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Wer seinen Autoschlüssel in Nähe seines PKWs verliert, haftet unter Umständen wenn dieser geklaut wird.


Im vorliegenden Fall musste das zuständige Landgericht Kleve über die (Mit-)Haftung der Eigentümerin für einen Schaden entscheiden, der an Ihrem PKW entstanden war, nachdem ein neun-jähriger Junge den Schlüssel für dieses Fahrzeug gefunden hatte, es in Betrieb setzte und einen Schaden an dem Kraftfahrzeug verursachte. Die Eigentümerin hatte den Schlüssel zwischen dem Parkplatz und ihrer Wohnung verloren und nicht wiedergefunden. Mit Hilfe der Funk-Türöffnung des Schlüssels, konnte der neun-jährige Junge das zum Schlüssel gehörende Fahrzeug ausfindig machen. Das Gericht entschied, dass es der Fahrzeughalterin zumutbar gewesen wäre, das Auto vor Diebstahl zu schützen, indem sie es vom Verlustort des Schlüssels weit entfernt hätte, oder eine Lenkradsperre oder andere Diebstahlsicherungen eingebaut hätte. Zieht ein Fahrzeughalter in einem solchen Fall diese zumutbaren Maßnahmen nicht in Betracht, kann die Versicherung ihre Leistung kürzen oder sogar verweigern.


LG Kleve

Urteil vom 13.01.2011

Az.: 6 S 79/10


Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.05.2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts Kleve wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Erstattung von Reparaturkosten aus einer Kraftfahrzeugversicherung.

Die Klägerin ist Halterin des Pkw mit amtlichen Kennzeichen , welches an die C GmbH sicherungsübereignet ist. Für das Fahrzeug besteht bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 500,00 € bei einem Vollkaskoschaden und einer Selbstbeteiligung von 150,00 € bei einem Teilkaskoschaden. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorläufige Versicherungszusage (Blatt 6, 7 GA) und die Versicherungsbedingungen der Beklagten (Blatt 57 – 72 GA) Bezug genommen.

Am Abend des 22.10.2009 verlor die Klägerin einen Fahrzeugschlüssel für den Pkw, nachdem sie den Pkw gegen 21.00 Uhr auf dem zu ihrer Wohnung gehörenden Stellplatz vor dem Haus S-Straße in V abgestellt hatte. Die Klägerin stellte den Verlust am 23.10.2009, einem Freitag, gegen 12.00 Uhr fest. Erfolglos erkundigte sie sich nach dem Schlüssel bei ihren Nachbarn, bei der Polizei, die die Klägerin an das Fundbüro verwies, und beim Fundbüro, welches am Freitagnachmittag nicht mehr besetzt war. Am 24.10.2009 führ sie gegen 9.30 Uhr mit einem Ersatzschlüssel zur Arbeit. Am 25.10.2009 kehrte sie gegen 14.30 Uhr von der Arbeit zurück und stellte den Pkw wieder auf dem Stellplatz vor ihrer Wohnung ab. Gegen 17.00 Uhr stellte sie fest, dass der Pkw entwendet worden war. Ein 9 Jahre alter Junge hatte den verlorenen Fahrzeugschlüssel gefunden, den Wagen durch Drücken auf den Funkknopf des Schlüssels ausfindig gemacht und den Wagen entwendet.

Während der Fahrt des Jungen mit dem entwendeten Pkw kam es zu einem Unfall, bei dem der Pkw an der linken Seite beschädigt. Der Schaden beläuft sich nach einem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Kfz-Sachverständigen x vom 06.11.2009 (Blatt 39 – 47 GA) auf 1.505,34 € ohne Mehrwertsteuer.

Mit Schreiben vom 05.01.2010 (Blatt 8 GA) lehnte die Beklagte eine Regulierung des Schadens wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls gemäß § 81 VVG ab. Die Klägerin ließ die Beklagte hierauf mit Schreiben vom 08.02.2010 (Blatt 9 – 11 GA) zur Erklärung ihrer Einstandspflicht auffordern. Die Beklagte verblieb mit Faxschreiben vom 08.02.2010 (Blatt 14 GA) bei ihrer Ablehnung.

Die Klägerin hat die Zahlung von 1.005,34 € zum Ausgleich des Kaskoschadens an sich, hilfsweise an die C GmbH verlangt.

Sie hat behauptet, dass eine Umcodierung des Schlüssels oder ein Austausch der Fahrzeugschlösser vor Montag, dem 26.10.2009 nicht möglich gewesen sei, entsprechende Fachbetriebe gar nicht erreichbar gewesen seien. Der verlorene Fahrzeugschlüssel habe keinen Hinweis auf das dazu gehörende Auto aufgewiesen. Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie den Schadensfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt habe. Selbst wenn davon ausgegangen werde, sei allenfalls ein quotaler Abzug von 25 % vorzunehmen. Sie könne auch die Zahlung an sich beanspruchen, weil sie – was unstreitig ist – nach dem Darlehensvertrag verpflichtet sei, die erforderlichen Reparaturarbeiten am Pkw durchzuführen.

Die Beklagte hat behauptet, dass die Klägerin jegliche geeignete Sicherungsmaßnahmen unterlassen habe. Es sei sowohl am Freitagnachmittag als auch am Samstag möglich gewesen, Autohäuser zu erreichen, die den Schlüssel hätten umcodieren oder die Schlösser hätten austauschen können. Im Umkreis von unter 20 Kilometern von der Wohnanschrift der Klägerin gebe es 5 -Händler, bei denen dies am Freitagnachmittag oder Samstag möglich gewesen wäre. Dem Kind sei die Zuordnung des Schlüssels zum Auto spielend leicht gelungen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass ihre Eintrittspflicht um 100 % zu kürzen sei, weil die Klägerin den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe. Aufgrund der Sicherungsübereignung könne eine Zahlung zudem nur an die C GmbH verlangt werden.

Mit am 25.05.2010 verkündetem Urteil hat das Amtsgericht Kleve die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der grundsätzlich gegebene Leistungsanspruch der Klägerin an § 81 Abs. 2 VVG scheitere, weil die Beklagte danach berechtigt sei, ihre Leistung auf 0 zu kürzen. Die Klägerin habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt. Die Klägerin habe den Schlüssel zwischen dem zu ihrer Wohnung gehörigen Stellplatz und ihrer Wohnung verloren und eine Zuordnung des Schlüssels zu ihrem Pkw sei auch ohne Hinweis auf ihren Pkw am Schlüssel möglich gewesen. Dies sei für die Klägerin offensichtlich gewesen, weil es sich für einen Finder aufdränge, zunächst zu testen, ob der Schlüssel zu einem in der Nähe befindlichen Fahrzeug passe. Die Klägerin habe aufgrund der feststehenden direkten Nähe des Ortes, wo der Schlüssels verloren worden sei, zum Auto nicht damit rechnen dürfen, dass der Pkw bei einem Auffinden des Schlüssels nicht ausfindig gemacht werden könne. Sie sei hiernach verpflichtet gewesen, den Pkw vor einem Diebstahl zu schützen, zumal sie den Verlust des Schlüssels bereits am nächsten Mittag bemerkt habe. Die Klägerin habe lediglich nach dem Schlüssel gesucht, welches jedoch nicht ausreichend gewesen und ungeeignet zum Schutz vor einem Diebstahl gewesen sei. Sie habe nach der erfolglosen Suche davon ausgehen müssen, dass der Schlüssel gefunden worden sei. Es könne dahinstehen, ob es am Freitag und Samstag möglich gewesen wäre, die Schlösser des Pkw auszutauschen oder den Schlüssel umzucodieren. Naheliegend wäre es gewesen, den Pkw beispielsweise bei einem Peugeot-Händler, bei Bekannten oder weit entfernt von der Wohnung abzustellen. Der Klägerin hätten aufgrund des vorhandenen Zweitschlüssels genügend einfache und geeignete Maßnahmen zum Schutz vor einem Diebstahl zur Verfügung gestanden. Sie habe jedoch keinen in diese Richtung gehenden Versuch unternommen, weshalb eine Minderung zur Leistung durch die Beklagte zu 100 % gerechtfertigt sei. Eine Reduzierung der Leistung um 100 % sei im Rahmen des § 81 Abs. 2 VVG nicht ausgeschlossen, auch wenn § 81 Abs. 1 VVG eine Leistungsfreiheit des Versicherers nur bei Vorsatz vorsehe. Es sei streitig, nach welchen Maßstäben die Quote nach § 81 Abs. 2 VVG zu bilden sei. Das Gericht schließe sich der Auffassung an, nach der die Bemessung der Quote nach den besonderen Umständen des Einzelfalles ohne starre Vorgaben vorzunehmen sei. Hiernach sei auch eine Minderung von 100 % möglich und aufgrund der Schwere des Verstoßes der Klägerin, die zum Schutze des Wagens gar nichts unternommen habe, auch angemessen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Die Klägerin behauptet, dass sie nicht die Möglichkeit gehabt habe, den Pkw bei Bekannten unterzustellen. Sie sei erst kurz vor der Entwendung des Pkw nach V gezogen und nicht über entsprechende Bekanntschaften verfügt. Der zu ihrer Wohnung nächstgelegene -Händler befinde sich in 8 km Entfernung und sie sei auf ihren Pkw angewiesen gewesen, um zu ihrer Arbeitsstelle und zurück zu gelangen. Sie ist der Auffassung, dass es ihr nicht zumutbar gewesen sei, ihren Pkw dort oder bei einem anderen Peugeot-Händler unterzustellen. Auch das Argument, sie habe den Pkw weit von ihrer Wohnung entfernt abstellen können, überzeuge nicht, weil der Pkw auch dann beim Auffinden des Schlüssels habe ausfindig gemacht werden können. Sie habe nicht grob fahrlässig gehandelt und selbst wenn, sei eine Kürzung der Leistung um 100 % nicht gerechtfertigt. Denn nach dem Gesetzestext komme eine solche Kürzung nur bei einem vorsätzlichen Handeln in Betracht.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie bestreitet die Unmöglichkeit eines Unterstellens des Pkw bei Bekannten oder einem Peugeot-Händler mit Nichtwissen und ist der Auffassung, dass das Unterstellen bei einem Peugeot-Händler auch nicht unzumutbar gewesen sei. Die Klägerin habe sich auch einige Tage lang mit einem Miet- bzw. Werkstattwagen von Peugeot, öffentlichen Verkehrsmitteln oder notfalls einem Taxi bewegen können. Außerdem habe die Klägerin ohne Weiteres den Schadensservice der Beklagten anrufen und um Rat fragen können.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag keinen Anspruch auf Zahlung von 1.005,34 € wegen des Schadens, der im Zusammenhang mit der zwischenzeitlichen Entwendung des Pkw am 25.10.2009 entstanden ist.

a.

Das Amtsgericht ist zurecht davon ausgegangen, dass die Beklagte berechtigt ist, ihre Leistung gemäß § 81 Abs. 2 VVG in einem der Schwere des Verschuldens der Klägerin entsprechenden Verhältnis zu kürzen, weil die Klägerin den Schadensfall grob fahrlässig herbeigeführt hat.

Die Anwendung des § 81 Abs. 2 VVG ist nicht gemäß § 12 (4) S. 1 der Allgemeinen Bedingungen zum Versicherungsvertrag ausgeschlossen, weil der Verzicht auf den Einwand der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls nach § 12 (4) S. 2 der Allgemeinen Bedingungen nicht für die grob fahrlässige Ermöglichung der Entwendung des Fahrzeugs gilt.

Die Klägerin wusste ab Freitagmittag gegen 12.00 Uhr, dass sie ihren Fahrzeugschlüssel mit Funksensor nach dem Abstellen des Fahrzeugs zwischen dem Stellplatz vor der Wohnung und der Wohnung verloren hat. Nachdem sie den Schlüssel beim Suchen nicht gefunden hatte und auch die Erkundigungen bei ihren Nachbarn und der Polizei erfolglos geblieben sowie das Fundbüro nicht erreichbar war, musste sie die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der Schlüssel von jemand anderem gefunden worden war oder gefunden würde sowie der Pkw mittels des am Schlüssel befindlichen Funksensors ausfindig gemacht werden und entwendet werden könnte. Sie war hiernach grundsätzlich verpflichtet, zumutbare Maßnahmen zu ergreifen oder zu versuchen, um den Pkw vor einer Entwendung zu schützen. Dies hat die Klägerin nicht getan und es nicht einmal ersichtlich, dass sie überhaupt versucht hat, in Betracht kommende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Unabhängig davon, ob es nicht möglich gewesen wäre, noch am Freitagnachmittag oder Samstagmorgen vor der Arbeit den Schlüssel bei einem Peugeot-Autohaus umzucodieren oder die Schlösser auszutauschen, ist zumindest davon auszugehen, dass die Klägerin ihren Pkw bei einem Autohaus hätte unterstellen können und bis zur Umcodierung des Schlüssels oder zum Schlösseraustausch sich mit einem Mietwagen des Autohauses oder auf andere Weise, wie z.B. mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder einem Mietwagen eines anderen Anbieters oder einem Taxi hätte fortbewegen können. Dies wäre der Klägerin angesichts des Diebstahlrisikos und des für sie erkennbar wahrscheinlich in unmittelbarer Nähe zum Pkw-Stellplatz gelegenen Verlustortes auch zumutbar gewesen. Sie legt keine konkreten Umstände dar, aufgrund derer die Zumutbarkeit der vorgenannten Maßnahmen abzulehnen wäre. Die Entfernung von 8 Kilometern zwischen ihrer Wohnung und dem nächsten Autohaus genügt hierfür nicht, zumal auch ein Autohaus in der Nähe der Arbeitsstelle in Betracht gekommen wäre. Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass der Schlüssel beim Fundbüro abgegeben worden ist oder noch werden würde. Die Klägerin legt nicht einmal dar, dass sie überhaupt versucht hätte, mit einem -Autohaus, sei es in der Nähe ihrer Wohnung oder in der Nähe ihres Arbeitsplatzes Kontakt aufzunehmen, um die diesbezüglichen Möglichkeiten in Erfahrung zu bringen. Zumindest dies wäre noch telefonisch am Freitagnachmittag möglich gewesen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass es ihr nicht möglich gewesen wäre, den Pkw vor der Fahrt zur Arbeit oder vor Arbeitsbeginn bei einem Autohaus abzugeben, um von dort weiter zu fahren, insbesondere zur Arbeitsstelle und zurück zur Wohnung. In diesem Zusammenhang legt die Klägerin auch nicht konkret und nachvollziehbar dar, dass sie zum Erreichen der Arbeitsstelle überhaupt auf einen Pkw angewiesen war, insbesondere wo sich ihre Arbeitsstelle befindet.

Ferner hat das Amtsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass die Klägerin in dem Fall, dass ein Unterstellen bei einem Autohaus vor dem Wochenende nicht mehr möglich gewesen wäre, den Pkw weiter entfernt von dem Stellplatz vor der Wohnung hätte abstellen müssen. Auch wenn dies ein Ausfindig machen des Pkws mittels Funksensor des Schlüssels nicht unmöglich gemacht hätte, wäre die Wahrscheinlichkeit gegenüber einem Abstellen auf dem Stellplatz in unmittelbarer Nähe zum wahrscheinlichen Ort des Verlustes des Pkws deutlich herabgesetzt gewesen. Insofern wäre es zur Reduzierung des Diebstahlrisikos auch nicht unzumutbar gewesen, den Pkw in nicht fußläufiger Entfernung abzustellen, um von dort mit anderen Verkehrsmitteln zur Wohnung zurückfahren.

Letztlich hätte die Klägerin alternativ andere Sicherungsmaßnahmen wie z.B. eine manuelle Lenkradsperre oder ähnliches in Betracht ziehen können und müssen. Auch insofern ist nicht erkennbar, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen wäre, sich eine solche Lenkradsperre noch spätestens am Samstagmorgen in einem Autobedarf zu besorgen.

In der Gesamtschau ist hiernach ein besonders schwerer Sorgfaltspflichtverstoß der Klägerin zu bejahen. Sie hat trotz der offensichtlichen Diebstahlgefahr keine der in Betracht kommenden und zumutbaren Maßnahmen zum Schutz des Fahrzeuges vor einem Diebstahl ergriffen, nachdem die Suche nach dem Schlüssel erfolglos geblieben war.

b.

Das Verschulden der Klägerin wiegt auch so schwer, dass die Beklagte berechtigt ist, die Leistung auf null zu kürzen.

Aus dem Umstand, dass § 81 VVG eine Leistungsfreiheit bei Vorsatz (Abs. 1) und eine Kürzung entsprechend der Schwere des Verschuldens bei grober Fahrlässigkeit (Abs. 2) vorsieht, folgt nicht, dass bei einer Quotelung nach § 81 Abs. 2 VVG eine Kürzung auf null ausscheidet. Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur wird – zumindest ganz herrschend – davon ausgegangen, dass im Rahmen des § 81 Abs. 2 VVG auch eine Kürzung auf null grundsätzlich möglich ist (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 15.09.2010, Az. 7 U 466/10 mit weiteren Nachweisen zu Rechtsprechung und Literatur; LG Tübingen, Urteil vom 26.04.2010, Az. 4 O 326/09; LG Münster, Urteil vom 24.09.2009, Az. 15 O 275/09; Voit in Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage, § 81, R. 27) Dieser Auffassung folgt die Kammer, weil sich anderes weder aus dem Wortlaut, noch aus der Systematik oder dem Sinn und Zweck der Regelung ergibt.

Das Amtsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass es keine starren Vorgaben für die Bildung der Quote gibt, sondern diese nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu bemessen ist (vgl. OLG Dresden, a.a.O.; LG Münster, a.a.O.).

Vorliegend ist der Grad des Verschuldens so schwer, dass eine Kürzung auf null gerechtfertigt ist, weil die Klägerin nach ihrem eigenem Vorbringen über die Suche nach dem Schlüssel hinaus nicht einmal versucht hat, in Betracht kommende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Es sind keine Umstände ersichtlich, nach denen ihr Verschulden objektiv oder subjektiv geringer erschiene. Soweit sie sich auf die Unzumutbarkeit einzelner Maßnahmen beruft, handelt es sich um bloße Unannehmlichkeiten, die den Sorgfaltsverstoß und dessen persönliche Vorwerfbarkeit nicht geringer erscheinen lassen.

2.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Auch im Hinblick darauf, dass der Bundesgerichtshof bislang nicht ersichtlich konkret über die Frage entschieden hat, ob eine Kürzung auf null bei grober Fahrlässigkeit gemäß § 81 Abs. 2 VVG grundsätzlich ausscheidet oder möglich ist, erscheint eine Zulassung der Revision weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Denn die Möglichkeit der Kürzung auf null ist nahezu einhellige Auffassung und deckt sich damit, dass auch sonst in anderen Rechtsbereichen ein grob fahrlässiges Verhalten dazu führen kann, dass eine Leistungspflicht oder Haftung des anderen Teils gänzlich zurücktritt.

Streitwert: 1.005,34 €

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