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Kollision beim Rückwärtsfahren aus Parkplatz vor Einfahrt

Verkehrsunfall in Mülheim: Teilweise Schuld für Klägerin und Beklagten

In einem Verkehrsunfallfall, bei dem es um eine Kollision beim Rückwärtsfahren aus einem Parkplatz vor einer Einfahrt ging, hat das Amtsgericht Mülheim entschieden, dass beide Parteien eine teilweise Schuld tragen. Die Klägerin, die von dem rückwärtsfahrenden Fahrzeug des Beklagten getroffen wurde, hatte bereits Schadenersatz teilweise erhalten und konnte keinen Anspruch auf weiteren Schadenersatz durchsetzen. Das Gericht wies darauf hin, dass beide Parteien eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer hätten ausschließen müssen und legte eine Haftungsquote von 50 % für beide Seiten fest.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Kollision beim Rückwärtsfahren: Unfall zwischen Klägerin und Beklagtem beim Rückwärtsfahren aus einem Parkplatz.
  2. Teilweise Schuld beider Parteien: Gericht stellt fest, dass beide Parteien zur Kollision beigetragen haben.
  3. Kein vollständiger Schadenersatz für Klägerin: Klage auf zusätzlichen Schadenersatz wurde abgewiesen.
  4. Haftungsquote von 50 %: Beide Parteien tragen jeweils zur Hälfte die Verantwortung.
  5. Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO: Beide Parteien hätten eine Gefährdung anderer ausschließen müssen.
  6. Bereits teilweise Schadenersatz geleistet: Klägerin hatte bereits einen Teil des Schadens ersetzt bekommen.
  7. Berücksichtigung des Idealfahrers: Keine Partei konnte das Sorgfaltsmaß eines Idealfahrers erfüllen.
  8. Kein Anspruch auf weitere Zahlungen: Klägerin erhält keine weiteren Zinsen oder Kostenübernahmen.

Rückwärtsfahren auf Parkplätzen: Unfallursachen und Schuldfrage

Unfall beim Rückwärtsfragen: Schuldfrage
(Symbolfoto: Andrey_PopovAndrey_Popov /Shutterstock.com)

Rückwärtsfahren auf Parkplätzen kann schnell zu gefährlichen Situationen führen, wenn Autofahrer nicht vorsichtig genug sind. Laut Experten ist die Schuldfrage bei Unfällen beim Rückwärtsfahren oft nicht eindeutig zu klären. In vielen Fällen tragen beide Parteien eine Mitschuld, da sie gleichzeitig rückwärts fahren und somit beide aufpassen und auf andere Verkehrsteilnehmer achten müssen.

Es ist wichtig, dass Autofahrer beim Rückwärtsfahren besonders vorsichtig sind und auf andere Verkehrsteilnehmer achten, um Unfälle zu vermeiden. Dabei sollten sie auch die Regeln rund ums Rückwärtsfahren beachten und sicherstellen, dass sie nicht in die Einfahrt eines anderen Fahrzeugs fahren. In einigen Fällen kann es jedoch vorkommen, dass der Fahrer, der rückwärts aus der Einfahrt fährt, allein für den Unfall verantwortlich ist, auch wenn er vorsichtig fahren.

In einem solchen Fall kann es zu einer teilweisen Schuld beider Parteien kommen, wie in einem Urteil des Amtsgerichts Mülheim festgestellt wurde. In diesem Fall wurde die Klage auf zusätzlichen Schadenersatz abgewiesen, da die Klägerin bereits einen Teil des Schadens ersetzt bekommen hatte. Das Gericht legte eine Haftungsquote von 50 % für beide Seiten fest und wies darauf hin, dass beide Parteien eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer hätten ausschließen müssen.

Wenn Sie Fragen zu einem ähnlichen Fall haben, bei dem es um Rückwärtsfahren auf Parkplätzen und Schuldfragen geht, fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Ein Verkehrsunfall mit Folgen: Der Fall Mülheim

Am 15. Oktober 2012 ereignete sich in Mülheim ein Verkehrsunfall, der zu einer rechtlichen Auseinandersetzung führte. Die Klägerin, involviert in einen Unfall beim Rückwärtsfahren aus einem Parkplatz, beanspruchte Schadensersatz für die entstandenen Schäden an ihrem Fahrzeug. Sie fuhr aus dem fließenden Verkehr nach links in eine Einfahrt ein und kollidierte mit dem Fahrzeug des Beklagten, der gerade rückwärts ausparkte. Der Gesamtschaden am Fahrzeug der Klägerin belief sich auf 3681,65 Euro.

Die rechtliche Komplexität des Verkehrsunfalls

Die Klägerin argumentierte, dass die Beklagten, darunter der Fahrer und der Haftpflichtversicherer des beteiligten Fahrzeugs, zu 100% für den Unfall haften sollten. Sie behauptete, ihr Fahrzeug habe bereits gestanden, als der Beklagte zu 1 rückwärts gegen ihr Fahrzeug fuhr. Vorgerichtlich hatte die Haftpflichtversicherung des Beklagten bereits einen Teilbetrag des Schadens übernommen, was die Klägerin jedoch als unzureichend ansah und daher Klage einreichte.

Urteilsfindung unter Berücksichtigung der StVO

Das Amtsgericht Mülheim wies die Klage der Klägerin ab. Das Gericht stellte fest, dass beide Parteien teilweise für den Unfall verantwortlich waren. Die Entscheidung basierte auf § 9 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung (StVO), wonach jeder Fahrzeugführer beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren sicherstellen muss, dass keine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer besteht. In diesem Fall hatten sowohl der Beklagte als auch die Klägerin diese Sorgfaltspflicht missachtet.

Haftungsquote und Schlussfolgerungen des Gerichts

Das Gericht legte fest, dass die Haftungsquote beider Parteien jeweils 50 % betrage. Diese Entscheidung basierte auf einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge. Trotz der vorhandenen Streifschäden am Fahrzeug der Klägerin und ihrer Position im Straßenverkehr konnte nicht eindeutig geklärt werden, ob ihr Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision stand. Somit wurde eine geteilte Verantwortung angenommen. Folglich hatte die Klägerin keinen Anspruch auf weiteren Schadensersatz über den bereits geleisteten Betrag hinaus.

Fazit: Das Urteil des Amtsgerichts Mülheim stellt klar, dass im Falle eines Verkehrsunfalls, bei dem beide Parteien Verkehrsregeln missachtet haben, eine geteilte Haftungsübernahme angemessen ist. Eine sorgfältige Prüfung der Umstände und das Einhalten der Straßenverkehrsordnung sind für alle Verkehrsteilnehmer von entscheidender Bedeutung.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was besagt § 9 Abs. 5 StVO in Bezug auf das Verhalten von Fahrzeugführern beim Rückwärtsfahren?

§ 9 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung (StVO) legt fest, dass Fahrzeugführer beim Rückwärtsfahren, Abbiegen in ein Grundstück oder beim Wenden besondere Sorgfalt walten lassen müssen, um eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Dies bedeutet, dass der Fahrzeugführer sicherstellen muss, dass durch sein Manöver keine anderen Personen oder Fahrzeuge gefährdet werden. Sollte dies nicht gewährleistet sein, ist es erforderlich, sich von einer anderen Person einweisen zu lassen.

Die Vorschrift unterstreicht die gesteigerte Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren. Im Falle einer Kollision während des Rückwärtsfahrens wird in der Regel von der vollen Haftung des Rückwärtsfahrenden ausgegangen. Der sogenannte Anscheinsbeweis spricht gegen den Rückwärtsfahrer, was bedeutet, dass von seiner Schuld ausgegangen wird, es sei denn, er kann das Gegenteil beweisen. Diese Regelung gilt nicht nur auf öffentlichen Straßen, sondern auch auf privaten Flächen wie Baustellen.

Fahrzeugführer müssen sich vor Beginn der Rückwärtsfahrt vergewissern, dass der Bereich hinter dem Fahrzeug frei von anderen Verkehrsteilnehmern ist. Dies schließt auch Bereiche ein, die nicht direkt im Rückspiegel sichtbar sind. Während des Rückwärtsfahrens ist darauf zu achten, dass niemand unerwartet in den Gefahrenbereich gelangt.

Die Regelungen des § 9 Abs. 5 StVO zielen darauf ab, die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu erhöhen und die Risiken, die mit dem Rückwärtsfahren verbunden sind, zu minimieren.

Wie wird die Haftungsquote bei einem Verkehrsunfall zwischen mehreren Kraftfahrzeugen nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG bestimmt?

Die Haftungsquote bei einem Verkehrsunfall zwischen mehreren Kraftfahrzeugen wird nach § 17 Abs. 1 und 2 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) bestimmt. Dieser Paragraph regelt die Haftung bei Schäden, die durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht wurden.

Die Haftungsquote wird nach den Umständen des Einzelfalls gebildet. Der wichtigste Aspekt dabei ist das Maß der Verursachung des Unfalls. Es wird also geprüft, welcher Unfallbeteiligte in welchem Maße zum Unfall beigetragen hat. Dabei spielen sowohl das Verschulden (Verhaltensunrecht) als auch die Mitverursachung (Verursachungsunrecht) eine Rolle.

Die allgemeine Betriebsgefahr eines Fahrzeugs, also das Risiko, das von der bloßen Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs ausgeht, kann ebenfalls zur Bestimmung der Haftungsquote herangezogen werden. Bei PKWs beträgt die Betriebsgefahr in der Regel 20-25%, bei LKWs 30-40%. Allerdings trifft dies nur zu, wenn den Fahrer kein Verschulden trifft.

In vielen Fällen überwiegt der Verursachungsbeitrag eines Beteiligten so erheblich, dass die Mithaftung der anderen Unfallbeteiligten demgegenüber zurücktritt. Das kann insbesondere bei groben Verstößen gegen Verkehrsregeln wie Vorfahrtsverletzungen der Fall sein.

Es ist zu beachten, dass die Haftungsquote immer im Einzelfall zu bestimmen ist und es keine festen Prozentsätze gibt, die in die Haftungsabwägung einfließen. Eine erste Einschätzung lässt sich mit Hilfe von sogenannten Quotentabellen ermitteln.

Was ist unter der Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG zu verstehen?

Unter der Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 7 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) versteht man die verschuldensunabhängige Haftung des Halters für Schäden, die durch den Betrieb seines Fahrzeugs entstehen. Diese Regelung basiert auf dem Gedanken, dass bereits der Betrieb eines Kraftfahrzeugs eine potenzielle Gefahrenquelle für die Allgemeinheit darstellt. Die Betriebsgefahr umfasst somit die Gefährdungshaftung für die Gefahren, die beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs auftreten können. Dies beinhaltet, dass der Halter eines Fahrzeugs für Schäden haftet, die bei dem Betrieb seines Fahrzeugs entstehen, ohne dass ihm ein persönliches Verschulden nachgewiesen werden muss.

Die Betriebsgefahr gilt für alle Schäden, die in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeugs stehen. Dies umfasst nicht nur Schäden, die direkt durch das Fahrzeug verursacht werden, sondern auch solche, die beispielsweise durch herabfallende Ladung entstehen. Der Begriff des Betriebs wird dabei weit ausgelegt und bezieht sich auf jegliche Nutzung des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehrsbereich, einschließlich des Lenkens, Haltens oder Parkens des Fahrzeugs.

Die Haftung aus Betriebsgefahr tritt jedoch nur ein, wenn kein Ausschlussgrund nach § 7 Abs. 2 StVG oder eine andere gesetzliche Regelung greift. Zudem kann die Haftung gemäß § 17 StVG im Falle eines Unfalls zwischen mehreren Fahrzeugen nach dem jeweiligen Verursachungsbeitrag der Beteiligten angepasst werden.

Die Betriebsgefahr dient somit als Grundlage für die Haftung des Fahrzeughalters und reflektiert das Risiko, das mit der Nutzung eines Kraftfahrzeugs verbunden ist. Sie ist ein zentraler Aspekt des deutschen Verkehrsrechts und soll sicherstellen, dass Geschädigte im Falle eines Unfalls einen Anspruch auf Schadenersatz haben, auch wenn kein individuelles Verschulden des Halters vorliegt.


Das vorliegende Urteil

AG Mülheim – Az.: 12 C 370/14 – Urteil vom 02.12.2014

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die gegen sich gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz, den die Klägerin aufgrund eines Verkehrsunfalls am 15.10.2012 noch beansprucht.

Am Unfalltag fuhr die Klägerin mit ihrem Pkw auf der Straße …, Mülheim.

In Höhe des Hauses mit der Nummer 73 fuhr sie aus dem fließenden Verkehr nach links in eine Einfahrt ein, nachdem sie wahrgenommen hatte, das der davor parkenden Beklagte zu 1 sein Fahrzeug bestiegen hatte; die Klägerin beabsichtigte nach dem Ausparken des Beklagten zu 1 dessen Parkplatz zu nehmen.

Der Beklagte zu 1 setzte sein Fahrzeug im Zuge des Ausparkens zurück.

Es kam zu einer Kollision, bei der der Klägerin ein Gesamtschaden von 3681,65 € entstanden ist.

Die Beklagte zu 2 ist Halterin und die Beklagte zu 3 Haftpflichtversicherer des Beklagtenfahrzeugs.

Vorprozessual hat die Beklagte zu 3 auf die klägerseits geltend gemachten 3681,65 € lediglich einen Betrag in Höhe von 1840,82 € gezahlt.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten seien ihr zu vollem Schadenersatz verpflichtet; die Beklagten haften zu 100 % für den Verkehrsunfall. Sie behauptet, vor der Kollision habe ihr Fahrzeug bereits gestanden; der Beklagte zu 1 sei gegen ihr stehendes Fahrzeug rückwärts gefahren.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen als Gesamtschuldner an sie 1840,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über den Basiszinssatz seit dem 6.11.2012 zu zahlen und sie als Gesamtschuldner von der Zahlung nicht anrechenbarer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 173,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über den Basiszinssatz ab Zustellung der Klage freizustellen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die jeweiligen Schriftsätze der Parteien sowie die Sitzungsniederschrift vom 11.11.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Höhe von € 1.840,83 aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 i. V. m. § 9 Abs. 5 StVO, § 7 Abs. 1, § 18 StVG, gegen die Beklagte zu 2. jeweils i. V. m. § 115 Abs. 1 VVG, oder einem sonstigen Rechtsgrund, nicht zu.

Insofern ist zwar bei dem Betrieb des Beklagtenfahrzeuges ein Schaden am klägerischen Fahrzeug verursacht worden, § 7 Abs. 1 StVG, die Klägerin hat gleichwohl keinen weiteren Anspruch gegen die Beklagten, weil die Beklagte zu 3 den insofern unstreitigen Schaden der Klägerin bereits zu 50 % ausgeglichen hat, so dass der Anspruch der Klägerin untergegangen ist, § 362 BGB.

Die Beklagten haften der Klägerin lediglich zu 50 % der ihr entstandenen Schäden.

Gemäß § 17 Abs. 1 u. 2 StVG haben bei einem Unfall mit mehreren Kraftfahrzeugen die beteiligten Fahrzeughalter für die Betriebsgefahr der unfallbeteiligten Kraftfahrzeuges einzustehen. Die Haftungsquote ist durch Abwägung nach § 17 Abs.1, 2 StVG zu bestimmen, denn der Verkehrsunfall stellt sich für keine Seite als höhere Gewalt im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG da. Auch ist die Ersatzpflicht einer Partei nicht von vornherein nach § 18 Abs. 1 S. 2 StVG ausgeschlossen. Auch kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem Unfall für einen der beiden Kraftfahrzeugführer um ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG handelte.

Unabwendbarkeit in diesem Sinne setzt voraus, dass selbst ein besonders umsichtiger “Idealfahrer“ bei Anwendung äußerster möglicher Sorgfalt den Unfall nicht hätte vermeiden können (BGH NVBZ-RR 2005, 381; König in Hentschel/König/Dauner, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2010, § 17 StVG, Rn. 22). Dazu gehört sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus. Der “Idealfahrer“ muss alle möglichen Gefahrenmomente berücksichtigen und auch erhebliche fremde Fehlleistungen in seine eigenen Überlegungen mit einbeziehen (BGH NVwZ-RR 2005, 381; BGH NZV 1991, 185).

Die Einhaltung dieses Sorgfaltsmaßstabes kann keine der Parteien für sich in Anspruch nehmen. Für den Beklagten zu 1. folgt dies bereits aus dem § 9 Abs. 5 StVO. Ein Idealfahrer hätte damit gerechnet, dass ein Fahrzeugführer im fließenden Verkehr den durch ihn freiwerdenden Parkplatz übernehmen möchte und insofern sich hinter seinem Fahrzeug anordnet, und das Rückwärtsfahren entsprechend vorsichtig und vor allem umsichtig durchgeführt. Der Beklagte hatte sich beim Rückwärtsfahren so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Die Einhaltung dieses Sorgfaltsmaßstabes kann aber auch die Klägerin nicht für sich in Anspruch nehmen. Auch ihr ist ein Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO vorzuhalten. Die Klägerin wusste, dass der Beklagte zu 1 ausparken würde, denn sie wartete hierauf, um den Parkplatz des Beklagten zu 1 zu übernehmen. In dieser Situation musste sie lebensnah damit rechnen, dass der Beklagte im Zuge des Ausparkens zunächst nach hinten setzen würde, um besser ausparken zu können, weil die hinter ihm liegende Einfahrt eine entsprechendes Manöver zuließ, so dass ihr eigenes Einfahren in die Einfahrt und damit das Kreuzen des Fahrweges des Beklagten zu 1 sowie letztlich eine Kollision denkbar war. Insofern hat die Klägerin gegen § 9 Abs. 5 StVO verstoßen. Nach dieser Vorschrift muss derjenige, der ein Fahrzeug führt, sich beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Nach der deshalb gemäß § 17 Abs. 1 Abs. 2 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge haben die Beklagten dem Grunde nach für 50 % des anzuerkennenden, hier unstreitigen, Schadens der Klägerin einzustehen.

Die Abwägung ist aufgrund festgestellter, d. h. unstreitig zugestandener oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hier aber das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Betroffenen zur Schadensentstehung beigetragen haben. Nach den oben festgestellten Fahrmanövern beider Unfallbeteiligter in der Situation, die zum Unfall führte, und im Hinblick auf den jeweils vorliegenden Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO, den das Gericht als gleich schwerwiegend erachtet, denn beide Fahrzeugführer hatten in gleicher Weise in ihrer Situation eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer schlicht auszuschließen, haften beide Parteien je zur Hälfte. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin bereits stand, als die Fahrzeuge kollidierten, woran aufgrund der auf den Lichtbildern ersichtlichen Streifschäden am klägerischen Fahrzeug sowie der nicht als plausibel einzuschätzenden Warteposition der Klägerin, in der sie den Querverkehr erheblich behinderte, Zweifel bestehen, denn jedenfalls kam es zur Kollision im raum-zeitlichen Zusammenhang mit dem Wenden und Fahren in die Einfahrt, die der Beklagte zu 1 zu seinem Ausparkmanöver beanspruchte.

Aus den vorgenannten Gründen steht der Klägerin auch kein weiterer Anspruch auf Zinsen sowie Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe weiterer 173,27 € zu, nachdem die Beklagte zu 3 aus einem Gegenstandswert, der der Klägerin in Höhe von 1840,82 € tatsächlich zustand, die vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bereits gezahlt haben.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91,708 Nummer 11,711 ZPO.

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