AG Bremen, Az.: 9 C 275/14, Urteil vom 23.04.2015
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.433,56 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 201,71 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 70 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 30 %.
4. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten (wegen der Kosten) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweils vollstreckende Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger macht Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall geltend.
Am 20.09.2013 verunfallte gegen 06:30 Uhr der vom Kläger geführte PKW, amtliches Kennzeichen DH…, mit der seinerzeit bei der Beklagten zu 1. betriebshaftpflichtversicherten Zugmaschine Unimog 1400. Der Unfall ereignete sich in der Straße „A…“ im Bereich des Tores 4 der Firma K….
Als der Kläger stadteinwärts fuhr, kreuzte der vom Beklagten zu 2. seinerzeit auf Schienen geführte Unimog unter Begleitung der Zeugen P… und W… die zweispurige Straße aus Perspektive des Klägers von rechts und aus einem umzäunten Betriebsgelände kommend. Auf die mit Lichtbild Bl. 70 d.A. (S. 2 des Schriftsatzes des Beklagten zu 2. vom 17.11.2014) dokumentierte Unfallörtlichkeit wird ergänzend Bezug genommen. Der Schienenstrang der Anschlussbahn quert die öffentliche Straße im Hafenbereich. Die in die Straße eingelassenen Schienen werden in beide Fahrtrichtungen vorab durch ein sogenanntes Andreaskreuz (ohne Lichtzeichenanlage) beschildert; eine Bahnschranke ist im Bereich des Bahnübergangs nicht vorhanden. Zur Zeit des Unfalls befand sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite, aus Sicht des Klägers hinter den Schienen, der Zeuge N. in seinem LKW.
Infolge des Unfalls entstand am Klägerfahrzeug ein Reparaturschaden in Höhe von 4.010,67 € netto. Für die Erstellung des Schadensgutachtens N… vom 04.10.2013 wendete der Kläger 742,86 € auf.
Mit Anwaltsschreiben vom 23.01.2014 forderte der Kläger die Beklagten ergebnislos zur Schadensersatzzahlung auf.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagten den Reparaturschaden zzgl. der Gutachterkosten und einer Unfallpauschale in Höhe von 25 € vollumfänglich zu erstatten hätten. Er trägt vor, dass auf seiner Fahrspur kein ihm zugewandtes Signallicht gestanden habe. Auf der anderen Straßenseite habe vor dem LKW eine rote Lampe gestanden; ein Mann habe vor dem LKW „komische“ Bewegungen gemacht. Als der Kläger mit ca. 20-30 km/h weiterfuhr, sei auf Höhe des Mannes der Unimog von rechts in das Klägerfahrzeug hinein gefahren.
Der Kläger beantragt,
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger € 4.778,53 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 492,54 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen jeweils, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1. trägt vor, dass sie als Betriebsversicherer der K… nicht passivlegitimiert sei, weil der Unimog für den öffentlichen Straßenverkehr nicht zugelassen wäre. Insofern bestünde kein Direktanspruch. Die F… habe der Firma K… für das Rangieren im Kreuzungsbereich eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Der Beklagte zu 2. sei als Mitarbeiter der Firma N…, welche im Auftrag der Firma K… die Transportarbeiten ausführe, zur Steuerung des Unimog befähigt gewesen. Die Beklagten sind der Ansicht, dass der Kläger gemäß § 19 StVO für das Unfallereignis allein verantwortlich sei, da er vor dem Andreaskreuz entgegen der Signale der Absperrposten und optischer und akustischer Warnzeichen nicht angehalten, sondern ein auf der Straße aufgestelltes Warnlicht bewusst umfahren habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen P…, W… und N…; auf den Inhalt der Terminsprotokolle vom 08.01. und 23.03.2015 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg. Es besteht in tenorierter Höhe ein Schadensersatzanspruch (§§ 1I, 4,13 III,12 HaftPflG, 18, 17 StVG; 823 I, 249, 254 BGB, 115 VVG, 1 PflVG i.V.m. §§ 11 EBO, 19 StVO i.V.m. § 16 II Brem.AnschlBVO). Die Beklagten schulden Erstattung des unfallbedingten Sachschadens des Klägers unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 30 %.
Die Passivlegitimation der Beklagten zu 1. ist mangels näheren Vortrags – insbesondere zu den Versicherungsbedingungen und dem Inhalt der Ausnahmegenehmigung – zu unterstellen (wohl a.A.: BGH MDR 2010,1323 für anderen Sachverhalt). Die Beklagte zu 1. haftet – obgleich bloße Betriebshaftpflichtversicherung (§ 102 VVG) – im Außenverhältnis ausnahmsweise wie ein Haftpflichtversicherer direkt:
Ein Betriebsunfall i.S. des § 1 HaftPflG liegt vor, wenn ein unmittelbarer äußerer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung der Bahn besteht oder wenn der Unfall durch eine dem Bahnbetrieb eigentümliche Gefahr verursacht worden ist (vgl. BGH VersR 1957,112). Beide Umstände liegen hier vor. Der Unfall hat sich im Zusammenhang mit den typischen Gefahren beim Betrieb der versicherten Zugmaschine ereignet. Aufgrund der erteilten Ausnahmegenehmigung stellt sich der öffentliche Straßenraum des Kreuzungsbereichs während der Rangierarbeiten als erweiterter Betriebsraum der Firma K… dar; die Teilnahme am allgemeinen Verkehr steht unter Versicherungsschutz, wenn sie der Erledigung einer betrieblichen Angelegenheit dient (BGHZ 41, 327). Dass der Beklagte zu 2. kein Mitarbeiter der Versicherungsnehmerin war, ist unerheblich (Prölls/Martin, 29. A., § 102 VVG, Rn. 14). Da die für den öffentlichen Verkehr nicht zugelassene Zugmaschine zum Zwecke der Betriebsausübung im öffentlichen Raum bestimmungsgemäß benutzt wurde, muss sich der betriebliche Versicherungsschutz erst recht auf etwaige Unfälle im öffentlichen Raum erstrecken. Andernfalls bestünde eine Schutzlücke, weil Beschädigungen infolge von Rangierarbeiten zwischen den einzelnen, von öffentlichen Straßen zerschnittenen Werksbereichen nicht umfassend versichert wären.
Insofern ist die Beklagte zu 1. als Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht anzusehen (§ 115 VVG). § 1 PflVG kann nach seinem Sinn und Zweck auch schienengebundene Kraftfahrzeuge erfassen und stellt maßgeblich darauf ab, ob das Kraftfahrzeug (auch) auf öffentlichen Wegen eingesetzt wird. Dies ist vorliegend der Fall, weil der Unimog regelmäßig zum Rangieren das Betriebsgelände verlassen und über eine öffentliche Straße fahren muss. Zumindest aufgrund der nach Behauptung der Beklagten zu 1. erteilten Ausnahmegenehmigung ist der Unimog daher als „Kraftfahrzeug“ im Sinne des § 1 PflVG zu bewerten. Die Beklagte zu 1. muss insofern – für den Betrieb des versicherten Unimogs im öffentlichen Kreuzungsbereich – wie eine Kfz-Pflichtversicherung einstehen. Schließlich werden in § 2 I Nr. 6 PflVG Schienenfahrzeuge nicht erwähnt. Auch ein schienengebundenes Fahrzeug ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein Kraftfahrzeug, sofern es durch eigene Motorkraft bewegt wird. Aus den genannten Gründen kann auf die abweichende Definition des Kraftfahrzeugs in § 2 Ziff. 1 FZV und § 1 II StVG ausnahmsweise nicht abgestellt werden. Schließlich wird in § 1 PflVG auf die – zulassungsspezifische – Definition des Kraftfahrzeugs gemäß § 2 Ziff. 1 FZV gerade nicht Bezug genommen. Auch § 1 II StVG definiert das Kraftfahrzeug nur „im Sinne dieses Gesetzes“, also hinsichtlich der Vorschriften des StVG. Hieraus folgt nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht zwangsläufig eine Legaldefinition für das „Kraftfahrzeug“ im Sinne des Pflichtversicherungsgesetzes. Im Übrigen ist ein Unimog 1400 grundsätzlich ein klassisches Straßenfahrzeug, dass erst nach Umrüstung – auch – als Schienenfahrzeug einsetzbar ist. Der Beklagte zu 2. erläutert im Schriftsatz vom 11.09.2014 (Bl. 38), dass der Unimog ein „Zweiwegefahrzeug“ sei. Es ist also davon auszugehen, dass der streitgegenständliche Unimog auch auf Straßen und nicht nur schienengebunden fahren kann und also nicht „dauerhaft“ spurgeführt im Sinne des § 2 Nr. 1 FZV ist.
Die Ausnahmegenehmigung wurde von Seiten der Beklagten zu 1. nicht vorgelegt; Vortrag zu einem etwaigen Haftpflichtversicherer unterblieb. Insofern ist davon auszugehen, dass der für den öffentlichen Verkehr nicht zugelassene Unimog – obgleich bestimmungsgemäß auch im öffentlichen Raum eingesetzt – seinerzeit nicht bei einer anderen Versicherung haftpflichtversichert war. Halter von Eisenbahnfahrzeugen unterliegen grundsätzlich einer besonderen Versicherungspflicht (vgl. § 1 IV EBHaftPflV). Denn der Betrieb einer Eisenbahn ist per se besonders gefährlich, weshalb zumindest bei hinreichendem Öffentlichkeitsbezug die Versicherung von Schäden infolge des Betriebs des Schienenfahrzeugs sicherzustellen ist. Insofern haftet die Beklagte zu 1. dem Kläger aus den o.g. Gründen unmittelbar.
Im Übrigen dürfte die Beklagte zu 1. jedenfalls indirekt haften, da sie die Firma K… bzw. den für diese tätig gewordenen Beklagten zu 2. von den begründeten Schadensersatzforderungen des Klägers freizustellen hätte.
Die Passivlegitimation des Beklagten folgt aus seiner Fahrzeugführereigenschaft und jedenfalls aus § 823 BGB i.V.m. § 34 Brem.AnschlBVO.
Das vorliegende Unfallereignis ist durch gekennzeichnet, dass ein Schienenfahrzeug mit dem klägerischen PKW auf einer öffentlichen Straße, die von Eisenbahnschienen gekreuzt wird, verunfallte. Der Schienenbereich ist für den Straßenverkehr ausweislich Bl. 70 d.A. jedoch nicht gut einsehbar gewesen (vgl. § 11 XII EBO). Vorliegend ist der Unimog nämlich von einem privaten Betriebsgelände aus durch ein geöffnetes Tor quer über die Straße gefahren. Aus der Perspektive des Klägers wurde das Sichtfeld rechtsseitig durch den Zaun des Betriebsgeländes eingeschränkt. Die Zugmaschine war für den PKW-Verkehr auf der zweispurigen Straße grundsätzlich erst im letzten Moment sichtbar. Insofern ist die Unfallstelle einem frei einsehbaren unbeschrankten Bahnübergang (im ländlichen Raum) nicht vergleichbar. Außerdem kreuzen an der Unfallstelle nur bei Bedarf Züge unregelmäßig die Fahrbahn. Anders als an herkömmlichen Bahnübergängen muss der Autofahrer also nicht damit rechnen, dass planmäßiger Zugverkehr jederzeit die Straße kreuzen könnte. Wertungsmäßig kann die Fahrt des Zuges als eine Art Ausparken des Unimogs aus dem schwer einsehbaren Betriebsgelände betrachtet werden. Dass dieser Akt besonders gefahrenträchtig ist, liegt auf der Hand.
Nach Ansicht des erkennenden Gerichts hätte eine optimale Absicherung der das Betriebsgelände verlassenden Zugmaschine das Vorhandensein von zwei Warnposten, welche die Straße vorab in beide Richtungen mit Warnlampen zu sichern hätten, erfordert. Vergleichbar einem am Andreaskreuz montierten Lichtzeichen bzw. einer herunter gefahrenen Schranke, hätten sich die Posten vor der Ausfahrt des Zuges jeweils auf oder zumindest neben die beiden Fahrspuren stellen müssen, um etwaigen PKW-Verkehr frontal entgegen zu leuchten (vgl. §§ 19II Nr. 2, 4 StVO, 11 VI, XI EBO). Warnsignale des Unimogs konnten vorliegend bereits wegen fehlender Signaltafeln (§ 11 XVIII EBO) nicht ausreichend sein.
Ein PKW-Fahrer, der ein derartig klares Warnsignal ignorierte, würde grob fahrlässig handeln (vgl. OLG Thüringen, VRS 119, 346). Wegen der stark erhöhte Betriebsgefahr des Schienenfahrzeugs würde ein grob fahrlässiges Handeln des Unfallgegners aber nicht zwangsläufig zu einem Haftungsausschluss führen, sofern der streitgegenständliche Bahnübergang nicht durch Schranken oder fest installierte Lichtzeichenanlagen gesichert war; entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls (vgl. OLG München, SVR 2006, 267: 60 zu 40; OLG Koblenz, NZV 2002, 184 für Missachtung eines roten Blinklichts).
Somit kann aus der Beschilderung der Unfallstelle mit einem Andreaskreuz bzw. dem Vorfahrtsrecht des Zugverkehrs (§ 19 I Nr. 1, 3 StVO) nicht automatisch eine hundertprozentige Unfallverursachung des Klägers abgeleitet werden.
Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht hinreichend überzeugt, dass unmittelbar vor dem Unfallereignis ein Warnposten in Richtung des Klägerfahrzeugs ein optisches Warnsignal aussendete, bzw. dass ein Warnzeichen auf der Spur des Klägers bereits aufgestellt war (§ 286 ZPO):
Zum einen ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Kläger ein eindeutig gesetztes Haltesignal vorsätzlich missachtet haben sollte. Dass der Kläger bewusst eine (lebensgefährliche) Kollision mit dem Schienenfahrzeug in Kauf nehmen wollte, erscheint fernliegend.
Entscheidend ist, dass der neutrale Zeuge N. (wartender LKW-Fahrer) sich an einen zweiten Warnposten, der auch die gegenüberliegende Straßenspur – also mit dem Rücken zum Zeugen – abgesichert hätte, nicht zu erinnern vermochte. „Mit Lampe habe ich, glaube ich, nur einen gesehen…Ob auf der anderen Straßenseite Warnlichter aufgestellt waren, das weiß ich nicht…Der Mann mit der Lampe orientierte sich in Richtung zu meinem LKW“.
Der Zeuge N. sagte weiter aus, dass der Posten mit der Lampe vor dem Zug und also vom Betriebsgelände aus quer über die Straße gegangen sei: „Vor der Lok lief jemand mit der Laterne. Der kam mit der Lok aus dem Gelände und ist auf den Schienen über die Straße gelaufen, auf die andere Straßenseite, und hat mit dem Licht hin- und hergeschwenkt“.
Dass sich auf beiden Straßenspuren Blinklichter befanden, konnte der Zeuge N. nicht bestätigen.
Somit wurde die Unfallstelle seitens des Betriebsunternehmers der Schienenbahn vorab nicht optimal gesichert.
Die Aussage des Zeugen N… wird durch die Aussagen der im Lager des Beklagten zu 2. stehenden bzw. in das Unfallereignis involvierten Zeugen P… und W… (Zugbegleiter) nicht entkräftet:
Der Zeuge P… räumte ein, dass sich vor dem Unfall nur ein Warnposten auf der Straße befunden habe: „An dem Tag habe ich die Straße übernommen und Herr W… hat die Weichen gemacht“. Er sagte weiter aus: „Wir haben zwei Blinkleuchten, wo wir jeweils rechts und links die Straße absperren…Wenn man aus dem Gelände rauskommt, auf rechten Seite, da standen Lkws. Da bin ich erstmal hin. Da habe ich dann die Leuchte abgestellt.“
Die weitere Aussage des Zeugen, dass er die zweite Leuchte genommen und auf der gegenüberliegenden Spur abgestellt und erst dann das Freisignal für den Beklagten zu 2. (Lokführer) gegeben habe, erachtet das Gericht jedoch nicht für uneingeschränkt glaubhaft.
Denn der Zeuge schilderte ein ungewöhnliches Fahrmanöver des Klägers, der sein Fahrzeug „auf den Gehweg“ gesteuert haben soll, um das aufgestellten Blinklicht zu umfahren. Der Unfall habe sich „auf Gehweghöhe“ ereignet. Der PKW soll im Unfallzeitpunkt „halb auf der Straße und halb auf dem Gehweg“, die Leuchte „ca. 20, 30 Meter vorher“ gestanden haben.
Warum sich der Kläger durch bewusstes Umfahren eines Warnzeichens in akute Gefahr gebracht haben soll, ist wenig plausibel. Der Zeuge meint, dass der PKW „langsam“ gefahren sei. Wenn die Lampe 20-30 Meter von der Unfallstelle entfernt gestanden hätte, hätte sich der PKW nach Umfahren des Lichtzeichens jedoch bereits wieder auf der Straße befunden; ein Grund ca. 20 Meter weiter auf dem Gehweg zu fahren ist nicht ersichtlich. Im Übrigen widerspricht die Aussage des Zeugen dem Vortrag der Beklagten zu 1. mit Schriftsatz vom 10.11.2014, Seite 2 (Bl. 68). Demnach soll das Fahrzeug die Warnlampe nicht umfahren haben; vielmehr soll der mit der Lampe sich nähernde Zeuge im letzten Moment vor dem Klägerfahrzeug zur Seite gewichen sein.
Der Zeuge N… konnte das Abstellen der 2. Lampe auf der gegenüberliegenden Fahrbahn nicht bestätigen. Insbesondere konnte er das behauptete Fahrmanöver des Klägers nicht bestätigen, obgleich dieses sich der Erinnerung hätte einprägen müssen: „Ich habe nur die beiden Lichter gesehen vom Pkw und dann gehört, dass es geknallt hat“. Auf der Unfallhergangsskizze der Polizei, Regis-Nr. …, ist der klägerische PKW in gerader Ausrichtung auf der Fahrspur – und nicht halb schräg auf Gehweg und Fahrspur – eingezeichnet worden. Der Zeuge W… glaubte sich zu erinnern, dass der PKW nach dem Unfall schräg auf der Straße gestanden habe, jedoch mit der „Front“ des PKWs „zum Bürgersteig“. Dies ließe sich mit der Aussage des Zeugen P… schwerlich in Einklang bringen. Denn wenn der Kläger die auf der Spur stehende Lichtzeichenanlage rechts umfahren hätte, hätte beim Wiedereinscheren vom Gehweg auf die Straße die Front des Fahrzeugs zur Straße und das Heck des PKW zum Gehweg zeigen müssen. Mit einer solchen Schrägstellung wäre insbesondere unter Berücksichtigung der Bewegung der Lok – von rechts nach links – zu rechnen gewesen. Die vom Zeugen W… beobachtete Schrägstellung ließe sich nur dadurch erklären, dass der vollständig auf der Fahrspur fahrende Kläger im letzten Moment ein Ausweichmanöver nach rechts eingeleitet hat.
Insofern ist das Gericht nicht hinreichend überzeugt, dass die Fahrspur des Klägers zum Unfallzeitpunkt mit einer 2. Lampe in ausreichender Entfernung vor dem Bahnübergang gesichert gewesen ist. Schließlich sagte der nach dem Unfallgeräusch zur Unfallstelle eilende Zeuge W… aus: „Die Lichter standen gefühlte zwei, drei Meter von der Unfallstelle entfernt“. Diese Angabe deckt sich schwerlich mit der Aussage des Zeugen P…, der eine zehnfach höhere Entfernung angab.
Unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen N… ist vielmehr davon auszugehen, dass der Zeuge P… mit 2 Lampen auf den Gleisen in Richtung LKW ging, dort eine Lampe aufstellte und mit der 2. Lampe in Richtung Gegenfahrspur ging, als sich dort bereits das Klägerfahrzeug näherte; zu diesem Zeitpunkt muss die Lok schon in Bewegung gesetzt worden sei. So trug es die Bekl. zu 1 mit Schriftsatz vom 10.11.2014 (Bl. 67) – in Widerspruch zum Vortrag mit Schriftsatz vom 05.09.2014 (Bl. 34) – auch vor. Dass der Zeuge P… erst nach Abstellen der zweiten Lampe auf der Fahrspur des Klägers dem Beklagten zu 2. das Signal zur freien Fahrt gab, erachtet das Gericht als nicht erwiesen.
Die Aussage des Zeuge W… war im Übrigen weitestgehend unergiebig: „Gesehen habe ich nichts“.
Auch unter der Prämisse, dass der Unimog – wie von den Zeugen P… und W… bestätigt – bei Ausfahrt ein akustisches Warnsignal gab und mit einer in Betrieb befindlichen Rundumleuchte ausgestattet war, hat sich nach Auffassung des Gerichts die gesteigerte Betriebsgefahr des schienengeführten Unimogs verwirklicht. Diese wird mit 30 % veranschlagt.
Dass der Kläger für das Unfallereignis zu 70 % haftet, folgt aus seinem Vorfahrtverstoß (§ 19 I StVO) und dem unstreitigen Umstand, dass der Kläger bei Einfahrt in den Gefahrenbereich vor dem haltenden LKW einen gestikulierenden Mann wahrgenommen hatte und gleichwohl seine Fahrt fortsetzte (§§ 4 HaftPfG, 254 BGB). Dass der Kläger den Mann und das vor dem LKW abgestellte Licht mit einer vermeintlichen Fahrzeugpanne in Verbindung gebracht haben mag, ist nicht entscheidend. Ein hälftiges Mitverschulden scheidet aus: Die klägerseits zitierte Entscheidung OLG Hamm NZV 1993, 477 ist nicht einschlägig, weil sich der Unfall dort mit einem nicht schienengeführten Unimog auf einem Betriebsgelände der Bundeswehr ereignete.
Da die Schadenshöhe von insgesamt im Wesentlichen 4.778,53 € unstreitig ist, besteht ein Erstattungsbetrag in Höhe von 1.433,56 €. Die Unfallersatzpauschale wurde mit 25,00 € zutreffend beziffert. Das Schadensgutachten (Bl. 5 ff.) ist eine geeignete Grundlage der Schadensschätzung (§ 287 ZPO). Dass ein wirtschaftlicher Totalschaden bestünde, wurde von der Beklagten zu 1. nicht substantiiert vorgetragen; ein entsprechendes Beweisangebot unterblieb. Angaben zum Restwert sind nur erforderlich, wenn nach Zerstörung der Wiederbeschaffungswert geltend gemacht wird (vgl. Palandt, 73. A., § 249, Rn. 16 f.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Auf Basis eines begründeten Streitwerts bis 1.500,00 €, mithin in Höhe von 201,71 €, sind die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten – nämlich eine 1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer – zu erstatten. Die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts stellte sich vorliegend als erforderliche und zweckdienliche Rechtsverfolgungsmaßnahme dar.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 708 Nr. 11,709,711 ZPO.