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Verkehrsunfall – Indizien für einen manipulierten Unfall

AG Bremerhaven, Az.: 52 C 1707/12, Urteil vom 05.03.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten der Nebenintervenientin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beigetriebenen Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten oder die Nebenintervenientin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer eines Pkw’s BMW 52 … . Er macht Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 1. als Halter und Fahrer des Pkw’s HB … und gegen die Beklagte zu 2. als dessen Haftpflichtversicherer aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 17.08.2012 gegen 16.15 Uhr an der Kreuzung Mecklenburger Weg/Hermann-Löns-Straße in Bremerhaven ereignet hat.

Verkehrsunfall - Indizien für einen manipulierten Unfall
Symbolfoto: Von New Africa /Shutterstock.com

Der Kläger behauptet, er sei am Unfalltage gegen 16.15 Uhr den Mecklenburger Weg in Bremerhaven in Richtung T Garten gefahren. Als er sich im Kreuzungsbereich Mecklenburger Weg/Hermann-Löns-Straße/Kiefernweg befunden habe, habe sich von links aus dem Hermann-Löns-Straße kommend der Beklagte zu 2. mit seinem Pkw genähert und er sei ihm ungebremst in die linke Fahrzeugseite hinein gefahren. Da der der Kläger vorfahrtsberechtigt gewesen sei, verlange er 100 %ige Schadensersatz. Der Kläger beziffert seinen Schaden auf insgesamt 2.628,77 €. Zur Berechnung wird auf die Klageschrift verwiesen.

Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1. 2.628,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen und

2. ihm vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe 316,18 € zu erstatten.

Die Beklagten und die Nebenintervenientin beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 2. und die Nebenintervenientin behaupten, dass es sich um einen manipulierten Verkehrsunfall handele, weil er Vielzahl von Indizien dafür spreche, dass der Unfall zwischen den beteiligten Fahrerin abgesprochen worden sei. Dafür sprächen zum einen die Fahrzeugtypen, nämlich ein Fahrzeug der Oberklasse BMW 525 und auf der anderen Seite ein altes Kleinfahrzeug, das auch noch ein Kurzzeitkennzeichen gehabt habe, so dass bei einem Unfall keine Höherstufung wegen Schadensverursachung erfolge. Darüber hinaus sei der Unfallverlauf auch unplausibel. Da der Kläger halbe Vorfahrt nur gehabt habe, müsse davon ausgegangen werden, dass dieser nur langsam in den Kreuzungsbereich hinein gefahren sei. Auf der Beklagte zu 1. habe in einer Schadensanzeige nur von einer Geschwindigkeit von 20 bis 30 km/h gesprochen. Gleichwohl sei das klägerische Fahrzeug mittig getroffen worden. Obwohl doch beide Fahrzeugführer sich bei geringen Geschwindigkeiten ohne weiteres hätten sehen können. Darüber hinaus hätte am klägerischen Fahrzeug bei Vorwärtsfahrt Schleifspuren an seinem Fahrzeug vorliegen müssen, was nicht der Fall sei, sondern der Schaden am klägerischen Fahrzeug steile sich als ein konkreter Einschlag mit einem ganz anderen Schadensverlauf dar. Hinzu komme, dass bei den Unfallfahrern eine Bekanntschaft schon vor dem Unfall gegeben gewesen sei und sie im Nachhinein zunächst ihre Freundschaft verschwiegen hätten. Wegen der Einzelheiten wird insoweit verwiesen auf den Schriftsatz der Beklagten zu 2. vom 03.01.2013 (Bl. 43 ff. d.A.).

Das Gericht hat den Kläger und den Beklagten ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 20.11.2013 angehört und darüber hinaus ausweislich dieser Sitzungsniederschrift auch den Zeugen H vernommen.

Entscheidungsgründe

Die auf §§7 StVG, 823 BGB, 115 VVG gestützte Klage ist im Ergebnis unbegründet. Eine Haftung nach den vorgenannten Vorschriften setzt voraus, dass das Fahrzeug des Klägers unfreiwillig beschädigt worden ist, d.h. dass der Kläger nicht in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hat. Aufgrund der Gesamtumstände ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass dies aber der Fall ist. Bereits die Unfallschilderung des Klägers ist unplausibel. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2013 angegeben, dass erzürn Zeitpunkt des Zusammenstoßes ca. 1 bis 2 sec. gestanden habe. Er habe nämlich angehalten um Fahrzeugen aus dem Kieferweg seinerseits Vorfahrt zu gewähren. Berücksichtigt man dass das klägerische Fahrzeug fast mittig getroffen worden ist, so muss sich das klägerische Fahrzeug zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes mitten auf der Kreuzung Mecklenburger Weg/Hermann-Löns-Weg/Kiefernweg befunden haben und zwar so wie der Kläger behauptet um zu schauen ob aus dem Kiefernweg bevorrechtigte Fahrzeuge sich nähern. Schon diese Schilderung ist unplausibel. Wenn man Vorfahrt gewähren will, hält man vor der Kreuzung an um sich zu vergewissern ob bevorrechtigte Fahrzeug kommen und hält nicht mitten in der Kreuzung an, denn so blockiert man die Kreuzung und es kann zum Unfall mit von rechts kommenden Fahrzeugen kommen. Von daher ist es schon völlig unplausibel, dass der Kläger in der Mitte der Kreuzung angehalten und gestanden haben will als es zum Zusammenstoß gekommen ist. Was der Zeuge H in diesem Zusammenhang angegeben hat, dessen Aussage stark schwankend war, dass nämlich der Kläger wohl in der Kreuzungsmitte gestanden habe, weil vor ihm ein Auto angehalten habe wegen Gegenverkehr, hat der Kläger selber nicht behauptet. Die Erinnerung des Zeugen H ist daran ungenau. Letztlich musste er einräumen, dass er das auch nicht mehr genau wisse.

Aber nicht nur die Unfallschilderung des Klägers ist unplausibel, auch die des Beklagten in unplausibel. Der Beklagte hat eingeräumt in die Unfallkreuzung eingefahren zu sein ohne auf den Querverkehr zu achten, obwohl ihm die Vorfahrtsregelung rechts vor links bekannt sei. Er hat dazu lediglich lapidar angegeben, am Radio herumgespielt zu haben und nicht auf den Verkehr geachtet zu haben. Das jemand so nachlässig und fast „selbstmörderisch“ fährt, hält das Gericht für absolut unglaubwürdig, zumal wenn man berücksichtigt, dass der Mecklenburger Weg, auf dem sich der Kläger befand, eine viel breitere und häufig befahrene Straße ist als die Hermann-Löns-Straße, aus der der Beklagte zu 1. herausgekommen ist. Der Beklagte zu 1. kannte die örtlichen Verhältnisse, Die Behauptung er sei in die Kreuzung eingefahren ohne auf den Verkehrs überhaupt zu achten und sich selbst in Gefahr, zu bringen, kann das Gericht nicht überzeugen. Hinzu kommt, dass die Parteien sich bereits vor dem Unfall gekannt haben, nämlich zumindest aus der Diskothek, wie sich aus den Erklärungen des Klägers zu des Beklagten zu 1. in der mündlichen Verhandlung ergeben. Der Beklagte zu 1. hat aber gegenüber der Beklagten zu 2. bei der Abfrage des Unfalls mit Schreiben vom 24.08.2012 (Bl. 52 d.A). angegeben den Kläger nicht zu kennen, was ebenfalls ein gewichtiges Indiz ist, wenn die Parteien ihre Bekanntschaft gegenüber einer regulierenden Versicherung verschweigen. Hinzukommt, dass es sich bei den unfallbeteiligten Autos um typische Modelle handelt, wenn es um einen manipulierten Unfall geht, nämlich auf der einen Seite ein älteres Luxusfahrzeug was-schwer verwertbar ist und auf der anderen Seite ein erst kürzlich angemeldetes fast schrottreifes Fahrzeug mit Kurzzeitkennzeichen, so dass mit einer Höherstufung bei der Versicherung nicht zu rechnen ist. Für sein Fahrzeug konnte der Beklagte auch weder Kauf- noch Verkaufsvertrag vorlegen. Die Angaben zu den Schäden an seinem Fahrzeug, die in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, stimmen auch nicht. So hat der Beklagte zu 1. angegeben, dass die Scheinwerfer an seinem Auto kaputt gewesen seien. Das Gegenteil ergibt sich aus Bl. 53/54 d.A.. Weiteres Beweisanzeichen für eine Unfallmanipulation ist, dass die Polizei nicht gerufen worden ist. Die Vielzahl dieser Indizien die für einen manipulierten Unfalls sprechen, aber auch die von beiden Unfallfahrern angegebenen nicht lebensnahen Fahrweisen lassen nur in der Gesamtheit den Schluss zu, dass es sich um einen verabredeten Unfall handelt. Es muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hat, so dass ihm keinerlei Schadensersatzansprüche zustehen.

Infolgedessen war die Klage mit den Nebenentscheidungen aus §§ 91, 101,708 Nr. 11,711 ZPO abzuweisen.

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