AG Pfaffenhofen, Az.: 1 C 428/16
Urteil vom 30.06.2017
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.507,96 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2015 sowie weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 150,06 € zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 25 % und die Beklagte 75 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 2.007,78 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger macht restliche Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfallgeschehen gegen die Beklagte geltend.
Der Unfall und die Einstandspflicht der Beklagten waren unstreitig.
Ein Streit bestand zwischen den Parteien lediglich bezüglich der Reparaturkosten am klägerischen Fahrzeug.
Der Verkehrsunfall war dabei am 05.10.2015, wobei der Versicherungsnehmer der Beklagten dem klägerischen Fahrzeug massiv aufgefahren war.
Der Kläger erholte ein Sachverständigengutachten bei der DEKRA X. Gem. Sachverständigengutachten der DEKRA vom 13.10.2015 beliefen sich die Reparaturkosten auf 6.780,72 € mit MwSt (5.698,08 € ohne MwSt). In dem Gutachten der DEKRA wurde der Schaden beschrieben wie folgt:
„Der Anstoß erfolgte gegen das Fahrzeugheck. Dabei wurden der Stoßfänger und die Anhängerkupplung stark angestoßen. Die Heckklappe und die Seitenwand rechts sind mitbeschädigt. Aufgrund der Heftigkeit des Anstoßes ist eine Karosserievermessung erforderlich.“
Im Hinblick auf die Plausibilität führte das Gutachten aus:
„Der gegenständliche Schaden kann mit dem geschilderten Hergang in Einklang gebracht werden.“
Unter dem Punkt reparierte Vorschäden wurde aufgeführt:
„An dem Fahrzeug wurden, soweit ohne weitergehende Untersuchung erkennbar, folgende reparierte Vorschäden festgestellt: Frontschaden.“
Der Kläger erteilte daraufhin der Reparaturwerkstatt Autohaus B. GmbH, X/Oberpfalz Reparaturauftrag.
Diese erteilte mit Datum vom 04.11.2015 eine Reparaturrechnung. In diese Rechnung wurden folgende Positionen aufgenommen: Hilfestellung bei Gutachtenerstellung Festpreis 150,00 € sowie Typkennzeichen 22,76 €, Mercedesstern 14,26 €, Typenkennzeichen 24,78 €, Typenkennzeichen 17,34 €, Staufachklappe sowie Schloßheckklappe prüfen i.H.v. 1,00 AW, Ablage zwischen den Vordersitzen aus-/einbauen 7 AW, Zusatz zu Ablage zwischen den Vordersitzen aus-/einbauen, Fahrzeug mit Aschenbecher 1 AW und Ablage zwischen den Vordersitzen erneuern 12 AW und Heckklappe komplett lackieren Stufe 3 mit 37, darüberhinaus Frachtkosten i.H.v. 120,00 € und Leihrichtsatzkosten i.H.v. 560,00 €.
Gem. Rechnung der Fa. Kfz.-Richtsatz-Verleih GmbH vom 15.10.2015 gegenüber dem Autohaus B. GmbH wurde betreffend das streitgegenständliche Fahrzeug mit dem amtl. Kennzeichen XX für den Leihrichtsatz Frachtkosten von 120,00 € in Rechnung gestellt.
Ein weiterer Ausgleich durch die Beklagte erfolgte nicht.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er berechtigterweise und im Vertrauen auf die inhaltliche Richtigkeit des Gutachtens der DEKRA, das von ihm eingeholt wurde, dem Autohaus, der Fa. B. Reparaturauftrag erteilen durfte. Insoweit sei die Beklagte verpflichtet, die entsprechend diesem Gutachten folgende Reparaturrechnung des Autohaus B. zahlen zu müssen. Die insoweit erfolgten Abzüge seien nicht gerechtfertigt. Diesbezüglich müsse sich die Beklagte ggfs. an das Autohaus wenden. Der Anstoß sei so massiv gewesen, dass der Cupholder aufgrund eines dort befindlichen schweren Gegenstands beschädigt worden sei, so dass auch die diesbezüglichen Reparaturkosten unfallkausal seien. Desweiteren seien die Gutachterhilfskosten durch die Beklagte zu zahlen. Insoweit sei allein entscheidend, dass ein Gutachter bei der Besichtigung eines beim Unfall beschädigten Pkw es für erforderlich halten durfte, das Fahrzeug auf einer Hebebühne zu begutachten und entsprechenderweise hierzu einen Auftrag erteilt habe. Insoweit würde es sich nicht um Leistungen des Sachverständigen sondern um Leistungen der Werkstatt handeln, die durch die Beklagte zu tragen sei. Entsprechend der Stellungnahme des DEKRA-Gutachtens sei auch die Notwendigkeit der Reparatur des Cupholders und der entsprechenden Folgekosten nachgewiesen.
Der Kläger beantragt zuletzt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.007,78 € nebst 5-%-Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2015, sowie weitere vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 150,06 € zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Gutachterhilfskosten nicht zu tragen seien, da diese durch den Sachverständigen beauftragt worden seien und damit es sich diesbezüglich um Sachverständigenkosten handeln würden, die jedoch in den Grundkosten des Sachverständigen bereits enthalten seien. Desweiteren sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger die Reparaturkostenrechnung bezahlt habe, so dass lediglich ein Freistellungsanspruch bestünde. Der Leihrichtsatz sei berechtigterweise in Abzug zu bringen, da eine markengebundene Mercedes-Fachwerkstatt entsprechendes Werkzeug vorhalten müsse, schließlich würde es sich um eine Fachwerkstatt handeln. Auch die Frachtkosten seien nicht zu erstatten, da diese nachgewiesen werden müssten, was bisher nicht der Fall gewesen sei. Im Übrigen würde der Reparaturaufwand bezüglich der Typkennzeichen des Mercedessterns und der Staufachklappe sowie die Kosten für die Lackierung der gesamten Heckklappe nicht unfallkausal sein und damit in Abzug zu bringen sein. Es sei lediglich eine Teillackierung bis zur Sicke möglich und die Kosten entsprechend zu kürzen.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und auf deren Vorträge in diesen Schriftsätzen sowie auf das schriftliche gerichtliche Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. (FH) M.S.vom 13.01.2017, auf Blatt 47/62 der Akten sowie dessen Ergänzungsgutachten vom 04.04.2017, Blatt 76/81 der Akten und auf den gerichtlichen Beschluss vom 10.05.2017 vollinhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage war im tenorierten Umfang begründet, im darüberhinausgehenden Rahmen allerdings unbegründet.
Dem Kläger stand somit ein weiterer Schadensersatzanspruch i.H.v. 1.527,69 € zu.
Reparaturkosten waren dem Kläger entsprechend der vorgelegten Reparaturrechnung der Fa. Autohaus B. GmbH vom 04.11.2015 i.H.v. 8.499,24 € tatsächlich entstanden.
Die Beklagtenseite hatte hierauf jedoch lediglich 6.491,46 € bezahlt.
Damit waren noch offen ein Betrag über 2.007,78 € offen, der mit der streitgegenständlichen Klage geltend gemacht wurde.
Strittig hierbei war, ob alle abgerechneten Positionen tatsächlich zur Schadensbehebung erforderlich waren bzw. richtig berechnet wurden und allein aufgrund tatsächlich durchgeführter Reparatur gemäß der Reparaturrechnung durch die gegnerische Versicherung reguliert werden müsse.
Das Landgericht Saarbrücken hat in seiner Entscheidung vom 22.06.2012, AZ: 13 S 37/12, NJW 2012, 3658 ff., zum Problemfall „überhöhte Reparaturkosten“ ausgeführt:
„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte, der das Unfallfahrzeug selbst zur Reparatur gibt, nach § 249 Abs. 2 BGB von dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer den Geldbetrag ersetzt verlangen, der zur Herstellung des beschädigten Fahrzeugs erforderlich ist (BGHZ 63, 182, 183; BGHZ 115, 364, 367). Der erforderliche Herstellungsaufwand wird dabei nicht nur durch Art und Ausmaß des Schadens, die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung, sondern auch von den Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt, so auch durch seine Abhängigkeit von Fachleuten, die er zur Instandsetzung des Unfallfahrzeugs heranziehen muss (BGHZ 63, 182, 184). In diesem Sinne ist der Schaden subjektbezogen zu bestimmen (BGHZ 63, 182, 184; BGHZ 115, 364, 369). Gerade im Fall der Reparatur von Kraftfahrzeugen darf nicht außer acht gelassen werden, dass den Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten Grenzen gesetzt sind. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der ihm durch das Gesetz eingeräumten Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss (vgl. BGHZ 63, 182, 185). Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs im Rahmen von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB darf nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift aus den Augen verloren werden, dass dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll (BGHZ 132, 373, 376; BGHZ 155, 1, 5). Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug – wie hier – reparieren, so sind die durch eine Reparaturrechnung der Werkstatt belegten Aufwendungen im Allgemeinen ein aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit der angefallenen Reparaturkosten (vgl. BGH, Urteil vom 20.06.1989 – VI ZR 334/88, VersR 1989, 1056). Die „tatsächlichen“ Reparaturkosten können deshalb regelmäßig auch dann für die Bemessung des „erforderlichen“ Herstellungsaufwandes herangezogen werden, wenn diese Kosten ohne Schuld des Geschädigten – etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit, wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise im Vergleich zu dem, was für eine solche Reparatur sonst üblich ist – unangemessen sind (BGHZ 63, 182, 186). Es besteht insoweit kein Sachgrund, dem Schädiger das „Werkstattrisiko“ abzunehmen, das er auch zu tragen hätte, wenn der Geschädigte ihm die Beseitigung des Schadens nach § 249 Abs. 1 BGB überlassen würde (BGHZ 63, 182, 185).
b) Danach sind die hier geltend gemachten Aufwendungen des Klägers als erforderlich anzusehen. Das von dem Kläger eingeholte Schadensgutachten hat eine Reparatur der erfolgten Art aus technischer Sicht als geboten und den damit verbundenen Aufwand entsprechend dem späteren tatsächlichen, durch Vorlage einer Reparaturkostenrechnung belegten Kostenanfall als notwendig bewertet. Unter diesen Umständen durfte ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch an der Stelle des Klägers die Eingehung dieser Aufwendungen grundsätzlich für erforderlich halten. Das Gegengutachten der Zweitbeklagten ist – ohne dass es darauf ankommt, ob der Kläger es vor Durchführung der Reparatur erhalten hat – nicht geeignet, die Erforderlichkeit der geltend gemachten Reparaturkosten in Zweifel zu ziehen. Der Geschädigte, der sein Fahrzeug fachgerecht und zumindest wertmäßig in einem Umfang repariert, wie ihn der von ihm beauftragte Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, ist grundsätzlich berechtigt, die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten bis zur sogenannten 130%-Grenze zu verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2010 – VI ZR 231/09, VersR 2011, 282 m.w.N. zur Rspr.). Dies gilt in der Regel auch dann, wenn der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer gegenüber dem Geschädigten Einwendungen gegen die Kostenschätzung erhoben hat, unabhängig davon, ob diese Einwendungen berechtigt sind. Denn der Geschädigte, der den Weg der vollständigen Instandsetzung wählt, darf sich grundsätzlich auf das von ihm eingeholte Schadensgutachten verlassen (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.1993 – VI ZR 181/92, VersR 1993, 769, 770 m.w.N.; OLG Düsseldorf, VersR 1977, 840, 841; jurisPK-BGB/Rüßmann, 5. Aufl., § 249 Rn. 79). Der Schädiger trägt insoweit nicht nur das „Werkstattrisiko“, sondern auch das Risiko, dass sich die veranschlagten Reparaturkosten im Nachhinein als zu teuer erweisen. Ob im Einzelfall anderes gilt, wenn der Geschädigte die Fehlerhaftigkeit der von ihm veranlassten Kostenschätzung erkennen konnte, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Fall hier nicht gegeben ist. Der Umstand, dass im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme mehrere Kfz-Sachverständige und ein sachverständiger Zeuge hinsichtlich der mit der Schadensbehebung verbundenen technischen Fragen zu unterschiedlichen Bewertungen gelangt sind, belegt insoweit, dass es dem geschädigten Laien an der Stelle des Klägers nicht zumutbar war, sich zu den Einwendungen der Beklagten ohne weiteres ein verlässliches Urteil zu bilden (vgl. Kammer, Urteil vom 16.12.2011 – 13 S 128/11, juris).“
Danach fallen in den Verantwortungsbereich des Schädigers auch Mehrkosten, somit auch solche Kosten für unnötige Zusatzarbeiten, welche durch die Werkstatt ausgeführt wurden. Diesbezüglich ist die Ersatzfähigkeit von unnötigen Mehraufwendungen nur ausnahmsweise dann ausgeschlossen, wenn dem Dritten ein äußerst grobes Verschulden zur Last fällt, so dass die Mehraufwendungen dem Schädiger nicht mehr zuzurechnen sind.
Streitgegenständlich besteht damit ein Spannungsverhältnis zwischen den hier als Schlagworten jeweils aufgeführt Problemkreis „Werkstattrisiko“ und dem weiteren Problemkreis „überhöhte Reparaturkostenrechnung“.
Von Beklagtenseite wurde diesbezüglich der Einwand erhoben, dass die Klagepartei die Reparaturkosten vor Mitteilung der Einwendung gegenüber der Reparaturkostenrechnung nicht vollständig bezahlt habe.
Diesbezüglich erfolgte von Klagepartei keine Äußerung hierzu.
Somit galt hier nun als unstreitig gem. § 138 III ZPO, dass die Reparaturkostenrechnung durch die Klagepartei tatsächlich vor Erhebung der Einwendungen noch nicht, jedenfalls nicht vollständig bezahlt worden war. Streitgegenständlich geht das Gericht sogar davon aus, dass die Reparaturkostenrechnung in dem strittigen Umfang tatsächlich gegenwärtig immer noch nicht bezahlt worden ist.
Die obigen Erwägungen des Landgerichts Stuttgart in der zitierten Entscheidung sowie die vom Landgericht Stuttgart und auch sonst ersichtliche Rechtsprechungen des BGH bemühen in sämtlichen Entscheidungen den Grundsatz und formulieren dies mit „grundsätzlich“ oder „im Allgemeinen“ oder „regelmäßig“ sowie „ausnahmsweise“. Dies macht deutlich, dass zwar grundsätzlich der Geschädigte ein von ihm erholtes Sachverständigengutachten für eine Reparatur zugrunde legen darf und sich insoweit die Reparaturwerkstatt an das vom Geschädigten erholte Sachverständigengutachten zu halten hat, es zeigt aber auch, dass Ausnahmen im konkreten Einzelfall vorliegen können.
Dies war im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Gutachterhilfskosten i.H.v. 150,00 € ohne MwSt bzw. 178,50 € mit MwSt sowie die Positionen Typenkennzeichen, Mercedeskennzeichen als auch Frachtkosten und Leihrichtsatzkosten gegeben. In ganz erheblichem Umfang betraf dies darüber hinaus noch die Position bezüglich der Ablage zwischen den Vordersitzen aufgrund eines – angeblichen – Cupholder-Schadens.
Zum einen waren die Positionen für Fracht- und Leihrichtsatzkosten im zugrunde gelegten Sachverständigengutachten nicht aufgenommen. Zum anderen fanden sich dort auch keine Angaben über Gutachterhilfskosten. Gleichzeitig war vom Sachverständigen der DEKRA der Schaden beschrieben worden als Anstoß gegen das Fahrzeugheck, wobei der Stoßfänger und die Anhängerkupplung stark angestoßen, die Heckklappe und die Seitenwand rechts mitbeschädigt wurden. Insoweit war nichts darüber im DEKRA-Gutachten zu entnehmen, dass hier Schäden im vorderen Innenbereich betreffend der Ablage zwischen den Vordersitzen unfallkausal beschädigt wurden.
Derartiges konnte auch nicht aus den dem Gutachten der DEKRA beigefügten Lichtbildern erkannt und festgestellt werden.
Gleiches galt bezüglich der Frachtkosten und Richtsatzleihkosten sowie der Gutachterhilfskosten.
In diesem Punkt musste der Kläger die Rechnung kritisch überprüfen und ausnahmsweise diesbezüglich nachfragen.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) Michael S. kam dabei in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 13.01.2017 zu folgender Beantwortung der Beweisfrage: „Die Erneuerung der Typenkennzeichen, die Erneuerung Mercedesstern, die Sichtprüfung für Schlossheckklappe sowie deren Reparaturkosten, die Kosten für die Lackierung der Heckklappe sowie Beilackierungskosten und Lackangleichung und die Kosten für Leihrichtsatz sind unfallkausal, ortsüblich und ordnungsgemäß und sind nicht in Abzug zu bringen.
Die Erneuerung der Staufachklappe ist nicht notwendig und bedarf eines Abzugs i.H.v. 253,21 € netto.
Der Aus- und Einbau der Ablage zwischen den Vordersitzen sowie Zusatz zur Ablage zwischen den Vordersitzen aus- und einbauen und Erneuerung der Ablage zwischen den Vordersitzen ist nicht notwendig und bedarf einen Abzug i.H.v. 199,40 € netto.
Die Beschaffungs- bzw. Frachtkosten i.H.v. 120,00 € netto sind nicht angebracht und müssten abgezogen werden.
Insgesamt müssen 572,61 € netto (681,40 € brutto) in Abzug gebracht werden.“
Das Gericht schließt sich insoweit den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen an.
Hiergegen wurde Einwendung von der Klagepartei erhoben.
Erstmals wurde hier dann der Nachweis angefallener Frachtkosten i.H.v. 120,00 € durch Vorlage einer entsprechenden Rechnung der Fa. Kfz.-Richtsatzverleih GmbH vom 15.10.2015 erbracht.
Im Hinblick auf die Staufachklappe wurden ebenso Einwendungen erhoben und diesbezüglich eine Stellungnahme der DEKRA vorgelegt.
In seinem Ergänzungsgutachten vom 04.04.2017 führte der gerichtlich bestellte Sachverständige schriftlich zur Staufachklappe aus: „Ein Zusammenhang zwischen den aktiven Kopfstützen und der Beschädigung der Staufachklappe kann aus technischer Sicht nicht nachvollzogen werden, da sich die Kopfstütze zwar im Innenraum des Fahrzeugs befindet, jedoch von der Staufachklappe mehrere Zentimeter entfernt sind. Der Sachverständige Peter F. der DEKRA gibt im neu beigefügten Schreiben vom 04.12.2015 an, dass die Staufachklappe durch die Trägheit eines darin befindlichen Teils beim zweifachen Heckaufprall beschädigt wurde. Im Gutachten der DEKRA vom 13.10.2015 kann auf Seite 4 der Schadensbeschreibung nicht entnommen werden, dass die Staufachklappe oder die Cupholder beschädigt wurden. In der Lichtbildanlage des Gutachtens ist im Lichtbild 3 der Innenraum des Fahrzeugs vorne zu sehen, jedoch keine detaillierte Aufnahmen des defekten Staufachs/Cupholders.
Daher kann aus technischer Sicht mit dem zur Verfügung gestellten Anknüpfungstatsachen nicht beweissicher davon ausgegangen werden, dass die Staufachklappe unfallkausal beschädigt wurde.
Zur Sicherstellung und Zuordnung und der vorgetragenen Beschädigungen an der Staufachklappe müsste ein Lichtbild der Beschädigung vorliegen, sowie das Teil, das durch die Trägheit und den Heckaufprall die Beschädigung an dieser verursacht hätte. Die Beschädigung an sich müsste analysiert werden, um festzustellen, ob diese durch den Heckaufprall entstanden ist oder dem eine andere Ursache zugrunde lag.“
Das Gericht schließt sich insoweit den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständige an. Zweifel und Einwendungen hiergegen wurden von keiner Seite erhoben und waren auch nicht ersichtlich.
Damit wird deutlich, dass die Beschädigung im Innenraum nicht mit dem Argument „Werkstattrisiko“ oder dem Schlagwort „überhöhte Reparaturkostenrechnung“ einfach wegzuwischen waren. Vielmehr handelt es sich hier um einen Punkt, der mit unfallkausalen Schadensfolgen zu tun hat. Insoweit lag die Beweislast diesbezüglich auf Klägerseite. Der Kläger musste, was auch auffällig bei einem Heckanstoß war, aufgrund der Reparaturkostenrechnung im Hinblick auf Kosten für eine Reparatur im Innenraum vorne hellhörig werden und diesbezüglich, soweit dieser Schaden tatsächlich unfallkausal war, entsprechenden Nachweis erbringen.
Hierzu hatte der gerichtliche Sachverständige noch in seinem Ergänzungsgutachten ausdrücklich und durch Fettdruck hervorgehoben hingewiesen.
Einen entsprechenden Nachweis war die Klagepartei jedoch nicht angetreten. Es wurde weder der DEKRA-Sachverständige als Beweis angeboten für die Tatsache, dass diesbezüglich ein Schaden vorlag, keine Angaben darüber gemacht, um welchen schweren Gegenstand es sich hier gehandelt haben könnte, der schadensursächlich aufgrund des Anstoßes den Schaden am Cupholder verursacht hatte, noch wurden entsprechende Lichtbilder vorgelegt, die einen entsprechenden Schaden gezeigt hätten. Das einzige verifizierbare Lichtbild war das, das dem DEKRA-Gutachten als Bild 3 den Innenraum zeigt.
Insoweit wäre es streitgegenständlich zu kurz gegriffen, jegliche Aufwendungen, die die Reparaturwerkstatt aufgrund eines vorgelegten Gutachtens repariert hat, ohne nähere Prüfung als unfallkausal anzusehen und damit durch den Schädiger bzw. dessen Versicherung erstatten zu lassen.
Insoweit handelt es sich tatsächlich nicht um ein „Werkstattrisiko“ bzw. eine „überhöhte Reparaturrechnung“, sondern bereits einen Schritt davor liegend um die Frage, ob dies entsprechend dem Vortrag der Klagepartei unfallkausaler Schaden war. Aufgrund des Heckanstoßes konnte sich eine solcher Schaden jedoch nur schwer als plausibel und adäquat kausal dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen zuordnen lassen. Entsprechend konnte auch dem DEKRA-Gutachten eine solche Beschädigung schon nicht entnommen werden, so dass nach Ansicht des Gerichts gerade diese Schadenspositionen nicht automatisch auf Grund Vorlage der Reparaturkostenrechnung durch die Beklagte zu bezahlen war, sondern durchaus diesbezüglich erst der Nachweis durch die Klagepartei zu führen war.
Gleiches galt nach Ansicht des Gerichts hier für die Leihrichtsatzkosten i.H.v. 560,00 € sowie für die Frachtkosten.
Diese wurden allerdings durch Vorlage der entsprechenden Rechnung nach Gutachtenserholung durch die Klagepartei nunmehr in Höhe von 540,00 € nachgewiesen. In dieser Größenordnung konnten diese Kosten nur angesetzt werden. Insoweit erübrigten sich die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen hierzu. Der Gutachter hatte sich mit diesen Kosten auseinandergesetzt und sein entsprechendes Gutachten vorgelegt hierzu, bevor die Klagepartei den Umfang der Kosten durch Vorlage der entsprechenden Rechnung nachgewiesen hatte. Allerdings waren die Ausführungen des Sachverständigen in seinem Ergänzungsgutachten im Hinblick auf die auf der entsprechenden Rechnung angegebene handschriftliche Zahl „560,- €“ heranzuziehen. Diesbezüglich hatte der gerichtliche Sachverständige ausgeführt: „Die neu beigelegten Seiten der Auftragsbestätigung der Firma Richtsatz Express mit der Nummer 15102096 beinhalten eine handschriftliche Summe in Höhe von 560 € welche jedoch nicht im Zusammenhang mit der Rechnungsnummer 15101112 gebracht werden kann“. Dem war nichts hinzuzufügen.
Im Hinblick auf die Positionen Typkennzeichen, Mercedesstern sowie Lackierkosten kam der gerichtlich bestellte Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten entsprechend dem DEKRA-Gutachten und der vorgelegten Reparaturkosten gleichermaßen zum Ergebnis, dass diese Positionen unfallkausal waren und damit durch die Beklagte zu erstatten waren.
Dagegen stellen etwas gänzlich anderes die Gutachterhilfskosten i.H.v. 150,00 € ohne MwSt bzw. 178,50 € inkl. MwSt dar.
Diesbezüglich handelt es sich, anders als von der Klagepartei bewertet nicht um Kosten der Reparatur.
Von der Klagepartei wurde insoweit eingeräumt, dass diese Kosten darauf zurückzuführen waren, dass der DEKRA-Gutachter zur Erstellung seines Gutachtens die Werkstatt angewiesen hatte, das Fahrzeug auf eine Hebebühne zu verbringen. Hierfür hatte die Reparaturwerkstatt einen Festpreis i.H.v. 150,00 € ohne MwSt berechnet.
Diese Kosten stellen damit ersichtlich keine Kosten der Reparatur dar. Sie waren für die Erstellung des Gutachtens erforderlich und in diesem Zusammenhang entstanden. Es handelt sich dabei nicht um Kosten, die mit der Reparatur zusammenhängen, da diese erst später aufgrund des Dekra-Gutachtens erst begonnen wurde. Dementsprechend konnten diese auch nicht über die Reparaturkosten abgerechnet werden. Auftraggeber war insoweit nicht der Kläger, sondern allein der Sachverständige. Dieser hatte hierzu die Werkstatt angewiesen und hätte diese Kosten dann ggfs. in seiner Sachverständigenrechnung gegenüber dem Kläger in Ansatz bringen können. In diesem Punkt schließt sich das Gericht den Ausführungen des Amtsgerichts Obernburg/Main vom 30.01.2014, AZ: 1 C 387/13 an, in der das Gericht ausgeführt hatte: „Soweit dem Kläger Seitens der Reparaturfirma … die Benutzung der Hebebühne in Rechnung gestellt wurde, besteht nach Ansicht des Gerichts ein Erstattungsanspruch nicht. Nach Ansicht des Gerichts sind Kosten, die für die Erstellung des Gutachtens des Sachverständigen anfallen, in der Abrechnung des Sachverständigen aufzunehmen.“
Dabei kann streitgegenständlich dahinstehen, ob diese Kosten dann, wie das Amtsgericht Obernburg/Main meint, Teil des Grundhonorars sei oder daneben geltend gemacht werden können, denn im Ergebnis jedenfalls stellen diese Kosten keine Reparaturkosten der Reparaturwerkstatt dar und konnten damit nicht in Ansatz gebracht werden.
Zusammenfassend war daher der Rechtsprechung des BGH folgend die Rechnung der Reparaturwerkstatt grundsätzlich zu erstatten. Ausnahmsweise waren die Kosten bezüglich der Reparatur von Schäden, die nicht plausibel auf das Unfallgeschehen zurückzuführen waren, durch den Geschädigten und hier durch den Kläger nachzuweisen. Soweit ein entsprechender Nachweis hierüber nicht erbracht wurde, konnten derartige Kosten, auch wenn diese von der Reparaturwerkstatt bei Gelegenheit der Schadensreparatur mitbehoben wurden, nicht angesetzt werden.
Weitergehende, andersartige Rechnungspositionen, die sich überhaupt nicht im Sachverständigengutachten wiederfinden und als solches gesondert abgerechnet werden, müssen ebenfalls durch den Geschädigten und hier streitgegenständlich durch den Kläger nachgewiesen werden.
Desweiteren enthebt die Vorlage derartiger Reparaturkostenrechnung den Geschädigten nicht davor, die Rechnung kritisch zu überprüfen und insbesondere unter der Position Gutachterhilfskosten nachzufragen und aufzuklären.
Streitgegenständlich führte dies dazu, dass die Gutachterhilfskosten sowie die Kosten für die Staufachklappe und deren Erneuerung nicht in Ansatz gebracht werden konnten.
Dementsprechend errechnete sich hier ein restlicher Schadensersatzanspruch unter Nachweis der Leihrichtsatzkosten und Frachtkosten i.H.v. insgesamt noch 1.507,69 €. Demgegenüber musste sich der Kläger Abzüge i.H.v. 499,82 € gefallen lassen.
Insoweit war die Klage wie tenoriert begründet, im übrigen unbegründet.
Unter Berücksichtigung der hier noch durch die Beklagtenseite zu erstattenden weiteren Schadenskosten ergab sich streitgegenständlich kein Gebührensprung, so dass vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten aus einem Gegenstandswert bis 13.000,00 € mit 958,19 € entstanden waren. Hierauf waren durch die Beklagte 808,13 € bereits bezahlt worden, so dass noch ein Restbetrag über 150,06 € verblieb.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.