LG Bad Kreuznach, Az: 3 O 28/12
Urteil vom 25.07.2014
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.262,32 € (in Worten: fünftausendzweihundertzweiundsechzig 32/100 Euro) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.12.2011 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 775,64 €, nebst Zinsen aus 603,93 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.12.2011 bis zum 10.1.2012 und aus 775,64 € seit dem 11.1.2012 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall.
Am 14.11.2011 ereignete sich in B. K. in dem Kreisel W. Straße/B. Straße/D.-straße ein Verkehrsunfall. Die Ehefrau des Klägers, die Zeugin K, fuhr mit dem Pkw des Klägers der Marke Opel GT Roadster mit dem amtlichen Kennzeichen …-… … stadteinwärts aus Richtung B. kommend in Fahrtrichtung Stadtmitte. Das bei der Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug der Marke Smart mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …, das von der Zeugin S. gesteuert wurde, fuhr von der W. Straße kommend in Richtung B. Straße.
Beim Eintreffen der Polizei befanden sich die Fahrzeuge nicht mehr in der Unfallstellung. Auf der Fahrbahn wurden Markierungen durch den Zeugen D. vorgenommen.
Der Kläger ließ durch den Sachverständigen W. ein Gutachten anfertigen. Auf den Inhalt dieses Gutachtens vom 22.11.2011 (Bl. 4 ff d.A.) wird zur näheren Darstellung Bezug genommen. Der Sachverständige berechnete seine Leistungen mit Rechnung vom 22.11.2011 mit 803,67 € brutto. Auf Bl. 25 d.A. wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 24.11.2011 wurde der Beklagten das vorgenannte Gutachten im Original nebst Rechnung des Sachverständigen übersandt und sie wurde aufgefordert, die bis dahin geltend gemachten Kosten in Höhe von 6.510,53 € zuzüglich der bis dahin geltend gemachten Anwaltskosten in Höhe von 603,93 € zu zahlen. Es wurde Frist bis zum 08.12.2011 gesetzt.
Die Beklagte leistete am 27.12.2011 einen Vorschuss in Höhe von 4.000,00 €.
Mit Schreiben vom 02.01.2012 wurde der Gesamtschaden gegenüber der Beklagten beziffert, die Reparaturrechnungen des Carcenters A. K. vom 17.12. und 23.12.2011 übermittelt und Frist zur Zahlung bis zum 10.1.2012 gesetzt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl.21-27 d.A. ergänzend Bezug genommen. Im Einzelnen wurden geltend gemacht von Seiten des Klägers:
Reparaturkosten: 5.773,65 €
Sachverständigenkosten: 803,67 €
Wertminderung: 300,00 €
Nutzungsausfall: 2.360,00 €
Auslagen in Höhe von 25,00 €
Anwaltsgebühren in Höhe von 775,64 €
Der Kläger trägt vor, dass die Zeugin S. beim Einfahren in den Kreisverkehr die Vorfahrt seines, des Klägers, Fahrzeug mißachtet habe, da es sich bereits im Kreisverkehr befunden habe. Das gegnerische Fahrzeug sei in die rechte Seite seines, des Klägers, Fahrzeugs gefahren. Die Einfahrten des Kreisverkehrs lägen nicht außergewöhnlich nahe beieinander, so dass es einem Fahrer, der von der W. Straße einbiegen wolle, doch möglich sei, die Vorfahrt eines Fahrzeugs, das von der B. Straße komme, zu erkennen. Sein, des Klägers, Fahrzeug habe bei der Kollision nicht fast parallel zum Fahrzeug, das bei der Beklagten versichert sei, gestanden.
Sein, des Klägers, Fahrzeug sei an der rechten Seite beschädigt worden. Hinter dem Vorderrad seines, des Klägers, Fahrzeugs habe ein etwa dreieckiges Stück des zertrümmerten Kotflügels herabgehangen. Zur Vermeidung größerer Schäden sei dieses Stück entfernt worden. Der Schaden sei dadurch nicht vergrößert oder gerichtet worden.
Sein, des Klägers, Fahrzeug sei nach der Besichtigung durch den Sachverständigen am 19.11.2011 am 24.11.2011 zur Reparatur in die Werkstatt gebracht worden. Die Reparatur habe bis zum 23.12.2011 gedauert. An diesem Tag sei das Fahrzeug nach Zahlung der Rechnung an ihn, den Kläger, ausgehändigt worden. Das Fahrzeug sei durch den Unfall nicht mehr verkehrssicher gewesen. Es sei mithin ein Nutzungsausfall für den Zeitraum vom 14.11.2011 bis 30.12.2011 in Höhe von 40 Tagen á 59,00 € entstanden. Die lange Reparaturzeit habe sich deshalb ergeben, weil Ersatzteile aus Amerika hätten geliefert werden müssen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Hauptforderung in Höhe von 5.262,32 € sowie eine Nebenforderung in Höhe von 775,64 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB seit dem 13.12.2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, dass die Zeugin S. mit ihrem Fahrzeug der Marke Smart, der nur 2,72 m lang sei, bereits vollständig in den Kreisverkehr eingefahren gewesen, als das Fahrzeug des Klägers mit schneller Geschwindigkeit eingefahren sei und versucht habe, sich links an dem Fahrzeug der S. vorbeizudrängen. Die Zeugin S. habe bei der Einfahrt in den Kreisel nach links geschaut und dort keinen Opel GT gesehen. Die Einfahrten des Kreisels seien außergewöhnlich nahe beieinander. Anhand der Schäden an den beteiligten Fahrzeugen sei zu erkennen, dass die Kollision entstanden sei, als sich das Fahrzeug des Klägers links an dem Fahrzeug, das bei ihr, der Beklagten, versichert sei, habe vorbeidrängen wollen. Bei der Kollision habe das bei ihr, der Beklagten, versicherte Fahrzeug fast parallel zum Klägerfahrzeug gestanden. Mit einem Smart sei es nicht möglich, aus dem Stand auf 25-26 km/h zu beschleunigen.
Der Zeuge D. habe am Fahrzeug des Klägers Veränderungen vorgenommen.
Dem Kläger sei kein Nutzungsausfall für 40 Tage entstanden. Das vorgelegte Gutachten sehe eine Reparaturdauer von 4-5 Tagen vor; die Reparaturkosten würden laut Gutachten 5.632,10 € betragen. Es sei nicht ersichtlich, ob der Kläger zur Geltendmachung der Mehrwertsteuer berechtigt sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen K., D., S. und R. gemäß Verfügung vom 20.02.2013 (Bl. 63 d.A.) sowie gemäß Beschluss vom 15.05.2013 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (Bl. 81 ff d.A.) und gemäß Verfügung vom 24.02.2014 (Bl. 153 d.A.) durch Anhörung des Sachverständigen M.
Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2013 (Bl. 68 ff d.A.) und vom 04.06.2014 (Bl. 194 ff d.A.) sowie auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) M. vom 31.01.2014 Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 12.06.2014 (Bl. 198 ff d.A.) hat das Gericht mit Zustimmung der Parteien eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze und Schriftstücke, die zwischen den Parteien gewechselt und zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurden, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte beruht auf § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG. Die Beklagte ist Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs, das die Zeugin S. geführt hat.
Die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs stellt eine Sachbeschädigung gemäß § 7 Abs. 1 StVG dar. Die Sachbeschädigung beruht auf dem Betrieb des Kraftfahrzeugs, das die Zeugin S. gesteuert hat. Eine dem Fahrzeug typische innenwohnende Gefahr wurde verwirklicht.
Die Ersatzpflicht ist nicht nach § 7 Abs. 2 StVG wegen höherer Gewalt ausgeschlossen. Denn es liegt kein außergewöhnliches, betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder Handlungen dritter Personen herbeigeführtes Ereignis vor, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung nicht vorhersehbar ist.
Wenngleich eine Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Klägers gemäß § 17 Abs. 1 StVG anzunehmen ist und der Unfall auch nicht im Sinn des § 17 Abs. 3 StVG, wie dargelegt, ein unabwendbares Ereignis war, ist eine nach § 17 Abs. 1/2 StVG vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge vorzunehmen, wobei der Verschuldensbeitrag der Zeugin S. den Verursachungsbeitrag des Klägers, nämlich die Betriebsgefahr, soweit übersteigt, dass dessen Betriebsgefahr dahinter vollständig zurücktritt. Dies ergibt sich aus folgendem:
Dem Unfall liegt ein pflichtwidriges Verhalten der Führerin des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs zu Grunde. Der Kläger ist seiner Beweislast für das pflichtwidrige Verhalten der Zeugin S. nachgekommen. Dabei kann dahinstehen, ob zu Gunsten des Klägers der Beweis des ersten Anscheins greift, denn die Beweisaufnahme hat ergeben, dass sich die Zeugin S. verkehrsordnungswidrig verhalten hat. Zwar hat die Zeugin S. bei ihrer Vernehmung ausgesagt, dass sie am Kreisel angehalten und zunächst 2 oder 3 Autos durchgelassen habe, bevor sie in den leeren Kreisel eingefahren sei. Erst danach sei ein rotes Auto gekommen und sie habe noch versucht zu bremsen. Allerdings hat die Zeugin S. eingeräumt, dass sie „schon gesehen habe, dass das Fahrzeug der Zeugin K. recht schnell unterwegs gewesen sei und angekommen sei“. Indes soll, so die Zeugin weiter, als diese in den Kreisel eingefahren sei, sich das Auto des Klägers noch in der B. Straße befunden haben.
Demgegenüber hat die Zeugin K. ausgesagt, dass sie bereits in den Kreisverkehr eingefahren gewesen sei, als die Zeugin S. unmittelbar danach in das Auto gefahren sei. Da sowohl die Zeugin S. als auch die Zeugin K. ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens haben könnten, weil die Zeugin S. das bei der Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug gesteuert hat und die Zeugin K. die Ehefrau des Klägers ist, vermag das Gericht anhand der Aussagen nicht zu erkennen, welche vorzuziehen ist.
Allerdings hat der Sachverständige M. in seinem Gutachten durch Auswertung der Schadensbilder nachvollziehbar dargelegt, dass sich das Fahrzeug des Klägers bereits im Kreisverkehr befunden habe, als es beim Einfahren des Beklagtenfahrzeugs mit diesem kollidiert sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen lag der Kollisionswinkel in Bezug auf die Fahrzeuglängsachsen zwischen 37 ° und 39 °, so das sich die Fahrzeuge bei der Kollision nicht fast parallel zueinander befunden hätten. Damit ist die diesbezügliche Behauptung der Beklagten widerlegt. Vielmehr seien die Fahrzeuge etwa zeitgleich in den Kreisel eingefahren, wobei das Fahrzeug des Klägers, ohne anzuhalten, mit einer mittleren Geschwindigkeit von ca. 26 km/h in den Kreisel eingefahren sei, während das Beklagtenfahrzeug vom Stand aus zügig beschleunigt worden sei. Dem Einwand der Beklagten, dass eine derartige Beschleunigung mit einem Smart gar nicht möglich sei, steht die Bekundung des Sachverständigen bei seiner mündlichen Anhörung entgegen, wonach es durchaus auch für einen Smart möglich sei, auf 3,0 m/s² zu beschleunigen (Bl. 194 d.A.). Durch das plötzliche Anfahren des Beklagtenfahrzeugs sei der Führerin des Fahrzeugs des Klägers nicht mehr genügend Zeit verblieben für eine effektive Handlung.
Das Gericht folgt den in sich widerspruchsfreien, schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen und legt dessen Feststellungen seiner Entscheidung zu Grunde.
Hinsichtlich der Höhe des Schadensersatzanspruchs ergibt sich aus § 16 StVG i.V.m. § 249 Abs. 2, 241 Abs. 1 BGB ein Betrag in Höhe von 9.262,32 €. Der Schaden setzt sich wie folgt zusammen:
Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten in Höhe von 5.773,65 €. Die Höhe der Reparaturkosten ergibt sich aus den vorgelegten Rechnungen vom 17.12. und 23.12.2011. Soweit die Beklagte meint, dass sich aus dem Gutachten W. nur eine Schadensposition in Höhe von 5.632,10 € ergebe, ist sie darauf zu verweisen, dass das Gutachten lediglich eine Kalkulation der Kosten durch den Sachverständigen darstellt und nicht verbindlich ist.
Dem Kläger stehen auch die Kosten für den Sachverständigen in Höhe von 803,67 € zu. Die Sachverständigenkosten waren zur Schadensfeststellung erforderlich und für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig.
Der Kläger hat ferner einen Anspruch auf Ersatz der durch den Unfall an seinem Fahrzeug entstandenen Wertminderung in Höhe von 300,00 €. Denn die Wertminderung beruht darauf, dass das Kraftfahrzeug, das einen Unfallschaden von einigem Gewicht erlitten hat, im Verkehr unter Umständen trotz ordnungsgemäßer Reparatur geringer bewertet wird als ein unfallfreies Fahrzeug (vgl. Palandt/Grüneberg, 73. Aufl., § 251 Rdnr. 14). Die Höhe der Wertminderung ergibt sich nach dem Gutachten des Sachverständigen W. vom 22.11.2011 in Höhe von unstreitig 300,00 €.
Ferner kann der Kläger pauschal Auslagen in Höhe von 25,00 € geltend machen.
Dem Kläger steht darüber hinaus eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 2.360,00 € zu. Dies ergibt sich daraus, dass er seinen PKW 40 Tage lang, nämlich vom Unfalltag des 14.11.2011 bis zur Aushändigung des Fahrzeugs am 23.12.2011, nicht nutzen konnte. Die Höhe ist mit unstreitig 59,00 €/täglich zu bewerten. Dagegen kann die Beklagte weder geltend machen, dass nach dem Gutachten W. vom 22.11.2011 eine Reparaturdauer von voraussichtlich 4,5 Arbeitstagen angegeben ist. Denn nach Aussage des Zeugen R. R., die das Gericht für glaubhaft hält, weil sie in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar erscheint und darüber hinaus von den Parteien auch keine Glaubwürdigkeitseinwendungen erhoben wurden, hat die Auslieferung an den Kläger am 23.12.2011 stattgefunden. Die Reparatur habe, so der Zeuge weiter, so lange gedauert, weil der Opel GT kein gängiges Modell sei und seines Wissens bestimmte Ersatzteile aus den USA hätten geliefert werden müssen. Die Lieferschwierigkeiten des Herstellers bei den Ersatzteilen wurden zudem vom Sachverständigen bestätigt.
Der Zeitraum für die Berechnung des Nutzungsausfalls ist auch nicht wegen eines Mitverschuldens des Klägers gemäß § 254 Abs. 1 BGB zu kürzen.
Zwar hat der Sachverständige in seinem Gutachten und bei seiner Anhörung ausgeführt, dass er als wirtschaftlich denkender Mensch sich in die Lage versetzt hätte, wie es wäre, wenn er selbst den Schaden zu tragen hätte. Eine Notreparatur hätte durchgeführt werden können, da das Fahrzeug sich nicht in einem nicht verkehrssicheren Zustand befunden hat. Es hätten sich nur Kratzspuren auf der Felge und am Reifen befunden. Dabei habe es sich um leichte Lackabplatzungen gehandelt, aber um keine Deformation der Felge. Zum damaligen Zeitpunkt hätte er, der Sachverständige, wenn ihm gesagt worden wäre, dass die Ersatzteile nicht verfügbar gewesen wären, darauf bestanden, dass eine Vermessung der Achsen vorgenommen werde. Da die Felge nicht deformiert gewesen sei, sei es äußerst unwahrscheinlich, dass Haarrisse in dieser Felge hätten auftreten können bzw. aufgetreten seien. Wenn man gewohnt sei, mit dem Fahrzeug schneller unterwegs zu sein, hätte es sich empfohlen, den beschädigten Kotflügel mit Tape zu fixieren und den Steg, an dem der Kotflügel angebracht sei, mit einer Metallleiste zu fixieren, die dann verschraubt worden wäre. Dabei hat der Sachverständige geschätzt, dass das Fahrzeug für etwa 100,00 € netto in einen verkehrssicheren Zustand hätte gesetzt werden können.
Zwar zweifelt die Kammer auch insofern nicht an der Sachkunde des Sachverständigen und es ist ferner davon auszugehen, dass der Kläger bei der Reparaturwerkstatt nicht auf eine solche Notreparatur bestanden hat. Außerdem ist zutreffend, dass im Gutachten des Sachverständigen W. vom 22.11.2011 vermerkt ist, dass eine Notreparatur aufwändig und nur bei Reparaturverzögerung sinnvoll ist. Allerdings hat der Sachverständige M. bei seiner Anhörung angegeben, dass zum damaligen Zeitpunkt noch keine Achsvermessung durchgeführt worden war. Da der Kläger zudem als Laie sich auf das Gutachten W. vom 22.11.2011 verlassen musste, wonach die Notreparatur aufwändig sein soll und nur bei längerer Reparaturverzögerung sinnvoll ist, kann dem Kläger insoweit kein Vorwurf gemacht werden, beim Abstellen des Fahrzeugs bei der Reparaturwerkstatt nicht auf eine Notreparatur bestanden zu haben. Aus der Aussage des Zeugen R. geht außerdem nicht hervor, dass dem Kläger vonseiten der Reparaturwerkstatt gleich bei dem Abstellen des Fahrzeugs am 24.11.2011 mitgeteilt worden wäre, dass bestimmte Teile noch fehlten. Infolge dessen konnte der Kläger bei Auftragserteilung auch keine Notreparatur mit vorheriger Achsvermessung in Auftrag geben. Im Gegenteil, so hat der Zeuge R. ausgeführt, hat man von Seiten der Werkstatt von Anfang an nicht absehen können, dass sich die Reparatur so lange hinziehen würde, insbesondere dass die Lieferung von Ersatzteilen sich so lange hinziehen würde. Zwar hat der Sachverständige M. ausgeführt, dass ihm bei einem Anruf in M. sofort mitgeteilt worden sei, dass Lieferschwierigkeiten bestünden und die Lieferung der Ersatzteile daher mehrere Wochen dauern könne. Darauf allerdings, dass eine Notreparatur möglich gewesen wäre und die Lieferzeiten absehbar gewesen wären, kommt es jedoch nicht an, weil die Werkstatt nach der Aussage des Zeugen R. jedenfalls keine Notreparatur vorgenommen hätte. Auch einem wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen wäre eine Notreparatur in dieser vom Kläger beauftragten Werkstatt demnach nicht möglich gewesen. Der Kläger konnte also den Nutzungsausfall nicht durch eine Notreparatur vermeiden.
Ein eventuelles Verschulden der Werkstatt kann dem Kläger nicht gemäß § 278 BGB zugerechnet werden. Dabei kann dahinstehen, ob die Werkstatt schuldhaft gehandelt hat. Zwar muss sich der Geschädigte bei der Auftragserteilung sowie bei den weiteren Vorkehrungen für eine ordnungsgemäße, zügige Durchführung der Reparatur von wirtschaftlich vertretbaren, das Interesse des Schädigers an einer Geringhaltung des Schadens mitzuberücksichtigenden Erwägungen leiten lassen. Es muss aber auch bedacht werden, dass seinen Erkenntnissen – und Einwirkungsmöglichkeiten bei der Schadensregulierung regelmäßig Grenzen gesetzt sind, dies vor allem, sobald er den Reparaturauftrag erteilt und das Unfallfahrzeug in die Hände von Fachleuten übergeben hat. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der ihm durch das Gesetz eingeräumten Ersetzungsbefugnis in Anwendung des § 278 BGB im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen durch Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen sind, weil die Schadensbeseitigung in einer fremden, weder vom Geschädigten noch vom Schädiger kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Insoweit besteht kein sachlicher Grund, dem Schädiger das Werkstattrisiko abzunehmen, das er auch bei einer Beseitigung des Schadens nach § 249 Abs. 1 BGB zu tragen hätte. Außerdem ist zu bedenken, dass die Werkstatt deshalb kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten ist, weil diese nicht im Pflichtenkreis des Geschädigten tätig wird. Der Geschädigte bedient sich der Werkstatt in erster Linie nicht zur Erfüllung von Obliegenheiten zur Schadensminderung, sondern kraft seiner Befugnis zur Herstellung des beschädigten Fahrzeugs. Diese Kosten legt das Gesetz aber gerade dem Schädiger auf (vgl. BGH NJW 1975, 160; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 254 Rdnr. 55).
Im Übrigen ist nicht zu verkennen, dass auch bei einer Schadensbeseitigung nach § 249 Abs. 1 BGB durch die Beklagte es zu einer längeren Lieferzeit gekommen wäre. Denn eine Notreparatur hätte sich auch nicht früher durchführen lassen, weil sie die Vorschusszahlungen in Höhe von 4.000,00 € selbst erst am 27.12.2011 geleistet hat. Demzufolge ist davon auszugehen, dass die Beklagte den Schaden vor Abschluss der Prüfung ihrer Pflicht zur Schadensregulierung nicht notfallmäßig hätte beseitigen können.
Es kommt auch keine Kürzung wegen Mitverschuldens in Betracht, weil der Kläger der Werkstatt den Reparaturauftrag erst 10 Tage nach dem Unfall am 24.11.2011 erteilte und das Fahrzeug bei der Reparaturwerkstatt zu diesem Zeitpunkt dort abstellte. Denn der Kläger beauftragte zulässigerweise zunächst den Gutachten W. mit der Schadensfeststellung. Dieser stellte die Reparaturwürdigkeit am 19.11.2011 fest. Ein Zeitraum von 5 Tagen bis zur Begutachtung des Sachverständigen erscheint angemessen, wenn man bedenkt, dass der Kläger sich für einen Sachverständigen entscheiden und bei diesem einen Termin vereinbaren muss. Das Gutachten wurde am 22.11.2011 vom Sachverständigen erstellt und der Kläger brachte das Fahrzeug bereits 2 Tage nach Ausstellung des Gutachtens in die Werkstatt.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 775,64 € zu. Denn die Schadenersatzpflicht des § 7 StVG erstreckt sich grundsätzlich auch auf die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten (vgl. Palandt a.a.O., § 249 Rdnr. 57 m.w.N.). Die Höhe ist nicht bestritten und nicht zu beanstanden.
Die Ersatzpflicht der Beklagten für die geleistete Mehrwertsteuer ergibt sich aus § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB.
Dem Kläger stehen gegen die Beklagte gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2011 auf die Forderung in Höhe von 5.262,32 € und in Höhe der bis dahin geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von 603,93 € zu, da sich die Beklagte mit Schriftsatz des Klägers vom 24.11.2011 seit dem 09.12.2011 in Verzug befand. Hinsichtlich der weiter geltend gemachten Anwaltsgebühren befindet sich die Beklagte erst seit 11.1.2012 in Verzug, wie sich aus dem Schreiben des Klägers vom 2.1.2012 ergibt.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO.