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Regress einer Kfz-Haftpflichtversicherung – Regressbeträge bei Obliegenheitsverletzungen

AG Montabaur, Az.: 10 C 276/11, Urteil vom 28.05.2015

1. Der Beklagte wird über das Teilanerkenntnisurteil vom 27.03.2015 hinaus verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 818,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.818,79 € seit dem 07.10.2010 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 402,82 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.09.2010 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten Regressansprüche wegen der Verletzung einer Obliegenheit in Form der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit und der Fahrerflucht geltend.

Bei der Klägerin handelt es sich um den KFZ-Haftpflichtversicherer bezüglich eines LKW Fiat Ducato mit dem amtl. Kennzeichen…. Versicherungsnehmer war der Beklagte. Dem Versicherungsverhältnis lagen die AKB zugrunde.

Der Beklagte war am 30.01.2010 gegen 3:35 Uhr in Köln unterwegs und hat dort einen Verkehrsunfall verursacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte erheblich alkoholisiert. Er wies eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille auf. Im Rahmen des Verkehrsunfalls entstand ein Sachschaden von über 5.000,00 €. Obwohl der Beklagte sodann den Unfall bemerkte, hat er sich von der Unfallstelle entfernt.

Die Klägerin beziffert den insgesamt von ihr regulierten Betrag auf 5.818,79 €. Der Beklagte hat hierauf eine Zahlung in Höhe von 2.000,00 € erbracht. Zu Beginn des Verfahrens war daher noch eine Forderung in Höhe von 3.818,79 € offen. Im Laufe des Verfahrens hat der Beklagte einen weiteren Betrag von 3.000,00 € anerkannt.

Die Klägerin trägt vor, es liege hier eine Trunkenheitsfahrt und eine Fahrerflucht vor. Sie sei aufgrund der Trunkenheitsfahrt bis 5.000,00 € von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei. Außerdem liege ein Verstoß gegen Aufklärungsobliegenheiten vor. Auch daraus ergebe sich nochmals eine Leistungsbefreiung bis 5.000,00 €.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.818,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 07.10.2010 zu zahlen.

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 402,82 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 18.09.2010 zu zahlen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 26.03.2015 die Klageforderung in Höhe von 3.000,00 € anerkannt.

Daraufhin ist unter dem 27.03.2015 ein Teilanerkenntnis dahingehend ergangen, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 3.000,00 € zu zahlen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisurteils noch einen weiteren Betrag von 818,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.818,79 € ab dem 07.10.2010 zu zahlen.

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 402,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 18.09.2010 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die jetzt noch gestellten Klageanträge abzuweisen.

Er trägt vor, der Regressanspruch der Klägerseite sei auf 5.000,00 € beschränkt. Da bereits 2.000,00 € bezahlt wurden, habe allenfalls noch der anerkannte Restanspruch von 3.000,00 € bestanden. Im Übrigen habe die Klägerin selbst mit Schreiben vom 30.06.2010 mitgeteilt, dass die Aufwendungen im Schadensfall 5.129,35 € betragen hätten. Schließlich sei ihm, dem Beklagten, von einem Sachbearbeiter der Klägerin, …, zugesichert worden, dass lediglich 5.000,00 € verlangt würden.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten insgesamt Anspruch auf Zahlung von 3.818,79 € als Regressanspruch wegen der Verletzung von Obliegenheiten in Form der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit und der Fahrerflucht.

Der Beklagte hat unstreitig am 30.01.2010 einen Verkehrsunfall verursacht, wobei er zum Unfallzeitpunkt mit 1,6 Promille erheblich alkoholisiert war und sich sodann nach dem Unfallgeschehen unerlaubt von der Unfallstelle entfernt hat.

Damit hat der Beklagte durch seine Fahruntüchtigkeit den Verkehrsunfall grob fahrlässig verursacht. Hierfür spricht bereits ein Anscheinsbeweis. Außerdem hat der Beklagte zusätzlich gegen die ihm obliegenden Aufklärungspflichten verstoßen, indem er sich unerlaubt von der Unfallstelle entfernt hat.

Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite ist der sich hieraus ergebende Regressanspruch der Klägerseite nicht auf einen Betrag in Höhe von 5.000,00 beschränkt.

Der BGH hat hierzu ausgeführt: „Verletzt der Versicherungsnehmer eine Obliegenheit vor (hier: Trunkenheitsfahrt) und eine weitere nach Eintritt des Versicherungsfalles (hier: unerlaubtes Entfernen vom Unfallort), können die Beträge, bis zu denen der Versicherer Leistungsfreiheit in Anspruch nehmen kann, addiert werden.“ (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14.09.2005, Az.: IV ZR 216/04 in NJW2006, 147).

Nach dieser zutreffenden Ansicht, der auch das erkennende Gericht folgt, sind die Regressbeträge zu addieren, wenn die eine Obliegenheitsverletzung vor Eintritt des Versicherungsfalls und die andere im Anschluss daran begangen worden ist. Der Versicherer will mit den Klauseln – für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar – unterschiedliche Interessen wahren.

Daher liegt die Höchstgrenze für einen Regressanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten im vorliegenden Fall bei 10.000,00 €.

Der Gesamtschaden, der von der Klägerin reguliert wurde, beläuft sich auf insgesamt 5.818,79 €. Dieser Gesamtschaden ist von der Klägerin im Einzelnen schlüssig dargelegt worden. Der Beklagte kann sich insoweit nicht darauf berufen, dass mit Schreiben vom 30.06.2010 noch die Aufwendungen im Schadensfall mit insgesamt 5.129,35 € angegeben waren. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass in diesem Schreiben nur die bis dahin bereits angefallenen Aufwendungen genannt waren. Es bestehen insoweit keine keine erheblichen Einwendungen des Beklagten hinsichtlich des insgesamt von der Klägerseite bezifferten Schadens mit 5.818,79 €.

Der Beklagte ist daher neben der bereits erfolgten Zahlung in Höhe von 2.000,00 € und des anerkannten Betrages in Höhe von 3.000,00 € verpflichtet, einen weiteren Betrag in Höhe von 818,79 € an die Klägerin zu leisten.

Der Beklagte kann sich dem gegenüber nicht darauf berufen, dass ihm angeblich zugesichert worden sei, dass lediglich 5.000,00 € verlangt würden. Das entsprechende Vorbringen des Beklagten ist völlig unsubstantiiert. Er hat in keiner Weise dargelegt, wann, wo und bei welcher Gelegenheit eine derartige Zusicherung abgegeben worden sein sollte. Der Beklagte hat zwar insoweit als Beweis die Vernehmung der Zeugen A. und B. angeboten, diesem Beweisangebot war allerdings nicht nachzugehen. Mangels ausreichenden Sachvortrages würde vielmehr eine entsprechende Beweisaufnahme auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinauslaufen. Auch nach einem entsprechendem gerichtlichen Hinweis im Termin vom 30.04.2015 erfolgte hierzu kein weiteres Vorbringen des Beklagten. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde auch kein Schriftsatznachlass beantragt.

Es besteht daher insgesamt ein Regressanspruch der Klägerin in Höhe von 5.818,79 €. Da der Beklagte bereits 2.000,00 € gezahlt hat und weitere 3.000,00 € in dem Teilanerkenntnisurteil vom 27.03.2015 tituliert sind, waren jetzt noch weitere 818,79 € zuzusprechen und der jetzt noch verfolgten weiteren Klage stattzugeben.

Der Zinsanspruch sowie der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708Nr. 11, 711 ZPO.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird bis zum 27.03.2015 auf 3.818,79 € und ab dann auf 818,79 € festgesetzt.

 

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