somit um eine Behauptung ins Blaue hinein. Dem Beweisantritt musste somit nicht nachgegangen werden. Aus der bei - gezogenen Ermittlungsakte des Kreises O ergeben sich für die Behauptung der Beklagten auch keine Anhaltspunkte. Auch ein "unfallanalytisches Gutachten" stellt ein ungeeignetes Beweismittel zum Beweis der von den Beklagten vermuteten Tatsache dar. Die Zeuginnen S und L haben zu den Behauptungen der Beklagten insoweit keine Aussage gemacht.  Weiterhin haben die Beklagten ihre Behauptungen nicht bewiesen, dass der Abbiegevorgang für die Klägerin erkennbar war, als sie zum Überholen ansetzte, obwohl der Traktor sich bereits im Abbiegevorgang befand. Der Beklagte zu 1. hat bei seiner Anhörung ausgeführt, dass das herunterschalten und das kurze Abbremsen "gefühlt sehr schnell vielleicht ca. 1 Minute" ging. Ob der Beklagte zu 1. den Fahrtrichtungsanzeiger rechtzeitig im Sinne des § 9 Absatz 1 StVO gesetzt hat, ehe die Klägerin mit dem Überholen des Güllewagens begonnen hat und sie eine Abbiegeabsicht des Beklagten zu 1. hätte erkennen können, steht nach der Beweisaufnahme nicht fest. Die Klägerin hat angegeben bei ihrer persönlichen Anhörung im Termin am 12.06.2013, dass sie vor Einleitung des Überholvorganges sehr bewusst darauf geachtet hätte, ob ein Blinker an dem vor ihr fahrenden Traktor nebst Güllewagen gesetzt war; dieses sei nicht der Fall gewesen. Der Beklagte zu 1. hat bei seiner persönlichen Anhörung nur angegeben, den Blinker gesetzt zu haben. Zum genauen Zeitpunkt hat er keine Angaben machen können; er hat lediglich angegeben, zu diesem Zeitpunkt noch nicht runter geschaltet zu haben. Die Zeuginnen S. und L. haben nicht aussagen können, ob der Traktor vor Beginn des Überholvorganges durch die Klägerin bereits geblinkt hat. Ob an dem Traktor der Blinker an war, als es bereits zu dem Zusammenstoß der Fahrzeuge gekommen war, ist im Hinblick auf ein rechtzeitiges Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers gemäß § 9 Absatz 1 Satz 1 StVO kein hinreichendes Indiz für ein rechtzeitiges Blinken.  Wenn aber die Beklagten einen Verstoß gegen § 5 StVO, ein Überholen des Traktors nebst Güllewagen durch die Klägerin bei unklarer Verkehrslage, nicht bewiesen haben, weiterhin andere Pflichtverstöße die Beklagten bezüglich der Klägerin weder vorgetragen haben noch solche ersichtlich sind, so steht der deutlich geringeren Betriebsgefahr des Fahrzeuges der Klägerin die deutlich erhöhte Betriebsgefahr des Traktors nebst Güllewagen jedenfalls gegenüber, die durch den groben Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1. gegen § 9 Absatz 1 und Absatz 5 StVO noch erhöht wurde, so dass ein eventueller Mitverursachungsbeitrag der Klägerin an dem Zusammenstoß gegenüber dem Mitverursachungsbeitrag des Beklagten zu 1. jedenfalls zurücktritt und nicht ins Gewicht fällt. Der Beklagte zu 1. hat zu 100 % der Klägerin den durch den Zusammenstoß beider Fahrzeuge verursachten Schaden zu ersetzen.   (vgl. auch KG Berlin vom 12.07.2010 - 12 U 177/09 - (juris); OLG Frankfurt vom 05.05.1999 - 23 U 106/98 - (juris); Brandenburgisches Oberlandesgericht vom 07.05.2003 - 14 U 123/02 - (juris))  b)  Durch den Zusammenstoß des Fahrzeuges der Klägerin mit dem Traktor, den der Beklagte zu 1. geführt hat, entstand der Klägerin ein Gesamtschaden in Höhe von 15.128,47 €.  aa)  Der Schaden an dem Fahrzeug der Klägerin beträgt 11.787,10 €. Dieses steht auf Grund der Reparaturrechnung vom 23.03.2012 der Firma A (Anlage K3) fest. Die Beklagten haben nicht substantiiert vorgetragen, dass die Reparaturrechnung nicht unfallbedingte Reparaturen enthält. Die Beklagten tragen hierfür - wie bei der Verletzung der Schadensminderungspflicht - die Darlegungslast. Zudem bewegt sich der Reparaturbetrag in der Größenordnung des von der D in dem Gutachten vom 31.03.2012 (Anlage K1) geschätzten Reparaturbetrages von 11.033,83 €.  bb)  Die Mietwagenkosten betragen nunmehr unstreitig 2.000,00 €. Die Parteien haben die Mietwagenkosten in dieser Höhe in den durch den Beschluss vom 18.12.2013 nachgelassenen Schriftsätze unstreitig gestellt.  cc)  Für die Fahrzeugreinigung sind der Klägerin nunmehr unstreitig 24,99 € entstanden. Die Parteien haben die Höhe auch dieser Kosten in den nachgelassen Schriftsätzen unstreitig gestellt. Die Reinigungskosten sind auch durch die Rechnung vom 16.04.2012 der Firma A (Anlage K7) belegt.  dd)  Für das Abschleppen des Fahrzeuges der Klägerin sind Kosten von nunmehr unstreitig 240,88 € entstanden. Die Parteien haben die Höhe auch dieser Kosten in den nachgelassenen Schriftsätzen unstreitig gestellt. Die Kosten sind zudem durch die Rechnung vom 16.04.2012 der Firma A (Anlage K6) belegt.  ee)  Unstreitig sind der Klägerin Kosten durch die Erstellung des D. Gutachtens, das für die Einschätzung der Reparaturkostenhöhe und der Minderung des Fahrzeugwertes erforderlich war, in Höhe von 775,50 € entstanden.  ff)  Die unfallbedingte Wertminderung des Fahrzeuges beträgt unstreitig 270,00 €, und wird auch durch das Gutachten der D vom 31.1.2012 in dieser Höhe belegt.  gg)  Die der Klägerin unfallbedingt entstandenen Kosten für Telefonate und Schreiben werden gemäß § 287 ZPO pauschal auf 30,00 € geschätzt. Erfahrungsgemäß sind nach einem Verkehrsunfall vielzählige Telefonate zu führen und übriger Verwaltungsaufwand zu betreiben, die Kosten verursachen. Hierfür sind 30,00 € angemessen.  2.  Der Klägerin steht auch gegen die Beklagte zu 2. als Haftpflichtversicherung des von dem Beklagten zu 1. geführten Traktors ein direkter Schadensersatzanspruch in Höhe von 15.128,47 € gemäß § 115 VVG zu. Die Beklagten haften gemäß § 115 Absatz 1 Satz 4 VVG gegenüber der Klägerin als Gesamtschuldner.  3.  Der Zinsanspruch der Klägerin gegen die Beklagten beruht auf §§ 286 Absatz 1, Absatz 2 Nr. 1, § 288 Absatz 1 BGB. In dem Schreiben vom 17.04.2012 (Anlage K5) wurde der Beklagten zu 2. eine Zahlungsfrist bis zum 24.04.2012 gesetzt, so dass ab dem 25.04.2012 Zahlungsverzug eingetreten war. Die Beklagte zu 2. ist bei der Schadensentwicklung auch für den Unfallbeteiligten des Traktors, dem Beklagten zu 2., tätig geworden.  4.  Die Beklagten schulden der Klägerin als Gesamtschuldner als unfallbedingter Folgeschaden auch den Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von unstreitig 899,40 €. Die Klägerin ist insoweit aktiv legitimiert, die Zahlung dieses Schadensersatzanspruches an sich zu verlangen. Dieses steht auf Grund der Abtretungserklärung der Rechtsschutzversicherung vom 24.01.2013 (Anlage K15) fest.  Der Zinsanspruch bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten beruht ebenfalls auf §§ 286 Absatz 1, Absatz 2 Nr. 1, 288 Absatz 1 BGB. Auch hinsichtlich der Erstattung der Rechtsanwaltskosten wurde der Beklagten zu 2. in dem Schreiben vom 17.04.2012 eine Zahlungsfrist bis zum 24.04.2012 gesetzt.  5.  Soweit der titulierte Schadensersatzanspruch hinter dem in der Klageschrift beantragten Schadensersatzbetrages zurückbleibt, war die Klage insoweit nebst anteiliger Zinsen hierauf abzuweisen.  II.  Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Absatz 2 Nr. 1 ZPO.  Die Zuvielforderung der Klägerin war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht.  III.  Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
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Die Klägerin befuhr am 23.03.2012 mit ihrem PKW O. – amtliches Kennzeichen … – die B. in Richtung G.. Zu dieser Zeit fuhr vor ihr ein Traktor – amtliches Kennzeichen … – nebst Güllewagen – amtliches Kennzeichen …, der von dem Beklagten zu 1. geführt wurde. Dieser Traktor ist bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert. Die Klägerin beabsichtigte, den Traktor nebst Güllewagen zu überholen. Sie setzte den Blinker und fuhr an dem Güllewagen vorbei. Kurz bevor die Klägerin vollständig an dem Traktor nebst Güllewagen vorbeigefahren war, zog der Beklagte zu 1. den Traktor nach links, da er in die Zufahrt zum Hof S. einbiegen wollte. Hierdurch kam es zu einem Zusammenstoß beider Fahrzeuge. Das Fahrzeug der Klägerin wurde erheblich beschädigt. Aufgrund der Breite des Traktors und des angehängten Güllewagens und der Fahrbahnbreite an der Unfallstelle, war es für den Traktor nicht möglich, sich nach links vor dem Abbiegen einzuordnen. Nach dem Unfall ließ die Klägerin ihr Fahrzeug durch das Sachverständigenbüro D begutachten. Das Sachverständigenbüro erstellte unter dem 31.03.2012 ein Gutachten. Hinsichtlich dieses Gutachtens (vgl. Anlage K1) wird auf Blatt 8 bis 29 d. A. Bezug genommen. Für die Begutachtung berechnete das Sachverständigenbüro der Klägerin Kosten in Höhe von 775,50 €. Hinsichtlich der Rechnung des Sachverständigenbüro der D vom 31.03.2012 wird auf die Anlage K2 (Bl. 30 d. A.) verwiesen. Die Klägerin ließ anschließend die Schäden an dem klägerischen Fahrzeug reparieren bei der Firma A in O. Die Reparaturkosten betrugen 11.787,10 €. Hinsichtlich der Rechnung der Firma A vom 16.04.2012 wird auf die Anlage K3 (Blatt 31 bis 39 d. A.) verwiesen. Die Klägerin mietete für die Dauer der Reparatur vom 23.03.2012 bis 12.04.2012 ein Mietfahrzeug. Die Firma A erstellte unter dem 16.04.2012 eine Rechnung für die Mietwagennutzung in Höhe von 2.328,85 €. Hinsichtlich der Rechnung vom 16.04.2012 wird auf die Anlage K4 (Blatt 40 d. A.) verwiesen.

Die Angemessenheit der Höhe dieser Mietwagenkosten war zunächst zwischen den Parteien unstreitig. In nachgelassenen Schriftsätzen stellten die Parteien später unstreitig, dass die Höhe der Mietwagenkosten mit 2.000,00 € angemessen ist.

Die Klägerin benötigte einen Abschleppwagen. Die Firma A berechnete hierfür 240,88 €. Hinsichtlich der Rechnung der Firma A vom 16.04.2012 wird insoweit auf die Anlage K6 (Blatt 43 d. A.) verwiesen. Weiterhin ließ die Klägerin nach Endmontage eine Reinigung des Fahrzeuges durchführen, wofür die Firma A. 24,99 € der Klägerin in Rechnung stellte. Hinsichtlich der Rechnung vom 16.04.2012 wird auf die Anlage K7 (Blatt 44 d. A.) Bezug genommen.

Auch hinsichtlich der Abschleppwagenkosten und der Fahrzeugreinigungskosten hat zunächst ein Streit zwischen den Parteien bestanden. In den nachgelassenen Schriftsätzen stellten die Parteien unstreitig, dass die Höhe der Abschleppwagenkosten mit 240,88 € und die Fahrzeugreinigungskosten mit 24,99 € angemessen sind.

Unstreitig beträgt die Minderung des Wertes des Fahrzeuges durch den Unfall 270,00 €. Die Klägerin forderte mit Schreiben vom 17.04.2012 die Beklagte zu 2. zur Zahlung von Schadensersatz auf. Insoweit wird auf die Anlage K5 (Blatt 41, 42 d. A.) Bezug genommen. Eine letztmalige Zahlungsaufforderung erfolgte seitens der Klägerin unstreitig mit Schreiben vom 23.04.2012. Insoweit wird auf die Anlage K8 (Blatt 45, 46 d. A.) verwiesen. Die Beklagten leisteten keine Zahlung.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 1. hätte keinen Fahrtrichtungsanzeige vor Beginn des Abbiegevorganges gesetzt und sei einfach plötzlich nach links gezogen und gegen das Fahrzeug der Klägerin gefahren. Die Klägerin behauptet, dass an ihren Fahrzeug ein Schaden in Höhe der Reparaturkosten von 11.787,10 € entstanden sei. Die Klägerin meint, dass den Beklagten zu 1. eine Alleinschuld an dem Zusammenstoß träfe, weiterhin meint sie, dass ihr eine Kostenpauschale in Höhe von 30,00 € von den Beklagten zu ersetzen sei. Weiterhin meint die Klägerin, dass ihr vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten seien. Zwar sei sie, was unstreitig ist, rechtsschutzversichert, ihr Selbstbehalt betrüge jedoch 150,00 €. Die Klägerin hat diesbezüglich die Anlagen K13 und K14 zur Akte gereicht, hinsichtlich deren Inhaltes auf Blatt 82 bis 84 d. A. Bezug genommen wird. Weiterhin behauptet die Klägerin, dass die Rechtsschutzversicherung Schadensersatzansprüche in Höhe der von der Rechtsschutzversicherung an den vorgerichtlichen Rechtsanwalt gezahlten Kosten an die Klägerin zurück abgetreten habe und deshalb die Klägerin Zahlung an sich verlangen könne. Die Klägerin hat das Schreiben der … Rechtsschutz … vom 28.01.2013 nebst Anlage zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Blatt 119, 120 d. A. Bezug genommen. Unstreitig waren Rechtsanwaltskosten in Höhe von 899,40 € entstanden.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie (die Klägerin) 15.457,32 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 24.04.2012 zu zahlen, die Beklagten weiterhin als Gesamtschuldner zu verurteilen,

an sie (die Klägerin) vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 899,40 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 24.04.2012 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, für den Beklagten zu 1. sei der Unfall unabwendbar gewesen. Er hätte den Fahrtrichtungsanzeige links gesetzt, nachdem er durch Rückschau gesehen hätte, dass kein von hinten nahendes Fahrzeug durch ein Abbiegen beeinträchtigt würde, weiterhin hätte er die Geschwindigkeit auf 10 kmh verringert und sich vergewissert durch einen Blick in den Außenspiegel und Schulterblick, dass die Fahrbahn frei sei, danach hätte er mit dem Abbiegevorgang in die Zufahrt zum Hof begonnen. Obwohl für die Klägerin der Abbiegevorgang erkennbar gewesen sei, hätte sie zum Überholen angesetzt, deshalb sei es zur Kollision gekommen. Die Beklagten behaupten weiter, dass zu vermuten sei, dass die Klägerin durch die nicht angeschnallte Beifahrerin, die 87 jährige Tante, abgelenkt gewesen sei. Die Beklagten bestreiten hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten die Aktivlegitimation der Klägerin.

Das Gericht hat die Ermittlungsakte des Kreises O. … – AZ: … – bei gezogen und hiervon eine Kopie gefertigt. Diese Kopie hat in der mündlichen Verhandlung am 12.06.2013 und am 18.12.2013 vorgelegen.

Die Klägerin und der Beklagte zu 1. sind in der mündlichen Verhandlung am 12.06.2013 angehört worden. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 12.06.2013 (Blatt 121 bis 129 d. A.) Bezug genommen.

Gemäß Beweisbeschluss vom 24.07.2013 (Blatt 172, 173 d. A.) ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeuginnen S. und L.. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18.12.2013 (Blatt 205 bis 210 d. A.) verwiesen. Die Klägerin hat nach Erlass des Beweisbeschlusses vom 24.07.2013 auf die Vernehmung der Zeuginnen G. und O. verzichtet. Insoweit wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 19.09.2013 (Blatt 199 d. A.) Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung am 18.12.2013 ist durch Beschluss den Parteien nachgelassen worden, bis zum 15.01.2014 hinsichtlich eines eventuellen Unstreitigstellens einzelner Schadenspositionen und für Vergleichsverhandlungen schriftsätzlich Stellung zu nehmen. Die Beklagtenvertreter haben nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung die Schriftsätze vom 06.01.2014 und 14.01.2014 eingereicht, die Klägervertreter den Schriftsatz vom 06.01.2014 und den Schriftsatz vom 17.01.2014. Auf diese Schriftsätze wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist überwiegend begründet.

1.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 15.128,47 € gegen den Beklagten zu 1. gemäß §§ 7 Absatz 1, 18 Absatz 1, Absatz 3, 17 Absatz 1 entsprechend StVG.

a)

Das Kraftfahrzeug der Klägerin, ein O, wurde bei dem Betrieb des Traktors nebst Güllewagen auf der B in Richtung G am 23.03.2012 beschädigt (vgl. § 7 Absatz 1 StVG).

Der Zusammenstoß beider Fahrzeuge wurde nicht durch höhere Gewalt i. S. d. § 7 Absatz 2 StVG verursacht.

Der Zusammenstoß war für den Beklagten zu 1. kein unabwendbares Ereignis i. S. d. § 18 Absatz 3, § 17 Absatz 3 Satz 1 entsprechend StVG.

Denn der Beklagte zu 1. hat gegen die Vorschrift des § 9 Absatz 1, insbesondere Absatz 1 Satz 4 und Absatz 5 StVO verstoßen, als er mit dem Traktor nebst Güllewagen nach links abgebogen ist, um in die Grundstückseinfahrt zum Hof einzufahren, ohne dabei seiner doppelten Rückschaupflicht nachzukommen. Dabei ist der Beklagte zu 1. mit dem Traktor gegen das Fahrzeug der Klägerin gefahren, die nach Beginn eines Überholvorganges bereits den Güllewagen überholt hatte und sich mit dem Fahrzeug nahezu neben dem Traktor befand, so dass ihr PKW – wie sich aus dem Gutachten der D vom 31.03.2012, Seite 5, ergibt – an der Beifahrerseite und dem vorderen rechten Laufrad einen Anstoß erhielt und beschädigt wurde.

Im Rahmen des § 9 Absatz 1, Absatz 5 StVO spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen den nach links in das Grundstück abbiegenden Traktor. (Vgl. KG Berlin vom 12.07.2010 – 12 U 177/09 – (juris)). Die Beklagten haben diesen ersten Anschein nicht widerlegt. Der Beklagte zu 1. hätte jedenfalls bei der zweiten Rückschaupflicht das Fahrzeug der Klägerin wahrnehmen müssen und den Abbiegevorgang nicht beginnen dürfen, um einen Verstoß gegen § 9 Absatz 1 und Absatz 5 StVO zu vermeiden. Der Beklagte zu 1. ist – nach seiner eigenen Anhörung im Termin am 12.06.2013 – mit dem Traktor abgebogen, obwohl er einen neben ihm fahrenden PKW in dem Außenspiegel links nicht sehen konnte und die Sicht im Rückspiegel durch den Güllewagen versperrt war. Die fehlende Sicht im linken Außenspiegel auf Fahrzeuge neben ihm wurde noch dadurch verstärkt, dass er – nach seinen eigenen Angaben im Termin – einen leichten Bogen nach rechts gemacht hatte, um richtig abbiegen zu können; dadurch konnte er Fahrzeuge beim Blick in den linken Außenspiegel gar nicht mehr wahrnehmen. Der Beklagte zu 1. ist also quasi blind und dieses billigend in Kauf nehmend nach links abgebogen und konnte dabei unter Verstoß gegen die erhöhte Sorgfaltspflicht des § 9 Absatz 1 und Absatz 5 StVO eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht ausschließen. Diese Gefahr realisierte sich schließlich zu Lasten des Fahrzeuges der Klägerin.

Es kann dahinstehen, ob für die Klägerin ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Absatz 3 Satz 1 StVO vorlag oder ob sich für die Klägerin auf Grund eines möglichen Verstoßes gegen § 5 Absatz 3 Nr. 1 StVO – Überholen bei unklarer Verkehrslage – ein Mitverursachungsbeitrag der Klägerin ergibt. Denn jedenfalls wäre dieser Mitverursachungsbeitrag so gering, dass er im Verhältnis zu dem groben Verschulden des Beklagten zu 1. und der deutlich erhöhten Betriebsgefahr des Traktors nebst Güllewagen im Verhältnis zu dem O. der Klägerin zurücktreten würde.

Denn die Beklagten haben nicht substantiiert vorgetragen und nicht bewiesen, dass die Klägerin durch die rechts neben ihr sitzende 87-jährige Tante abgelenkt war. Bei dem pauschalen Vortrag der Beklagten handelt es sich um eine bloße Spekulation, eine Vermutung, wie die Beklagten selbst vortragen, somit um eine Behauptung ins Blaue hinein. Dem Beweisantritt musste somit nicht nachgegangen werden. Aus der bei – gezogenen Ermittlungsakte des Kreises O ergeben sich für die Behauptung der Beklagten auch keine Anhaltspunkte. Auch ein „unfallanalytisches Gutachten“ stellt ein ungeeignetes Beweismittel zum Beweis der von den Beklagten vermuteten Tatsache dar. Die Zeuginnen S und L haben zu den Behauptungen der Beklagten insoweit keine Aussage gemacht.

Weiterhin haben die Beklagten ihre Behauptungen nicht bewiesen, dass der Abbiegevorgang für die Klägerin erkennbar war, als sie zum Überholen ansetzte, obwohl der Traktor sich bereits im Abbiegevorgang befand. Der Beklagte zu 1. hat bei seiner Anhörung ausgeführt, dass das herunterschalten und das kurze Abbremsen „gefühlt sehr schnell vielleicht ca. 1 Minute“ ging. Ob der Beklagte zu 1. den Fahrtrichtungsanzeiger rechtzeitig im Sinne des § 9 Absatz 1 StVO gesetzt hat, ehe die Klägerin mit dem Überholen des Güllewagens begonnen hat und sie eine Abbiegeabsicht des Beklagten zu 1. hätte erkennen können, steht nach der Beweisaufnahme nicht fest. Die Klägerin hat angegeben bei ihrer persönlichen Anhörung im Termin am 12.06.2013, dass sie vor Einleitung des Überholvorganges sehr bewusst darauf geachtet hätte, ob ein Blinker an dem vor ihr fahrenden Traktor nebst Güllewagen gesetzt war; dieses sei nicht der Fall gewesen. Der Beklagte zu 1. hat bei seiner persönlichen Anhörung nur angegeben, den Blinker gesetzt zu haben. Zum genauen Zeitpunkt hat er keine Angaben machen können; er hat lediglich angegeben, zu diesem Zeitpunkt noch nicht runter geschaltet zu haben. Die Zeuginnen S. und L. haben nicht aussagen können, ob der Traktor vor Beginn des Überholvorganges durch die Klägerin bereits geblinkt hat. Ob an dem Traktor der Blinker an war, als es bereits zu dem Zusammenstoß der Fahrzeuge gekommen war, ist im Hinblick auf ein rechtzeitiges Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers gemäß § 9 Absatz 1 Satz 1 StVO kein hinreichendes Indiz für ein rechtzeitiges Blinken.

Wenn aber die Beklagten einen Verstoß gegen § 5 StVO, ein Überholen des Traktors nebst Güllewagen durch die Klägerin bei unklarer Verkehrslage, nicht bewiesen haben, weiterhin andere Pflichtverstöße die Beklagten bezüglich der Klägerin weder vorgetragen haben noch solche ersichtlich sind, so steht der deutlich geringeren Betriebsgefahr des Fahrzeuges der Klägerin die deutlich erhöhte Betriebsgefahr des Traktors nebst Güllewagen jedenfalls gegenüber, die durch den groben Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1. gegen § 9 Absatz 1 und Absatz 5 StVO noch erhöht wurde, so dass ein eventueller Mitverursachungsbeitrag der Klägerin an dem Zusammenstoß gegenüber dem Mitverursachungsbeitrag des Beklagten zu 1. jedenfalls zurücktritt und nicht ins Gewicht fällt. Der Beklagte zu 1. hat zu 100 % der Klägerin den durch den Zusammenstoß beider Fahrzeuge verursachten Schaden zu ersetzen.

(vgl. auch KG Berlin vom 12.07.2010 – 12 U 177/09 – (juris); OLG Frankfurt vom 05.05.1999 – 23 U 106/98 – (juris); Brandenburgisches Oberlandesgericht vom 07.05.2003 – 14 U 123/02 – (juris))

b)

Durch den Zusammenstoß des Fahrzeuges der Klägerin mit dem Traktor, den der Beklagte zu 1. geführt hat, entstand der Klägerin ein Gesamtschaden in Höhe von 15.128,47 €.

aa)

Der Schaden an dem Fahrzeug der Klägerin beträgt 11.787,10 €. Dieses steht auf Grund der Reparaturrechnung vom 23.03.2012 der Firma A (Anlage K3) fest. Die Beklagten haben nicht substantiiert vorgetragen, dass die Reparaturrechnung nicht unfallbedingte Reparaturen enthält. Die Beklagten tragen hierfür – wie bei der Verletzung der Schadensminderungspflicht – die Darlegungslast. Zudem bewegt sich der Reparaturbetrag in der Größenordnung des von der D in dem Gutachten vom 31.03.2012 (Anlage K1) geschätzten Reparaturbetrages von 11.033,83 €.

bb)

Die Mietwagenkosten betragen nunmehr unstreitig 2.000,00 €. Die Parteien haben die Mietwagenkosten in dieser Höhe in den durch den Beschluss vom 18.12.2013 nachgelassenen Schriftsätze unstreitig gestellt.

cc)

Für die Fahrzeugreinigung sind der Klägerin nunmehr unstreitig 24,99 € entstanden. Die Parteien haben die Höhe auch dieser Kosten in den nachgelassen Schriftsätzen unstreitig gestellt. Die Reinigungskosten sind auch durch die Rechnung vom 16.04.2012 der Firma A (Anlage K7) belegt.

dd)

Für das Abschleppen des Fahrzeuges der Klägerin sind Kosten von nunmehr unstreitig 240,88 € entstanden. Die Parteien haben die Höhe auch dieser Kosten in den nachgelassenen Schriftsätzen unstreitig gestellt. Die Kosten sind zudem durch die Rechnung vom 16.04.2012 der Firma A (Anlage K6) belegt.

ee)

Unstreitig sind der Klägerin Kosten durch die Erstellung des D. Gutachtens, das für die Einschätzung der Reparaturkostenhöhe und der Minderung des Fahrzeugwertes erforderlich war, in Höhe von 775,50 € entstanden.

ff)

Die unfallbedingte Wertminderung des Fahrzeuges beträgt unstreitig 270,00 €, und wird auch durch das Gutachten der D vom 31.1.2012 in dieser Höhe belegt.

gg)

Die der Klägerin unfallbedingt entstandenen Kosten für Telefonate und Schreiben werden gemäß § 287 ZPO pauschal auf 30,00 € geschätzt. Erfahrungsgemäß sind nach einem Verkehrsunfall vielzählige Telefonate zu führen und übriger Verwaltungsaufwand zu betreiben, die Kosten verursachen. Hierfür sind 30,00 € angemessen.

2.

Der Klägerin steht auch gegen die Beklagte zu 2. als Haftpflichtversicherung des von dem Beklagten zu 1. geführten Traktors ein direkter Schadensersatzanspruch in Höhe von 15.128,47 € gemäß § 115 VVG zu. Die Beklagten haften gemäß § 115 Absatz 1 Satz 4 VVG gegenüber der Klägerin als Gesamtschuldner.

3.

Der Zinsanspruch der Klägerin gegen die Beklagten beruht auf §§ 286 Absatz 1, Absatz 2 Nr. 1, § 288 Absatz 1 BGB. In dem Schreiben vom 17.04.2012 (Anlage K5) wurde der Beklagten zu 2. eine Zahlungsfrist bis zum 24.04.2012 gesetzt, so dass ab dem 25.04.2012 Zahlungsverzug eingetreten war. Die Beklagte zu 2. ist bei der Schadensentwicklung auch für den Unfallbeteiligten des Traktors, dem Beklagten zu 2., tätig geworden.

4.

Die Beklagten schulden der Klägerin als Gesamtschuldner als unfallbedingter Folgeschaden auch den Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von unstreitig 899,40 €. Die Klägerin ist insoweit aktiv legitimiert, die Zahlung dieses Schadensersatzanspruches an sich zu verlangen. Dieses steht auf Grund der Abtretungserklärung der Rechtsschutzversicherung vom 24.01.2013 (Anlage K15) fest.

Der Zinsanspruch bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten beruht ebenfalls auf §§ 286 Absatz 1, Absatz 2 Nr. 1, 288 Absatz 1 BGB. Auch hinsichtlich der Erstattung der Rechtsanwaltskosten wurde der Beklagten zu 2. in dem Schreiben vom 17.04.2012 eine Zahlungsfrist bis zum 24.04.2012 gesetzt.

5.

Soweit der titulierte Schadensersatzanspruch hinter dem in der Klageschrift beantragten Schadensersatzbetrages zurückbleibt, war die Klage insoweit nebst anteiliger Zinsen hierauf abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Absatz 2 Nr. 1 ZPO.

Die Zuvielforderung der Klägerin war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

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