LG Offenburg, Az.: 6 O 129/16, Urteil vom 24.05.2017
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 6.600,54 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagten Ziff. 1 und Ziff. 2 einen Schadensersatzanspruch aus einem Verkehrsunfall geltend.
Der Kläger ist Halter und Eigentümer des Fahrzeugs der Marke Honda mit dem amtlichen Kennzeichen …-… . Am 28.04.2016 gegen 17:30 Uhr fuhr der Zeuge H… G… mit dem Fahrzeug des Klägers auf der Bollenbacher Straße in Richtung B33. Der Zeuge G… wollte am Bollenbacher Kreuz geradeaus die B33 Richtung Haslach weiterfahren. An dieser Stelle ist die B33 als abbiegende Vorfahrtsstraße markiert. Der Zeuge wollte von der nicht bevorrechtigten Straße auf die Vorfahrtsstraße auffahren. Der Beklagte Ziff. 1 befuhr zur selben Zeit die B33 von Steinach kommend in Richtung Schnellingen. Er war mit einem Fahrzeug der Marke Renault mit dem amtlichen Kennzeichen …-… unterwegs, welches bei der Beklagten Ziff. 2 gegen Kraftfahrzeugschäden haftpflichtversichert ist, und wollte die Kreuzung geradeaus fahrend überqueren, um in die Schnellinger Straße einzufahren und damit die Vorfahrstraße verlassen. Vor dem Überqueren der Kreuzung achtete der Beklagte Ziff. 1 auf den auf der Vorfahrtsstraße von rechts kommenden Verkehr, nicht dagegen auf den von links kommenden aus der Bollenbacher Straße. Beim Einfahren in die Kreuzung fuhr der Beklagte Ziff. 1 hinten seitlich auf das Fahrzeug des Klägers auf. Das Kfz des Klägers geriet ins Schleudern und kam auf einer angrenzenden Sperrfläche zum Stehen.
Der Kläger behauptet, vor der Einfahrt auf die Kreuzung sei der Zeuge G… wie durch ein Stoppschild vorgeschrieben an der Haltelinie stehen geblieben und habe mehrere Fahrzeuge aus Richtung Haslach kommend zunächst durchfahren lassen. Der Zeuge G… habe sich zum Zeitpunkt der Kollision bereits einige Meter auf der Vorfahrtsstraße befunden und sei fast am Beklagten Ziff. 1 vorbeigefahren. Der Zeuge G… selbst sei daher frühzeitig für den Beklagten Ziff. 1 sichtbar und eine Kollision vermeidbar gewesen. Der Kläger ist zudem der Ansicht, der Beklagte Ziff. 1 sei verpflichtet gewesen, auf den aus der Bollenbacher Straße kommenden Verkehr zu achten.
Der Kläger beantragt,
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger EUR 6.600,54 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 26.05.2016, sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 672,95 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
1. Die Klage wird abgewiesen.
Der Beklagte Ziff. 1 trägt vor, der Zeuge G… habe sich vor seiner Einfahrt in den Kreuzungsbereich nicht vergewissert, ob Verkehr aus Richtung Steinach bzw. Haslach komme. Andernfalls hätte er den Beklagte Ziff. 1 gesehen, da die Straße in Richtung des Beklagten Ziff. 1 gut einsehbar sei. Der Beklagte Ziff. 1 habe sich an die auf der Vorfahrtsstraße vorgeschriebene Geschwindigkeit gehalten, allerdings sei der Zeuge G… so schnell auf die Kreuzung gefahren, dass ein Zusammenstoß für den Beklagten Ziff. 1 unvermeidbar gewesen sei. Er ist der Ansicht, nicht auf den Verkehr aus der Bollenbacher Straße achten zu müssen, da es sich um eine untergeordnete Straße handele.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
I.
Die Beklagten haften für den entstandenen Schaden als Gesamtschuldner dem Grunde nach gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG i. V. m § 115 VVG. Bei der Schadensentstehung hat aber ein dem Kläger zuzurechnendes Verschulden des Zeugen G… in so hohem Maße mitgewirkt, so dass die Haftung der Beklagten gemäß § 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG entfällt.
1. Der Schadensersatzanspruch ist nicht nach § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen, weil der Unfall nicht durch höhere Gewalt verursacht wurde. Der Umfang der gegenseitigen Haftung richtet sich daher nach § 17 StVG. Ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz scheitert auch nicht daran, dass es sich bei dem Unfall für den Beklagten Ziff. 1 um ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG gehandelt hat. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Dazu gehört sachgemäßes, geistesgegenwertiges Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus, jedoch nicht das Verhalten eines gedachten Superfahrers, sondern gemessen an den durchschnittlichen Verkehrsanforderungen, das Verhalten eines Idealfahrers. Entscheidend ist, wie ein Idealfahrer in der konkreten Gefahrensituation reagiert hätte und ob dieser überhaupt in eine derartige Gefahrensituation geraten wäre. Erforderlich dafür ist ein an durchschnittlichen Verhaltensanforderungen gemessenes ideales, also überdurchschnittliches Verhalten. Dazu gehört insbesondere ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus, wobei alle möglichen Gefahrenmomente zu berücksichtigen sind. Beweisbelastet ist jeweils die Partei, die die Unabwendbarkeit für sich in Anspruch nimmt. Ein derartiger Beweis ist dem Beklagten Ziff. 1 hier nicht gelungen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der Beurteilung des Sachverständigen steht fest, dass das Fahrzeug des Klägers unter normaler durchschnittlicher Beschleunigung anfuhr und somit zwischen Anfahrbeginn und Kollision eine Zeitspanne von 3,5 bis 4 Sekunden lag. Dass das klägerische Fahrzeug anfährt, wäre bei umfassender Beobachtung der Situation nach weniger als zwei Sekunden eindeutig erkennbar gewesen. Ein sachgerechtes und geistesgegenwärtiges Verhalten eines Idealfahrers wäre nach den Ausführungen des Sachverständigen St…, an dessen Sachkunde kein Zweifel besteht, das Fahren mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h gewesen. Die vom Beklagten Ziff. 1 gefahrene Geschwindigkeit von 25-30 Km/h sei demgegenüber in dieser konkreten Verkehrssituation als grenzwertig aber noch zulässig zu bezeichnen. Von einem Idealfahrer wird aber erwartet, dass er eher defensiv fährt. Hätte sich der Beklagte Ziff. 1 dem Bollenbacher Kreuz mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h genähert, hätte er das Fahrzeug des Klägers mindestens zwei Sekunden vor der Kollision wahrnehmen können und der Zeuge wäre bei einer mittelstarken Bremsung des Beklagten Ziff. 1 ohne Berührung an diesem vorbeigefahren. Da der Beklagte Ziff. 1 aber schneller als 20 km/h gefahren ist und ihm die Einhaltung dieser Geschwindigkeit auch zumutbar und möglich gewesen ist, war der Unfall für den Beklagten Ziff. 1 nicht unabwendbar.
2. Die deshalb nach § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG vorzunehmende Abwägung der Verursachungsbeiträge der Unfallbeteiligten führt jedoch zu einer Alleinhaftung des Klägers. Denn die Haftungsquote hängt gem. § 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Sie ist auf Grundlage der jeweiligen Verschuldens- bzw. Verursachungsbeiträge zu ermitteln. Dabei sind all jene Tatsachen zu berücksichtigen, die entweder unstreitig oder gem. § 286 ZPO bewiesen sind und sich in dem konkreten Schadensfall niedergeschlagen haben (BGH, NJW 2007, S. 506). Auf Klägerseite fallen Halter- und Führereigenschaft auseinander. Die Verantwortungsbeiträge von Halter und Führer werden als ein einheitlicher Verantwortungsbeitrag betrachtet und die Betriebsgefahr kann sich für beide durch ein Verschulden des Fahrers erhöhen (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, 34. Aufl., § 17 Rz. 5). Der Kläger muss sich insoweit ein Verschulden des Fahrzeugführers G… zurechnen lassen.
Hier kommt das Gericht unter Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass sich der Beklagte Ziff. 1 kein Mitverschulden entgegen halten lassen muss und insbesondere die grundsätzlich zu berücksichtigende Betriebsgefahr auf Seiten des Beklagten Ziff. 1 aufgrund des weit überwiegenden Verschuldens des Zeugen G… zurücktritt.
a) Nach dem Anscheinsbeweis der schuldhaften Vorfahrtsverletzung tritt die Betriebsgefahr des Beklagten PKW im vorliegenden Fall vollständig zurück und der Kläger haftet in vollem Umfang (vgl. dazu: Heß, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Auflage, StVO, § 8 Rn. 68). Kommt es nämlich zu einer Kollision zwischen einem Wartepflichtigen und einem Vorfahrtsberechtigten, so beruht dies typischerweise auf einem schuldhaften Verstoß des Wartepflichtigen gegen seine Sorgfaltspflicht (OLG Köln, VersR 1992, 977 Quarch in: Balke, Reisert, Quarch, Regulierung von Verkehrsunfällen, 1. Auflage, 7. Rn. 3; Grüneberg in: Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, 34. EL, 4. B. Rn. 6). Liegen keine Besonderheiten vor (insbesondere überhöhte unfallursächliche Geschwindigkeit, keine Anhaltspunkte für sonstiges verkehrswidriges Verhalten des Vorfahrtsberechtigten), haftet der Wartepflichtige allein (BGH, VersR 59, 857; DAR 56, 328; OLG Karlsruhe, 9 U 169/10, NJW-Spezial 2012, 169). Die Betriebsgefahr des Fahrzeuges des Vorfahrtsberechtigten tritt grds. völlig zurück (KG NZV 03, 335; DAR 02, 66; OLG München NZV 89, 438; OLG Köln VersR 92, 977). Kommt es nach dem Einbiegen in die bevorrechtigte Straße dort zu einer Kollision mit dem bevorrechtigten Verkehr, spricht auch dort der Beweis des ersten Anscheins für eine Vorfahrtsverletzung des Einbiegenden (LG Stade, NZV 04, S. 2549).
Es liegt hier auch im konkreten Fall ein für den Beweis des ersten Anscheins erforderlicher typischer Geschehensablauf vor. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für das Gericht fest, dass der Zeuge G… einen Vorfahrtsverstoß gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 StVO begangen hat, da er aus einer nicht bevorrechtigten Straße mit dem Verkehrszeichen Nr. 206 wartepflichtig war und ungeachtet dessen in das Bollenbacher Kreuz einfuhr. Der Beklagte hatte hier die Vorfahrt und dies war trotz der abknickenden Vorfahrt durch das Zeichen 206 auch deutlich erkennbar. Die Wartepflicht des Zeugen G… ergibt sich schon daraus, dass der Beklagte von der Vorfahrtsstraße in die Kreuzung einbog. Er verliert sein Vorfahrtsrecht gegenüber dem klägerischen PKW nicht dadurch, dass er die Vorfahrtsstraße verlassen will. Zudem ergibt sich hier auch die Vorfahrt aus dem Grundsatz rechts vor links, also selbst wenn man davon ausgeht, dass sich der Kläger schon auf der B 33 befand. Der Zeuge G… war gemäß § 8 Abs. 3 StVO verpflichtet, sich vorsichtig und bremsbereit in die Kreuzung hinein zu tasten und auf bevorrechtigte Fahrzeuge zu achten. Die Wartepflicht gilt zwar nur gegenüber sichtbaren Berechtigten, nicht also, wenn diese aufgrund des Straßenverlaufs noch nicht erkennbar sind (BGH, NZV 1994, 184 ff.). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Vortrag des Sachverständigen konnte der Zeuge von seiner Halteposition an der Haltelinie die B33 in Richtung des Beklagten 85 m weit einsehen. Der Beklagte hat sich im Zeitpunkt des Losfahrens des Zeugen in einer Entfernung zwischen 45-55 m befunden und war damit für den Zeugen grundsätzlich erkennbar und er war gegenüber dem Beklagten Ziff. 1 wartepflichtig. Der Zeuge G… kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass die Sicht auf das klägerische Fahrzeug möglicherweise durch entgegenkommende Fahrzeuge verdeckt war, die dem Straßenverlauf der Vorfahrtsstraße folgten. Denn ist die Verkehrssituation bei der Einfahrt in eine Vorfahrtsstraße unübersichtlich und der Wartepflichtige während seiner Annäherung keine ausreichende Sicht, so muss er sich mit höchster Sorgfalt nähern und darf sich dann nur langsam in die Kreuzung hineintasten, bis er freie Sicht gewinnt und muss sofort anhalten, falls ein Vorfahrtberechtigter naht. (BHHJJ/Heß StVO § 8 Rn. 47-51, beck-online). Der Zeuge G… hätte also in diesem Fall vor dem Einfahren warten müssen, bis er freie Sicht hat. In dem Losfahren trotz erkennbarer Wartepflicht liegt ein Verstoß gegen § 8 Abs. 1 StVO. Dieses Verschulden des Zeugen wird dem Kläger zugerechnet und führt zu einem Entfallen der Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs.
b) Die Beweisaufnahme hat keine ausreichenden Anhaltspunkte ergeben, welche diesen Anscheinsbeweis der Vorfahrtsverletzung erschüttern. Eine Erschütterung des Anscheinsbeweises ist dann gegeben, wenn das Schadensgeschehen Umstände aufweist, die es ernsthaft als möglich erscheinen lassen, dass der Unfall anders abgelaufen ist als nach dem „Muster“ der der Anscheinsregel zugrundeliegenden Erfahrungstypik. Die häufig nicht auszuschließende reine Denkmöglichkeit, dass ein bestimmtes Schadensereignis auch durch eine andere Ursache ausgelöst worden ist als derjenigen, für die ein Anscheinsbeweis spricht, reicht jedoch für die Erschütterung des Anscheinsbeweises noch nicht aus. Der Hinweis auf eine solche Möglichkeit eines anderen Verlaufs entkräftet deshalb den Anscheinsbeweis noch nicht. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen, die wegen dieser Abweichungen des Sachverhalts von den typischen Sachverhalten einen solchen Geschehensablauf als ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit nahelegen (BGH, Urteil vom 20. Juni 1978 – VIII ZR 15/77 – VersR 1978, 945). Diese Umstände, aus denen sich die ernste Möglichkeit einer anderen Ursache ergeben soll, müssen gegebenenfalls von dem Kläger zur Überzeugung des Tatrichters nachgewiesen werden. (Vgl. zum Ganzen: BGH, NJW 1991, S. 230 ff.) Die Beweisaufnahme hat solche Umstände hier nicht zur Überzeugung des Gerichtes ergeben und der Kläger ist insoweit beweisfällig geblieben.
Die Beweisaufnahme hat insbesondere nicht mit der erforderlichen Sicherheit einen Verkehrsverstoß des Beklagten Ziff. 1 ergeben, welcher den Anscheinsbeweis erschüttern könnte. Insbesondere hat der erfahrene Sachverständige St… nicht festgestellt, dass der Beklagte Ziff. 1 mit überhöhter oder der Situation nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren ist. Denn der Sachverständige hat ausgeführt, dass der Beklagte Ziff. 1 mit der von ihm gefahrenen Geschwindigkeit im Bereich von 25-30 km/h seinen Verpflichtungen gegenüber dem von rechts kommenden und von ihm zu beachtenden Verkehr noch einhalten konnte. Die Beweisaufnahme hat auch nicht ergeben, dass der Beklagte Ziff. 1 etwa durch eine Erhöhung der Geschwindigkeit seine Vorfahrt erzwungen hätte und insoweit gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot des § 1 Abs. 2 StVO verstoßen hat. Der Beklagte Ziff. 1 war hingegen nach Auffassung des Gerichts bei der Annäherung an den Kreuzungsbereich nicht verpflichtet, durch mehrfache Blickwechsel nach rechts und links auch das vom links kommende Fahrzeug zu beobachten. Denn selbst wenn er dieses Fahrzeug gesehen hätte, hätte er sich grundsätzlich darauf verlassen dürfen, dass dieses seine Wartepflicht beachtet.
Es ergibt sich auch kein den Anscheinsbeweis der Vorfahrtsverletzung erschütternde Verkehrsverstoß dadurch, dass der Beklagte Ziff. 1 beim Verlassen der Vorfahrtsstraße durch seine Geradeausfahrt in die Schnellinger Straße keinen Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt hat. Denn hierzu war er nicht verpflichtet. Wer nämlich bei einer abknickenden Vorfahrtsstraße diese in Geradeausfahrt verlässt, muss keinen Fahrtrichtungsanzeiger setzen (vgl. m.w.N.: BHHJJ/Burmann, 24. Aufl. 2016, StVO § 9 Rn. 40ff.). Dies ergibt sich in der konkreten Verkehrssituation schon daraus, dass ein Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers nach links dem von der Schnellinger Straße entgegen kommenden Verkehr und den übrigen Verkehrsteilnehmern fälschlicherweise angezeigt hätte, dass der Beklagte Ziff. 1 nicht geradeaus in die Schnellinger Straße fahren will, sondern nach links in die Bollenbacher Straße hätte einbiegen wollen.
Der Beklagte Ziff. 1 musste seine Geschwindigkeit auch nicht im Hinblick auf den aus der Schnellinger Straße entgegenkommenden Verkehr reduzieren, so dass auch insoweit kein Verkehrsverstoß erkennbar ist. Denn dieser Verkehr wäre für ihn nur dann relevant gewesen, wenn ein Linksabbieger in die Vorfahrtsstraße hätte einbiegen wollen. Dieser wäre aber ihm gegenüber wartepflichtig gewesen.
3. Mangels Hauptanspruch besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11 ZPO, weil der für die Beklagten wegen der Kosten vollstreckbare Betrag unter 1500 € liegt.