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Verkehrsunfall – Ermittlung merkantiler Minderwert

Ein Blechschaden an einem Fahrschulwagen führte zu einem juristischen Streit über den tatsächlichen Wertverlust nach einem Unfall. Die zentrale Frage: Darf ein Unternehmer, der Mehrwertsteuer abziehen kann, den sogenannten „merkantilen Minderwert“ brutto oder nur netto verlangen? Das Landgericht Saarbrücken hat dazu nun ein klares Urteil gefällt und die Kürzung bestätigt.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 13 S 55/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Saarbrücken
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren (Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts)
  • Rechtsbereiche: Schadensrecht im Straßenverkehr, Umsatzsteuerrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eigentümer eines beschädigten Fahrschulfahrzeugs, der vorsteuerabzugsberechtigt ist und die volle merkantile Wertminderung inklusive des Mehrwertsteueranteils verlangte.
  • Beklagte: Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers, der die Haftung dem Grunde nach anerkannte, aber den Abzug des Mehrwertsteueranteils von der merkantilen Wertminderung forderte.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Nach einem Verkehrsunfall mit dem Fahrzeug des Klägers anerkannte der Versicherer (Beklagte) die grundsätzliche Haftung. Neben Reparaturkosten entstand eine merkantile Wertminderung am Fahrzeug.
  • Kern des Rechtsstreits: Streitig war, ob der Kläger, der vorsteuerabzugsberechtigt ist, auch den auf die merkantile Wertminderung entfallenden Mehrwertsteueranteil vom Versicherer ersetzt verlangen kann.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht wies die Berufung des Klägers zurück und bestätigte damit das Urteil des Amtsgerichts.
  • Begründung: Das Gericht begründete, dass bei einem vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer die merkantile Wertminderung um den hypothetischen Mehrwertsteueranteil zu kürzen ist, wenn die Schätzung auf Bruttowerten basiert. Bei einem hypothetischen Verkauf des Fahrzeugs nach Reparatur würde der Unternehmer Umsatzsteuer einnehmen und an das Finanzamt abführen. Eine Erstattung des vollen Bruttobetrags würde eine unzulässige Bereicherung darstellen.
  • Folgen: Für den Kläger bedeutet dies, dass er den von der Beklagten einbehaltenen Mehrwertsteueranteil auf die merkantile Wertminderung nicht erhält. Die Entscheidung stellt klar, dass vorsteuerabzugsberechtigte Geschädigte bei der merkantilen Wertminderung nur den Nettoverlust ersetzt bekommen, der einem hypothetischen Verkauf des Fahrzeugs nach Reparatur entspricht.

Der Fall vor Gericht


Urteil: Keine Mehrwertsteuer auf merkantilen Minderwert für Vorsteuerabzugsberechtigte – Landgericht Saarbrücken bestätigt Kürzung

Das Landgericht Saarbrücken hat in einem Berufungsverfahren entschieden, dass ein vorsteuerabzugsberechtigter Geschädigter keinen Anspruch auf den vollen, brutto berechneten merkantilen Minderwert seines Unfallfahrzeugs hat.

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Unfall am Fahrschulwagen: Auffahrunfall, Beschädigung, Wertminderung, Gutachten und rechtliche Hinweise. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Stattdessen ist der Minderwert um den darin enthaltenen fiktiven Umsatzsteueranteil zu kürzen. Diese Entscheidung stützt sich maßgeblich auf jüngste Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) und betrifft die Auslegung von Schadensersatzansprüchen nach § 251 BGB.

Der Unfall: Fahrschulfahrzeug bei Auffahrunfall beschädigt und die Frage nach der Wertminderung

Ein alltäglicher Verkehrsunfall vom 21. Juli 2023 führte zu einer juristischen Auseinandersetzung, die nun vom Landgericht Saarbrücken entschieden wurde. Das Fahrschulfahrzeug eines Unternehmers, der auch dessen Eigentümer ist, wurde bei einem Auffahrunfall beschädigt. Der Unfall wurde durch die Unachtsamkeit des Fahrers eines anderen Fahrzeugs verursacht. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers trat als regulierende Partei auf. Die grundsätzliche Haftung für den Unfallschaden war zwischen den Beteiligten von Anfang an unstrittig, sodass es primär um die Höhe des zu ersetzenden Schadens ging.

Streitpunkt Mehrwertsteuer: Gehört Umsatzsteuer zum ersatzfähigen merkantilen Minderwert bei Unternehmern?

Nach dem Unfall beauftragte der Eigentümer des Fahrschulwagens einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieses Gutachten, datiert vom 16. August 2023, bezifferte die geschätzten Nettoreparaturkosten auf 3.136,94 Euro. Darüber hinaus wurde ein Merkantiler Minderwert in Höhe von 550 Euro festgestellt. Der merkantile Minderwert ist der Betrag, um den ein Fahrzeug trotz vollständiger und fachgerechter Reparatur auf dem Gebrauchtwagenmarkt weniger wert ist, allein aufgrund der Tatsache, dass es sich um einen Unfallwagen handelt.

Der Fahrschulinhaber, der als Unternehmer vorsteuerabzugsberechtigt ist, bezifferte seinen Gesamtschaden zunächst auf die Nettoreparaturkosten, den vollen Betrag der Wertminderung (550 Euro), einen Nutzungsausfall von 195 Euro sowie die Nettokosten für das Sachverständigengutachten in Höhe von 998,24 Euro.
Der Kern des Streits entzündete sich an der Frage, ob die merkantile Wertminderung brutto oder netto zu erstatten sei. Der Fahrschulinhaber vertrat die Ansicht, dass die Wertminderung nicht unter die Regeln der Naturalrestitution des § 249 BGB falle, bei der es explizite Regelungen zur Mehrwertsteuer gibt. Stattdessen sei § 251 BGB anzuwenden, der die Entschädigung in Geld für einen Schaden regelt, der nicht oder nur unzureichend wiederhergestellt werden kann. Da § 251 BGB, so seine Argumentation, keine spezifische Regelung zur Mehrwertsteuer enthalte und die Wertminderung selbst keine steuerbare Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes darstelle, müsse ihm der volle Betrag der Wertminderung inklusive eines fiktiven Mehrwertsteueranteils erstattet werden – auch wenn er vorsteuerabzugsberechtigt ist.

Die gegnerische Haftpflichtversicherung widersprach dieser Auffassung vehement. Sie argumentierte, dass die Wertminderung um den Mehrwertsteueranteil von 19 % zu bereinigen sei. Ihre Begründung: Da der Fahrschulinhaber vorsteuerabzugsberechtigt ist und die Wertminderung auf einem hypothetischen Verkaufspreis basiert, würde er bei einem tatsächlichen Verkauf die Umsatzsteuer zwar einnehmen, aber an das Finanzamt abführen müssen. Ein Ersatz des Bruttobetrags würde ihn also besserstellen als ohne den Unfall.

Der Fahrschulinhaber klagte zunächst auf Zahlung von 4.880,18 EUR zuzüglich Zinsen. Nachdem die Versicherung Teilzahlungen auf die Reparaturkosten, die Sachverständigenkosten, einen Teil der Wertminderung (nämlich 462,18 Euro, was 550 Euro abzüglich 19 % entspricht) und vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren geleistet hatte, erklärte der Fahrschulinhaber die Klage teilweise für erledigt. Er verfolgte zuletzt einen Restbetrag, der sich im Wesentlichen aus dem von der Versicherung einbehaltenen fiktiven Mehrwertsteueranteil auf die Wertminderung ergab. Der Streitwert in der Berufung belief sich somit auf 87,82 Euro.

Das Amtsgericht Neunkirchen hatte die Klage, soweit sie nicht für erledigt erklärt worden war, abgewiesen. Es folgte der Ansicht der Versicherung, dass sich eine unfallschadensbedingte merkantile Wertminderung bei einem vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer, der das Fahrzeug im Betriebsvermögen hält, geringer auswirke. Dies liege daran, dass bei einem hypothetischen Verkauf des Fahrzeugs Umsatzsteuer anfallen würde, die für den Unternehmer lediglich ein durchlaufender Posten sei. Gegen dieses Urteil legte der Fahrschulinhaber Berufung ein und verfolgte ausschließlich den Anspruch auf Erstattung des um den Mehrwertsteueranteil gekürzten Teils der Wertminderung.

Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken: Kein Anspruch auf Brutto-Wertminderung für vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer

Das Landgericht Saarbrücken wies die Berufung des Fahrschulinhabers mit Urteil vom 29. Mai 2024 (Aktenzeichen nicht im Originaltext genannt) zurück. Damit bestätigte es die Entscheidung der Vorinstanz, des Amtsgerichts Neunkirchen, vollumfänglich. Der Fahrschulinhaber hat somit keinen Anspruch auf die Erstattung des vollen, unbereinigten merkantilen Minderwerts, sondern muss die Kürzung um den fiktiven Mehrwertsteueranteil hinnehmen.

Begründung des Gerichts: Warum der Abzug der Mehrwertsteuer beim Minderwert korrekt ist

Das Landgericht Saarbrücken begründete seine Entscheidung ausführlich und bezog sich dabei insbesondere auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Anspruch auf merkantilen Minderwert grundsätzlich anerkannt (§ 251 BGB)

Zunächst stellte das Gericht fest, dass dem Fahrschulinhaber dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz des merkantilen Minderwerts zusteht. Dieser Schaden resultiert aus der Tatsache, dass ein unfallbeschädigtes Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt auch nach vollständiger und ordnungsgemäßer Reparatur aufgrund des Risikos verborgener Mängel oder einer höheren Schadensanfälligkeit einen geringeren Preis erzielen kann als ein vergleichbares, unfallfreies Fahrzeug. Diese Differenz ist vom Schädiger zu ersetzen. Das Gericht ordnete diesen Anspruch zutreffend als Wertersatzanspruch nach § 251 Absatz 1 Alternative 2 BGB ein. Er ist kein Teil der Wiederherstellungskosten im Sinne des § 249 BGB, sondern kompensiert den Wertverlust, der trotz einer Reparatur bestehen bleibt. Dieser Punkt war zwischen den Parteien auch unstreitig.

Entscheidend: Hypothetischer Verkauf und die Rolle der Umsatzsteuer bei Unternehmern gemäß BGH-Rechtsprechung

Der Kern der Begründung lag in der Frage, wie die Mehrwertsteuer im Kontext des merkantilen Minderwerts zu behandeln ist, wenn der Geschädigte vorsteuerabzugsberechtigt ist. Das Landgericht folgte der Auffassung, dass von dem merkantilen Minderwert, soweit dieser – wie in der Praxis üblich – vom Bruttoverkaufspreis ausgehend geschätzt wurde, ein dem Umsatzsteueranteil entsprechender Betrag abzuziehen ist. Hierbei stützte sich das Gericht ausdrücklich auf zwei aktuelle Urteile des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2024 (Aktenzeichen VI ZR 243/23 und VI ZR 205/23). Diese BGH-Entscheidungen haben klargestellt, wie in solchen Fällen zu verfahren ist. Das Landgericht verwies zudem auf bereits zuvor bestehende obergerichtliche Rechtsprechung (beispielsweise vom LG Karlsruhe, LG Essen, LG Dortmund) und einschlägige Kommentarliteratur, die diese Sichtweise stützen.

Das Gericht erläuterte, dass der merkantile Minderwert selbst zwar nicht steuerpflichtig ist im Sinne einer umsatzsteuerbaren Leistung. Das bedeutet jedoch nicht, dass er immer brutto, also inklusive eines fiktiven Mehrwertsteueranteils, zu erstatten ist. Die Schätzung des Minderwerts basiert auf einem hypothetischen Verkauf des Fahrzeugs nach der Reparatur (Schätzungsgrundlage gemäß § 287 Zivilprozessordnung, ZPO). Bei einem Verkauf eines im Betriebsvermögen befindlichen Fahrzeugs durch einen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer handelt es sich um einen umsatzsteuerpflichtigen Vorgang gemäß § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Der Unternehmer würde beim Verkauf die Umsatzsteuer vom Käufer vereinnahmen, müsste diese aber vollständig an das Finanzamt abführen. Für den Unternehmer stellt die Umsatzsteuer in diesem Szenario einen „durchlaufenden Posten“ dar; sie erhöht nicht sein Vermögen.

Vermeidung ungerechtfertigter Bereicherung als zentrales Schadensprinzip

Wenn nun der merkantile Minderwert, der auf der Differenz zwischen hypothetischen Bruttoverkaufspreisen basiert, dem vorsteuerabzugsberechtigten Fahrschulinhaber ebenfalls brutto erstattet würde, käme es zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Geschädigten. Er würde einen Betrag (den fiktiven Umsatzsteueranteil) erhalten, den er bei einem tatsächlichen Verkauf des Fahrzeugs nicht für sich hätte behalten können, da er ihn an das Finanzamt hätte abführen müssen. Dies widerspricht dem fundamentalen schadensrechtlichen Bereicherungsverbot. Das schadensrechtliche Interesse nach § 251 BGB ist darauf gerichtet, die tatsächliche Vermögensdifferenz auszugleichen, und zwar nach Abzug der abzuführenden Umsatzsteuer. Es geht also um den Verlust beim hypothetischen Nettoverkaufserlös. Nur dieser Verlust stellt eine reale Vermögensminderung für den vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer dar.

Abgrenzung zu § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB: Keine Übertragbarkeit auf den Minderwert

Das Gericht stellte auch klar, dass die Regelung des § 249 Absatz 2 Satz 2 BGB nicht auf die Entschädigung des Minderwerts nach § 251 BGB übertragbar ist. Der § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB regelt, unter welchen Umständen die Mehrwertsteuer auf (konkret angefallene oder fiktive) Reparaturkosten zu erstatten ist. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass der Geschädigte bei der Reparatur die Umsatzsteuer tatsächlich als Aufwand an die Werkstatt zahlt (oder bei fiktiver Abrechnung zahlen müsste). Beim hypothetischen Verkaufsszenario, das der Berechnung des Minderwerts zugrunde liegt, würde der vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer hingegen Umsatzsteuer vom Käufer einnehmen und diese dann an das Finanzamt abführen. Es handelt sich somit um zwei verschiedene schadensrechtliche Sachverhalte, die unterschiedlich zu bewerten sind.

Sachverständigengutachten und die Schätzung des Minderwerts auf Bruttobasis im konkreten Fall

Im vorliegenden Fall ging das Gericht davon aus, dass der vom Sachverständigen ermittelte Minderwert von 550 Euro – wie in der Gutachtenpraxis üblich – auf der Basis von Bruttoverkaufspreisen geschätzt worden war. Folglich musste dieser Betrag um einen dem Umsatzsteueranteil entsprechenden Betrag korrigiert werden, um den tatsächlichen Vermögensnachteil des vorsteuerabzugsberechtigten Fahrschulinhabers korrekt abzubilden. Die konkrete Berechnung des abzuziehenden Betrags durch die Haftpflichtversicherung, der das Amtsgericht Neunkirchen bereits gefolgt war, wurde vom Fahrschulinhaber in der Berufungsinstanz nicht substantiiert angegriffen. Das Landgericht sah daher auch keine Anhaltspunkte für Bedenken an der Richtigkeit dieser Berechnung.

Keine Revision zugelassen: Rechtsfrage durch BGH geklärt

Das Landgericht Saarbrücken ließ die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zu. Die Begründung hierfür ist, dass die maßgebliche Rechtsfrage – nämlich die Grundlage für die Schätzung des merkantilen Minderwerts und der notwendige Abzug des Umsatzsteueranteils bei vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten – durch die zitierten, erst kürzlich ergangenen BGH-Urteile vom 16. Juli 2024 bereits höchstrichterlich geklärt wurde. Eine Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere daher keine erneute Entscheidung des Revisionsgerichts in diesem spezifischen Fall. Die Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken ist somit rechtskräftig.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken etabliert, dass vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer bei Unfallschäden keinen Anspruch auf den vollen Bruttobetrag des merkantilen Minderwerts haben, sondern nur auf den Nettowert. Dies beruht auf dem Grundsatz, dass die Umsatzsteuer für Unternehmer einen durchlaufenden Posten darstellt, den sie bei einem tatsächlichen Fahrzeugverkauf an das Finanzamt abführen müssten. Die Entscheidung folgt aktueller BGH-Rechtsprechung und verhindert eine ungerechtfertigte Bereicherung, indem sie sicherstellt, dass nur der tatsächliche wirtschaftliche Verlust kompensiert wird.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet merkantiler Minderwert bei einem Fahrzeug nach einem Unfall?

Der merkantile Minderwert ist ein Begriff, der auf dem Gebrauchtwagenmarkt eine Rolle spielt, wenn ein Fahrzeug nach einem Unfall fachgerecht repariert wurde. Er bedeutet, dass das Auto trotz der einwandfreien Reparatur einen geringeren Wert hat als ein vergleichbares, unfallfreies Fahrzeug.

Stellen Sie sich vor, zwei Autos desselben Modells, Baujahrs und Zustands stehen nebeneinander zum Verkauf. Ein Auto war nie in einen größeren Unfall verwickelt, das andere wurde nach einem erheblichen Schaden perfekt repariert. Auch wenn technisch kein Unterschied mehr feststellbar ist, wird ein Käufer in der Regel bereit sein, für das unfallfreie Fahrzeug einen höheren Preis zu zahlen. Dieses Misstrauen des Marktes oder das „Stigma“ als Unfallwagen führt zu einem Wertverlust, der über die reinen Reparaturkosten hinausgeht – das ist der merkantile Minderwert.

Dieser Wertverlust entsteht typischerweise bei erheblichen Unfallschäden, auch wenn die Reparatur technisch einwandfrei ist und das Fahrzeug wieder voll funktionsfähig ist. Der Minderwert ist also kein technischer Mangel, sondern eine rein wirtschaftliche Betrachtung, die auf der Erfahrung basiert, dass Unfallwagen am Markt schwerer zu verkaufen sind oder nur zu einem niedrigeren Preis.

Nach deutschem Recht (§ 249 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) soll derjenige, der durch einen Unfall einen Schaden erleidet, so gestellt werden, als wäre der Unfall nicht geschehen. Dazu gehört nicht nur die Bezahlung der Reparaturkosten, sondern auch ein Ausgleich für diesen verbleibenden Wertverlust.

Für Sie als Geschädigten kann dies bedeuten, dass Sie neben den reinen Reparaturkosten auch einen Ausgleich für diesen verbleibenden Wertverlust beanspruchen können. Die Höhe des merkantilen Minderwerts wird in der Regel von einem Kfz-Sachverständigen ermittelt.


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Warum ist die Vorsteuerabzugsberechtigung relevant für die Berechnung des Schadensersatzes?

Die Vorsteuerabzugsberechtigung hat direkten Einfluss darauf, wie hoch Ihr Schadensersatz ausfallen kann. Das liegt daran, dass Schadensersatz grundsätzlich den Schaden ausgleichen soll, der Ihnen tatsächlich und endgültig entstanden ist.

Was bedeutet Vorsteuerabzugsberechtigung?

Wenn Sie als Unternehmer Waren oder Dienstleistungen für Ihr Unternehmen beziehen, zahlen Sie darauf die gesetzliche Mehrwertsteuer (auch Umsatzsteuer genannt). Die Vorsteuerabzugsberechtigung erlaubt Ihnen unter bestimmten Voraussetzungen, diese gezahlte Mehrwertsteuer vom Finanzamt zurückzuerhalten oder mit der eigenen von Ihnen eingenommenen und an das Finanzamt abzuführenden Umsatzsteuer zu verrechnen. Diese Mehrwertsteuer, die Sie zurückfordern können, nennt man Vorsteuer.

Auswirkung auf den Schadensersatz

Stellen Sie sich vor, Ihnen entsteht ein Schaden, für dessen Behebung Kosten anfallen, die Mehrwertsteuer enthalten – zum Beispiel die Reparaturkosten für ein beschädigtes Firmenfahrzeug.

  • Wenn Sie vorsteuerabzugsberechtigt sind, können Sie die in der Reparaturrechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer von Ihrem Finanzamt zurückerhalten. Das bedeutet, dieser Mehrwertsteueranteil stellt für Sie keinen endgültigen wirtschaftlichen Verlust dar.
  • Da der Schadensersatz nur den tatsächlich erlittenen Schaden ausgleichen soll, wird dieser Mehrwertsteueranteil bei der Berechnung des Schadensersatzes in der Regel nicht berücksichtigt. Sie erhalten in diesem Fall nur den Betrag der Kosten ohne Mehrwertsteuer (den sogenannten Nettobetrag) als Schadensersatz erstattet.

Für Personen oder Unternehmen, die nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind (wie die meisten Privatpersonen), zählt die gezahlte Mehrwertsteuer hingegen zum endgültigen Schaden, da sie diese nicht vom Finanzamt zurückbekommen. Bei ihnen wird die Mehrwertsteuer daher bei der Schadensberechnung mitberücksichtigt, und sie erhalten den Bruttobetrag erstattet.

Die Vorsteuerabzugsberechtigung ist also relevant, weil sie bestimmt, ob die Mehrwertsteuer in den entstandenen Kosten einen erstattungsfähigen Schaden darstellt oder nicht.


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Wann spricht man von Naturalrestitution und wann von Entschädigung in Geld im Zusammenhang mit einem Unfallschaden?

Nach einem Unfall gibt es im deutschen Recht grundsätzlich zwei Wege, wie der Schaden wieder gutgemacht werden kann. Man spricht hier von der Wiederherstellung des Zustands, der bestehen würde, wenn der Unfall nicht passiert wäre.

Naturalrestitution: Die Reparatur oder der Ersatz

Naturalrestitution bedeutet wörtlich „Wiederherstellung der Natur“ der Sache. Im Falle eines beschädigten Autos bedeutet das, dass das Auto repariert wird, um wieder in den Zustand vor dem Unfall versetzt zu werden. Ist eine Reparatur nicht mehr möglich oder wirtschaftlich nicht sinnvoll (sogenannter Totalschaden), bedeutet Naturalrestitution, dass Ihnen ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug beschafft wird. Das Ziel ist, dass der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wird, indem die beschädigte Sache repariert oder ersetzt wird.

Ein wichtiger Punkt bei der Naturalrestitution ist die Mehrwertsteuer (MwSt.). Wenn das Fahrzeug tatsächlich repariert wird und eine Werkstatt eine Rechnung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer vorlegt, dann muss der Versicherer in der Regel auch die volle Mehrwertsteuer übernehmen, da diese Kosten tatsächlich angefallen sind. Auch beim Kauf eines Ersatzfahrzeugs wird die Mehrwertsteuer gezahlt.

Entschädigung in Geld: Der finanzielle Ausgleich

Die Entschädigung in Geld ist der andere Weg. Hier wird der Schaden nicht direkt durch Reparatur oder Ersatz behoben. Stattdessen erhalten Sie einen Geldbetrag, der es Ihnen ermöglichen soll, den Schaden selbst zu beheben oder den Wertverlust auszugleichen. Dies ist oft der Fall, wenn Sie sich entscheiden, das Auto nicht oder nur teilweise reparieren zu lassen, oder wenn Sie ein beschädigtes Fahrzeug verkaufen.

Bei der Entschädigung in Geld spielt die Mehrwertsteuer eine besondere Rolle. Wenn Sie als Privatperson den Schaden auf Basis eines Kostenvoranschlags oder Gutachtens abrechnen, das Fahrzeug aber nicht oder nur teilweise reparieren lassen, dann zahlt der Versicherer in der Regel nur den Nettobetrag der Reparaturkosten, also ohne die Mehrwertsteuer. Der Grund dafür ist, dass die Mehrwertsteuer nur dann anfällt und bezahlt werden muss, wenn die Reparatur oder der Ersatzkauf tatsächlich stattfindet und die Steuer an das Finanzamt abgeführt wird. Solange die Reparatur nicht durchgeführt und die Steuer somit nicht gezahlt wird, besteht auch kein Anspruch auf Erstattung dieses Teils durch die Versicherung. Haben Sie hingegen tatsächlich Kosten mit Mehrwertsteuer (z.B. für Ersatzteile oder eine Teilreparatur), können Sie diese in der Regel nachweisen und erstattet bekommen.

Zusammenfassend

Der Hauptunterschied liegt also darin:

  • Naturalrestitution: Der Schaden wird tatsächlich behoben (Reparatur oder Ersatz). Die Mehrwertsteuer wird in der Regel erstattet, wenn sie angefallen ist (Rechnung liegt vor).
  • Entschädigung in Geld: Sie erhalten einen Geldbetrag. Die Mehrwertsteuer wird in der Regel nicht erstattet, wenn die Reparatur nicht oder nur teilweise durchgeführt wird und die Mehrwertsteuer somit nicht tatsächlich bezahlt wurde.

Diese Unterscheidung ist besonders für private Geschädigte relevant, da sie oft die Wahl haben, ob sie ihr Fahrzeug reparieren lassen oder den Schaden auf Basis eines Gutachtens abrechnen möchten.


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Wie wird der merkantile Minderwert typischerweise ermittelt und welche Rolle spielt dabei ein Gutachten?

Auch wenn ein Fahrzeug nach einem Unfall technisch perfekt repariert wurde, kann es auf dem Gebrauchtwagenmarkt einen Wertverlust erleiden, nur weil es ein Unfallfahrzeug ist. Diesen Wertverlust nennt man merkantilen Minderwert. Stellen Sie sich vor, Sie möchten zwei identische Autos kaufen, eines davon hatte jedoch einen Unfall. Oft ist man bereit, für das unfallfreie Auto einen höheren Preis zu zahlen. Die Differenz ist der merkbaren Wertminderung geschuldet.

Ermittlung durch einen Sachverständigen

Die Höhe dieses merkantilen Minderwerts ist nicht pauschal festgelegt. Sie hängt von vielen individuellen Faktoren ab und lässt sich nicht einfach nach einer festen Formel berechnen, die auf jedes Auto passt. Daher spielt das Gutachten eines unabhängigen Kfz-Sachverständigen eine entscheidende Rolle bei der Ermittlung.

Der Sachverständige begutachtet das beschädigte Fahrzeug nach dem Unfall oder nach der Reparatur. Dabei betrachtet er nicht nur die reinen Reparaturkosten, sondern auch den Zustand des Fahrzeugs vor dem Unfall (Alter, Laufleistung, Pflegezustand) und den Umfang der Beschädigung.

Welche Faktoren berücksichtigt ein Gutachten?

Bei der Schätzung des merkantilen Minderwerts berücksichtigt der Sachverständige typischerweise eine Reihe von Faktoren, die den Wert beeinflussen:

  • Fahrzeugalter und Laufleistung: Ältere Fahrzeuge mit hoher Laufleistung erleiden oft einen geringeren merkantilen Minderwert als neuere oder fast neue Fahrzeuge, da der normale Wertverlust durch Alter und Nutzung schon hoch ist.
  • Schadenhöhe und Reparaturumfang: Die Art und Schwere des Schadens ist entscheidend. War es nur ein kleiner Blechschaden oder waren tragende Teile betroffen? Wie aufwendig war die Reparatur?
  • Umfang und Art der Beschädigung: Schäden an wichtigen Bauteilen oder der Karosseriestruktur können den Wert stärker mindern.
  • Qualität der Reparatur: Auch wenn die Reparatur technisch einwandfrei ist, beeinflusst sie dennoch die Historie des Fahrzeugs.
  • Marktlage: Regionale Besonderheiten oder die aktuelle Nachfrage nach dem spezifischen Fahrzeugmodell können ebenfalls eine Rolle spielen.

Die Bedeutung des Gutachtens

Das Gutachten des Sachverständigen dokumentiert all diese relevanten Umstände und begründet nachvollziehbar, wie der geschätzte merkantile Minderwert zustande kommt. Es ist die fachliche Grundlage für die Berechnung des Schadensersatzanspruchs gegenüber der Versicherung des Unfallverursachers. Ohne ein solches Gutachten ist es für den Geschädigten oft schwierig, diesen speziellen Teil des Schadens (den merkbaren Minderwert) schlüssig darzulegen und durchzusetzen. Es liefert die objektive Einschätzung, die für die Abwicklung des Schadensfalls benötigt wird.


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Was kann ich als Geschädigter tun, wenn die Versicherung den merkantilen Minderwert kürzt?

Wenn Ihr Fahrzeug nach einem Unfall repariert wurde, kann es trotz fachgerechter Instandsetzung einen merkantilen Minderwert behalten. Das bedeutet, das Auto ist auf dem Markt weniger wert als ein unfallfreies, vergleichbares Fahrzeug. Wenn die gegnerische Versicherung diesen Minderwert, den Ihnen zusteht, kürzt oder nicht in der von Ihnen erwarteten Höhe zahlt, stehen Ihnen grundsätzlich verschiedene Wege offen, um Ihr Anliegen weiterzuverfolgen.

Überprüfung und eigene Begutachtung

Der erste Schritt ist oft, die Begründung der Versicherung für die Kürzung genau zu prüfen. Worauf stützt sich die Versicherung? Vergleicht sie die von Ihnen vorgelegten Unterlagen mit ihren eigenen Berechnungen?

Wenn Sie mit der Begründung nicht einverstanden sind, können Sie ein Gegengutachten von einem unabhängigen Kraftfahrzeug-Sachverständigen einholen lassen. Ein Sachverständiger bewertet den Schaden und den merkantilen Minderwert neutral und nach anerkannten Methoden. Ein solches Gegengutachten kann eine wichtige fachliche Grundlage bilden, um gegenüber der Versicherung Ihre Position zu untermauern. Allerdings entstehen für ein solches Gutachten Kosten, die Sie zunächst selbst tragen müssen.

Formale Geltendmachung

Nachdem Sie Ihre Argumente und eventuell ein Gegengutachten der Versicherung vorgelegt haben und weiterhin keine Einigung erzielt wird, können Sie Ihren Anspruch förmlich geltend machen. Dies geschieht üblicherweise durch schriftliche Aufforderung, die den genauen Betrag und die Begründung (z.B. unter Verweis auf Ihr Gutachten) enthält.

Sollte die Versicherung auch auf diese Weise nicht zahlen, besteht die Möglichkeit, die Angelegenheit gerichtlich klären zu lassen. Bei einer gerichtlichen Klärung entscheidet ein Gericht über Ihren Anspruch auf den merkantilen Minderwert. Ein solches Verfahren kann zeitaufwendig und komplex sein und ist mit Gerichts- und eventuellen weiteren Kosten verbunden. Im Falle eines Gewinns werden diese Kosten in der Regel von der Gegenseite übernommen, bei einem Verlust tragen Sie die Kosten selbst. Eine gerichtliche Entscheidung ist dann verbindlich.

Grundsätzlich ist es bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des merkantilen Minderwerts wichtig, fundierte Argumente und Belege (wie z.B. ein Sachverständigengutachten) zu haben, um die eigene Forderung zu untermauern.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Vorsteuerabzugsberechtigung

Vorsteuerabzugsberechtigung bedeutet, dass ein Unternehmer die beim Kauf von Waren oder Dienstleistungen gezahlte Mehrwertsteuer (Vorsteuer) vom Finanzamt zurückfordern oder mit der Umsatzsteuer, die er selbst einnimmt, verrechnen kann (§ 15 Umsatzsteuergesetz, UStG). Für einen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer stellt die Mehrwertsteuer somit keinen endgültigen Kostenfaktor dar, da er sie nicht trägt, sondern nur durchreicht. Im Schadensersatzrecht führt dies dazu, dass die Mehrwertsteuer bei der Berechnung des ersatzfähigen Schadens in der Regel nicht berücksichtigt wird, weil der Unternehmer diese Steuer ohnehin zurückbekommt. Beispiel: Reparaturkosten für ein Firmenfahrzeug enthalten Mehrwertsteuer, die der Unternehmer über die Vorsteuer wieder vom Finanzamt erstattet bekommt; daher ersetzt die Versicherung nur den Nettobetrag.


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Merkantiler Minderwert

Der merkantile Minderwert bezeichnet den Wertverlust eines Fahrzeugs nach einem Unfall, der über die reinen Reparaturkosten hinausgeht und sich aus dem verminderten Wiederverkaufswert ergibt, weil das Fahrzeug als Unfallwagen gilt. Auch wenn das Fahrzeug fachgerecht repariert wurde, akzeptieren Käufer häufig nur einen niedrigeren Preis, da sie das Risiko möglicher versteckter Schäden oder eine geringere Wertbeständigkeit befürchten. Der merkantile Minderwert ist ein wirtschaftlicher Schaden, für den der Unfallverursacher nach § 251 BGB (Entschädigung in Geld bei nicht oder unzureichend wiederherstellbarem Schaden) einzustehen hat. Beispiel: Zwischen zwei ansonsten identischen Autos wird das Unfallauto nach der Reparatur oft zu einem niedrigeren Preis verkauft, weil es als Unfallfahrzeug „stigmatisiert“ ist.


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Entschädigung in Geld (§ 251 BGB)

Die Entschädigung in Geld ist ein Ersatzanspruch, der eintritt, wenn ein Schaden nicht durch Naturalrestitution (also Reparatur oder Ersatzlieferung gemäß § 249 BGB) vollständig behoben werden kann. Nach § 251 BGB erhält der Geschädigte zur Ausgleichung des Schadens eine Geldzahlung statt der tatsächlichen Wiederherstellung, etwa bei Wertverlusten wie dem merkantilen Minderwert. Der Anspruch umfasst den finanziellen Nachteil, den der Geschädigte erleidet, wenn keine oder keine vollständige Naturalrestitution möglich ist oder gewünscht wird. Beispiel: Ein Unfallwagen verliert auch nach Reparatur an Wert, dieser Verlust wird über die Entschädigung in Geld ausgeglichen.


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Durchlaufender Posten (im Umsatzsteuerrecht)

Ein durchlaufender Posten ist ein finanzieller Vorgang, bei dem eine Summe nur vorübergehend vom Unternehmer vereinnahmt wird, ohne dass sie sein Vermögen dauerhaft erhöht, weil sie unmittelbar an das Finanzamt weitergeleitet wird. Im Zusammenhang mit der Vorsteuer und Umsatzsteuer ist die Umsatzsteuer, die ein Unternehmer bei einem Verkauf vom Käufer erhält und ans Finanzamt abführt, ein solcher durchlaufender Posten. Für den Unternehmer stellt dieser Steueranteil keinen echten Gewinn oder Verlust dar. Beispiel: Beim Verkauf eines Firmenfahrzeugs muss der Unternehmer die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, kann sie aber nicht als Kosten oder Einnahme verbuchen, daher wird sie bei der Schadensberechnung nicht als echter Schaden betrachtet.


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Schadensrechtliches Bereicherungsverbot

Das schadensrechtliche Bereicherungsverbot besagt, dass ein Geschädigter durch den Schadensersatz nicht bessergestellt werden darf, als er ohne das schädigende Ereignis gewesen wäre. Das bedeutet, dass der Ersatzanspruch nur den tatsächlichen Vermögensschaden ausgleicht, nicht aber darüber hinausgehende Vorteile oder fiktive Zuschläge umfasst. Im vorliegenden Fall führt das Bereicherungsverbot dazu, dass der fiktive Mehrwertsteueranteil im merkantilen Minderwert nicht erstattet wird, weil der Geschädigte diesen Teil beim Verkauf ohnehin an das Finanzamt abführen müsste. Beispiel: Ein Unternehmer darf nicht die Mehrwertsteuer als Schaden ersetzt bekommen, die er beim Weiterverkauf zahlen muss, sonst wäre er „reicher“ als vor dem Unfall.


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Hypothetischer Verkauf (bei Schätzung des Minderwerts)

Der hypothetische Verkauf ist eine fiktive Annahme, die bei der Bewertung des merkantilen Minderwerts zugrunde gelegt wird. Dabei wird davon ausgegangen, zu welchem Preis das Fahrzeug nach der Reparatur auf dem Gebrauchtwagenmarkt verkauft werden könnte, obwohl der Verkauf tatsächlich nicht stattfindet. Diese Schätzung erfolgt inklusive Umsatzsteuer, da die Preisangaben im Fahrzeughandel in der Regel Bruttoverkaufspreise sind. Für vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer muss dieser Bruttoverkaufspreis jedoch um die Umsatzsteuer bereinigt werden, um den tatsächlichen Nettoverlust zu ermitteln. Beispiel: Ein Sachverständiger schätzt den Minderwert des Fahrzeugs basierend auf dem üblichen Brutto-Verkaufspreis, wobei der Umsatzsteueranteil für Unternehmer als durchlaufender Posten auszuschließen ist.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 251 BGB (Entschädigung in Geld): Dieser Paragraph regelt die Geldentschädigung für Schäden, die nicht oder nur unzureichend wiederhergestellt werden können, etwa bei einem merkantilen Minderwert. Er ermöglicht den Wertersatz anstelle der Naturalrestitution und stellt damit die rechtliche Grundlage für die Erstattung des merkantilen Minderwerts dar. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der merkantile Minderwert wird hier gemäß § 251 BGB als Entschädigung in Geld anerkannt, da der Wertverlust nach dem Unfall nicht durch Reparatur vollständig ausgeglichen werden kann.
  • § 249 BGB (Naturalrestitution) und § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB (Mehrwertsteuer bei Reparaturkosten): § 249 regelt die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, also die Naturalrestitution. Abs. 2 Satz 2 enthält spezielle Vorschriften zur Erstattung der Mehrwertsteuer bei Reparaturkosten, die der Geschädigte tatsächlich aufwenden muss. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte klar, dass die Vorschrift zur Mehrwertsteuererstattung auf Reparaturkosten nicht auf den merkantilen Minderwert nach § 251 BGB übertragbar ist, weil hier kein tatsächlicher Mehrkostenaufwand, sondern ein hypothetischer Wertverlust ersetzt wird.
  • § 1 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG): Diese Vorschrift definiert die umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und Leistungen, zu denen der Verkauf eines im Betriebsvermögen gehaltenen Fahrzeugs durch einen Unternehmer gehört. Der Unternehmer führt die vereinnahmte Umsatzsteuer an das Finanzamt ab, hält sie aber nur als durchlaufenden Posten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Fahrschulinhaber Unternehmer und vorsteuerabzugsberechtigt ist, führt der hypothetische Verkauf des Fahrzeugs Umsatzsteuer ab, weshalb der fiktive Mehrwertsteueranteil aus dem merkantilen Minderwert abzuziehen ist.
  • § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) (Schätzung): Diese Norm erlaubt es dem Gericht, bei der Schadensbemessung eine Schätzung vorzunehmen, wenn der Schaden nicht exakt beziffert werden kann. Die Schätzung erfolgt oft auf Bruttobasis, etwa bei der Bestimmung des merkantilen Minderwerts. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Sachverständigengutachten stützte sich auf eine Schätzung des Minderwerts anhand von Bruttoverkaufspreisen, weshalb die Korrektur um den Umsatzsteueranteil erforderlich ist, um die tatsächliche Vermögensminderung zu erfassen.
  • Grundsatz der schadensrechtlichen Bereicherungskontrolle (insbesondere Vermeidung der ungerechtfertigten Bereicherung): Im Schadensrecht soll der Geschädigte so gestellt werden, wie er ohne das schadensverursachende Ereignis stünde, aber nicht besser (Differenztheorie). Die Erstattung von fiktiver Umsatzsteuer, die der Geschädigte faktisch nicht behalten kann, würde eine ungerechtfertigte Bereicherung darstellen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kürzung des merkantilen Minderwerts um den Umsatzsteueranteil verhindert eine Überkompensation und stellt damit die korrekte Vermögenslage des vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmers nach dem Unfall dar.
  • Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), insbesondere die Entscheidungen vom 16. Juli 2024 (VI ZR 243/23 und VI ZR 205/23): Diese Urteile haben klargestellt, dass vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer den merkantilen Minderwert netto, also ohne fiktiven Umsatzsteueranteil, geltend machen müssen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht Saarbrücken orientierte sich direkt an diesen BGH-Entscheidungen und bestätigte die Kürzung des Minderwerts um den Mehrwertsteueranteil, womit der Rechtsstreit rechtskräftig entschieden ist.

Das vorliegende Urteil


LG Saarbrücken – Az.: 13 S 55/24 – Urteil vom 05.09.2024


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