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Verkehrsunfall – Nutzungsausfall bei älteren Fahrzeugen

Anspruch auf Nutzungsausfall: Rechtliche Bewertung bei älteren Fahrzeugen

Im Verkehrsrecht gibt es zahlreiche Situationen, die zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen können. Eine dieser Situationen betrifft den Nutzungsausfall, insbesondere bei älteren Fahrzeugen. Hierbei geht es um die Frage, inwieweit ein Fahrzeughalter Anspruch auf Schadensersatz hat, wenn er sein Fahrzeug aufgrund eines Verkehrsunfalls nicht nutzen kann. Dies kann insbesondere bei älteren Fahrzeugen zu Diskussionen führen, da der tatsächliche Wert und der Nutzungswert des Fahrzeugs oft auseinandergehen. Das Thema Nutzungsausfall bei älteren Fahrzeugen ist daher von großer Relevanz, sowohl für Fahrzeughalter als auch für Versicherungen und Rechtsanwälte im Verkehrsrecht. Es gilt, die Interessen beider Parteien gerecht abzuwägen und eine faire Lösung zu finden.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 14 C 33/16  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Amtsgericht Solingen entschied, dass trotz des fortgeschrittenen Alters und Vorschäden eines Fahrzeugs der Kläger einen berechtigten Anspruch auf Nutzungsausfall hat.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Urteil des Amtsgerichts Solingen vom 30.06.2016.
  2. Die Beklagte wird zur Zahlung von EUR 306,41 und weiteren EUR 54,14 an den Kläger verurteilt.
  3. Verkehrsunfall am 18.08.2015 zwischen dem Kläger (Opel Vectra) und einem bei der Beklagten pflichtversicherten Fahrzeug.
  4. Die Beklagte ist vollumfänglich für die Unfallfolgen verantwortlich.
  5. Nutzungsausfall des Klägers wurde auf Basis der Nutzungsausfalltabelle nach Küppershaus/Sanden/Danner geschätzt.
  6. Trotz eines 19-jährigen Fahrzeugs des Klägers wurde ein Nutzungsausfall nach der Gruppe C festgelegt.
  7. Das Gericht entschied, dass Vorschäden und Alter des Fahrzeugs den Nutzungswert nicht wesentlich einschränken.
  8. Der Kläger hat einen Anspruch auf Nutzungsausfall für 13 Tage, was einem Gesamtzahlungsanspruch von EUR 455,00 entspricht.

Unfallhergang und erste Konsequenzen

Am 18.08.2015 kam es zu einem Verkehrsunfall zwischen dem Fahrzeug des Klägers, einem Opel Vectra, und einem bei der Beklagten pflichtversicherten Fahrzeug. Der genaue Hergang des Unfalls wird im vorgelegten Text nicht detailliert beschrieben, jedoch ist zwischen den beteiligten Parteien unstreitig, dass die Beklagte vollumfänglich für die Unfallfolgen verantwortlich ist. Als Folge dieses Unfalls entstand dem Kläger ein Schaden, insbesondere in Form eines Nutzungsausfalls seines Fahrzeugs.

Streitpunkt: Höhe des Nutzungsausfalls

Das rechtliche Problem in diesem Fall dreht sich um den Anspruch des Klägers auf Zahlung von Nutzungsausfall für sein älteres Fahrzeug. Außergerichtlich hatte die Beklagte bereits einen Betrag in Höhe von EUR 1.193,94 an den Kläger gezahlt, wovon ein Teilbetrag von EUR 148,59 speziell für den Nutzungsausfall bzw. Vorhaltekosten bestimmt war. Der Kläger war jedoch der Ansicht, dass ihm ein höherer Betrag zusteht.

Gerichtliche Einschätzung und Entscheidung

Das Gericht musste in diesem Fall die Höhe des Nutzungsausfalls schätzen, wobei es sich auf die Nutzungsausfalltabelle nach Küppershaus/Sanden/Danner stützte. Laut dieser Tabelle sollte für das Fahrzeug des Klägers, welches grundsätzlich der Gruppe E zugeordnet wird, ein Nutzungsausfall nach der Gruppe C gezahlt werden. Dies liegt daran, dass das Fahrzeug des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls bereits 19 Jahre alt war, was eine Herabstufung um zwei Stufen in die Gruppe C rechtfertigte. Daraus resultierte ein Tagessatz von 35,00 EUR pro Tag.

Schlussfolgerungen und Auswirkungen des Urteils

Ein weiterer strittiger Punkt war, ob der Anspruch des Klägers sich nur auf die Vorhaltekosten beschränken sollte. Das klägerische Fahrzeug wies zum Unfallzeitpunkt nicht nur ein hohes Alter, sondern auch eine hohe Laufleistung und diverse Vorschäden auf. Trotz dieser Faktoren entschied das Gericht, dass allein aufgrund des Alters des Fahrzeugs keine weitere Reduzierung des Ersatzanspruchs notwendig sei. Die vorhandenen Vorschäden beeinträchtigten den Nutzungswert des Fahrzeugs nicht in dem Maße, dass eine weitere Reduzierung gerechtfertigt wäre.

Das Gericht entschied, dass der Kläger einen Anspruch auf Nutzungsausfall für insgesamt 13 Tage hat. Basierend auf dem festgelegten Tagessatz von EUR 35,00 ergab dies einen Gesamtzahlungsanspruch von EUR 455,00. Nach Abzug der bereits geleisteten Zahlungen verblieb ein Zahlungsanspruch in Höhe von EUR 306,41. Zudem wurde die Beklagte verurteilt, weitere EUR 54,14 nebst Zinsen an den Kläger zu zahlen, die sich aus außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren ergaben.

Das Gericht begründete seine Entscheidung hauptsächlich auf der Basis des Verkehrsrechts und der geltenden Nutzungsausfalltabellen. Es betonte, dass trotz des fortgeschrittenen Alters und der Vorschäden des Fahrzeugs, der Kläger einen berechtigten Anspruch auf Nutzungsausfall hat.

Abschließend zeigt dieses Urteil die Komplexität und die vielen Faktoren, die bei der Bewertung von Schadensersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall berücksichtigt werden müssen. Es unterstreicht die Bedeutung von Nutzungsausfalltabellen und die Notwendigkeit, den individuellen Umständen jedes Falles gerecht zu werden. Das Urteil könnte auch für zukünftige Fälle, in denen es um Nutzungsausfall bei älteren Fahrzeugen geht, richtungsweisend sein.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Wie wird die Höhe des Nutzungsausfalls gemäß § 287 ZPO geschätzt?

Die Höhe des Nutzungsausfalls wird gemäß § 287 ZPO durch das Gericht geschätzt. Dieser Prozess ist in erster Linie Sache des Tatrichters, der besonders frei gestellt ist. Die Schätzung kann auf der Grundlage verschiedener Listen oder Tabellen erfolgen, wie zum Beispiel dem „Schwacke-Mietpreisspiegel“ oder der sogenannten Fraunhofer-Liste. Es ist auch möglich, eine Schätzung nach dem arithmetischen Mittel beider Markterhebungen vorzunehmen.

Die Berechnung der Nutzungswerte kann auf Mietsätzen für Neufahrzeuge basieren, die ihrem Nutzer den Vorteil höherer Sicherheit und geringeren Kraftstoffverbrauchs bieten. Bei älteren Fahrzeugen kann eine Herabstufung um zwei Gruppen gerechtfertigt sein, was die Nutzungsausfallentschädigung beeinflusst. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Nutzungsausfallentschädigung bei älteren Fahrzeugen nicht einheitlich beurteilt wird. Einige Rechtsprechungen und Literatur lehnen eine pauschale, allein am Alter orientierte Herabstufung älterer Fahrzeuge ab.

Die Schätzung der Schadenshöhe kann nur vorgenommen werden, wenn keine Anknüpfungstatsachen zur Verfügung stehen. Die Gesetzesvorschrift § 287 ZPO erleichtert dem Geschädigten nicht nur die Beweisführung, sondern auch die Darlegungslast.

Es ist auch zu beachten, dass der geltend gemachte Nutzungsausfallschaden die ursprünglich geltend gemachten Mietwagenkosten nicht übersteigen sollte. Eine Erstattungsfähigkeit des Nutzungsausfallschadens in einer solchen Konstellation wäre auch vor dem Hintergrund der Schadensminderungspflicht bedenklich.

Zusammengefasst, die Höhe des Nutzungsausfalls wird durch das Gericht geschätzt und kann auf verschiedenen Faktoren basieren, einschließlich der Art des Fahrzeugs, seines Alters und der spezifischen Umstände des Falles.


Das vorliegende Urteil

Amtsgericht Solingen – Az.: 14 C 33/16 – Urteil vom 30.06.2016

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 306,41 und weitere EUR 54,14 jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.09.2015 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von EUR 306,41 gemäß §§ 7 StVG i.V.m. 115 VVG.

Zwischen dem Fahrzeug des Klägers, Opel Vectra, amtliches Kennzeichen    , und dem bei der Beklagten pflichtversicherten Fahrzeug, amtliches Kennzeichen      , ereignete sich am 18.08.2015 in            ein Verkehrsunfall.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte vollumfänglich für die Unfallfolgen einzustehen hat. Außergerichtlich zahlte die Beklagte an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 1.193,94, wovon ein Teilbetrag in Höhe von EUR 148,59 auf Nutzungsausfall bzw. auf Vorhaltekosten gezahlt wurde.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Nutzungsausfall. Die Höhe des Nutzungsausfalls ist durch das Gericht nach § 287 ZPO zu schätzen.

Das Gericht legt seiner Schätzung die Nutzungsausfalltabelle nach Küppershaus/Sanden/Danner zugrunde. Hiernach ist ein Nutzungsausfall nach der Gruppe C zu zahlen. Das Fahrzeug des Klägers ist grundsätzlich der Gruppe E zuzuordnen. Aufgrund des Fahrzeugalters von 19 Jahren ist eine Herabstufung um zwei Stufen in die Gruppe C vorzunehmen. Hiernach ist ein Tagessatz von 35,00 EUR pro Tag zu zahlen.

Der Anspruch beschränkt sich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht auf die Vorhaltekosten.

Vorliegend war das klägerische Fahrzeug im Unfallzeitpunkt zwar 19 Jahre alt und wies eine Laufleistung von 195.343 km auf. Im Weiteren wies das Fahrzeug auch Vorschäden auf und wurde durch den außergerichtlich beauftragten Sachverständigen als verbraucht beschrieben. Die von dem Sachverständigen beschriebenen Vorschäden bestehen in reparierten Vorschäden an der Motorhaube, an den Seitenwänden und an den Karosserieaußenwänden sowie in nicht reparierten Vorschäden in Gestalt von Korrosionen an den Seitenwänden links und rechts.

Allein aufgrund des Alters ist eine weitere als die mit der Gruppenherabstufung nach der Tabelle nach Küppershaus/Sanden/Danner erfolgte Reduzierung des Ersatzanspruchs nicht geboten oder angemessen. Denn allein aufgrund des fortgeschrittenen Alters kann eine Einschränkung des Nutzungswertes nicht angenommen werden. Eine Herabstufung erfolgt, um den technischen Fortschritt und den Komfort- und Sicherheitszuwachs auszugleichen. Auch ist vorliegend eine weitere Reduzierung nicht aufgrund der bestehenden Vorschäden anzunehmen. Denn bei den beschriebenen Vorschäden handelt es sich nicht um solche, die den Nutzungswert einschränken. Denn diese Vorschäden beeinträchtigen den Nutzungswert für den Fahrer nicht fühlbar wie bspw. eine undichte Frontscheibe und ein undichtes Verdeck, über die der BGH in seiner Entscheidung vom 20.10.1987 zu entscheiden hatte.

Die Dauer des Nutzungsausfalls von 13 Tagen ist zwischen den Parteien unstreitig. Ausgehend von einem Tagesssatz von EUR 35,00 besteht ein Gesamtzahlungsanspruch von EUR 455,00. Abzüglich der geleisteten EUR 148,59 verbleibt ein Zahlungsanspruch in Höhe von EUR 306,41.

Die Zinsentscheidung beruht auf Verzugsgesichtspunkten.

Der Kläger hat gegen die Beklagte im Weiteren einen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren.

Ausgehend von einem Gesamtstreitwert bis EUR 2.000,00 fallen bei Berechnung einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 255,85 an. Abzüglich der bereits gezahlten EUR 201,71 verbleibt ein Anspruch in Höhe von EUR 54,14.

Die Zinsentscheidung beruht auf Verzugsgesichtspunkten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 7

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